Eiche rustikal, als ob nix gewesen wäre: Der Meixner in Favoriten kann's wie eh und je.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Rechtschreibschwäche ist kein Ausschließungsgrund für das Betreiben eines Wirtshauses, eventuell sogar im Gegenteil. Und wenn ein ganz großartiges Gasthaus den Deppenapostroph beim Genitiv schon seit 1981 im Namen trägt – na, dann lässt sich argumentieren, dies auch als Nachfolger so beizubehalten.

Nur führt derlei Verewigung von Schreibfehlern im Zweifel dazu, dass irgendwann niemand, außer vielleicht Herr und Frau Professor Deutschlehrer, noch wissen, wie's richtig wäre. Berta und Karl Meixner aber kann das powidl sein. Die beiden haben "Meixner's Gastwirtschaft" (sic!), im Herzen von Favoriten und gleich ums Eck vom Amalienbad, mit Anfang Dezember des Vorjahres abgegeben und sich, eh um Jahre später als geplant, in die Pension vertschüsst.

Würdige Nachfolger

Wer's nicht wissen sollte: Berta Meixner ist eine legendäre Köchin, ihre Kutteln, ihr Naturschnitzel, ihre Grammelknödel haben unter wirtshausierenden Kennern unserer Küche einen Ruf wie Donnerhall. Ihre leichte Hand für das Wienerische, gepaart mit Karl Meixners Menschenfreundlichkeit und Expertise für die wirklich guten Weine (und da sehr früh auch die ungeschönten oder auf der Maische vergorenen), sorgte dafür, dass der Meixner in Favoriten stets im Spitzenfeld der Wiener Wirtshausrankings firmierte. Eins stimmt aber auch: Viel zu viele andere Gute sperrten über die Jahre einfach zu. Sich in einem stetig ausgedünnten Feld behaupten zu müssen ist vielleicht einfacher, aber sicher nicht gut für die Qualität.

Umso höher ist es den Meixners anzurechnen, dass sie, obwohl seit Jahren pensionsreif, nicht aufsteckten, sondern erst würdige Nachfolger gefunden haben wollten. Das war genauso schwer, wie es klingt, mehr als einmal musste Bewerbern, die sich bereits hoffnungsfroh im Betrieb einarbeiteten, negativ beschieden werden. Jetzt hat es geklappt, und es lässt sich wirklich gut an.

Ein feines Naturschnitzel mit gebuttertem Reis, der parboiled wie in den 1980ern zubereitet ist.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Janette und Alexander Civic haben sich einst im Fabios kennengelernt, wo sie hinter der Bar, er (über sechs Jahre!) im Saal geschliffen wurde. Mit Beata Skoparova konnte Berta Meixners Sous-Chefin zum Bleiben überredet werden. Auch die herausragenden Kontakte zu Spitzenwinzern wurden von Karl Meixner weitergegeben. So lässt sich der mythische Pinot Noir Koregg 2017 von Karl Schnabel (Sausal) hier um 48 Euro entkorken – entscheidend weniger, als er im Weinhandel zwischen New York und Stockholm (falls überhaupt noch zu ergattern!) kostet. Auch sonst gibt es Signale, dass die Richtung stimmt: Intergalactic '21 von den Rennersistas oder der elegant saftige Portugieser '20 von Kultwinzer Horst Hummel aus Villányi sind glasweise zu haben.

Knackig, cremig

Solche Sachen will man auch zu Beata Skoparovas Küche. Geröstete Kalbinnen-Leber ist außen knackig, innen geradezu cremig rosa, dazu gibt’s mitgebratene Äpfel (könnten bissl säuerlicher sein) und knusprige Zwiebel, das dunkle, keineswegs pickerte Saftl umspielt ein tadelloses Erdäpfelpüree. Geknofelte Kutteln sind auch sonst so würzig und rund abgeschmeckt, dass man noch den Rest vom Saftl gierig aus dem Servierpfandl tunkt. Und das Naturschnitzel, für viele der Urmeter Berta'scher Küchenexzellenz? Saftig, keineswegs zu dünn geklopft und bei flotter Hitze in der Butter gebräunt erreicht es den Tisch, der Reis ist parboiled wie in den 1980ern, gescheit gebuttert aber auch. Das Saftl hat Bratensaft abbekommen, so wollte es schon Berta Meixner. Puristen mögen auf Rindsuppe zum Aufgießen beharren, die dürfen sich das gern daheim so machen – beim Wirt muss man längst nehmen, was man kriegt.

Hinterher soll noch Platz sein: Der Grießschmarrn, ideal karamellisiert und nussbutterduftig, ist mitsamt dezent zimtigem Zwetschkenröster nämlich exakt so, wie man ihn über die Jahrzehnte hier zu wollen lernte. Danke, Familie Meixner, danke, Familie Civic! (Severin Corti, RONDO, 3.2.2023)