Der Moment der Explosion einer Drohne über oder in der Militäranlage in Isfahan. Das iranische Regime spielt den Angriff herunter, zwei von drei Drohnen seien zerstört worden.

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Auf der Landkarte des seit Jahren laufenden Schattenkriegs im Nahen Osten ist ein weiterer Schauplatz zu verzeichnen: In der Nacht zum Sonntag wurde in der iranischen Stadt Isfahan eine Militäranlage angegriffen. Größere Einigkeit als darüber, was genau und mit welchen Schäden getroffen wurde, besteht bezüglich des Angreifers: Das "Wall Street Journal" – auf das sich seitdem vor allem die israelischen Medien beziehen, die auf die Militärzensur aufpassen müssen – hatte als Erstes Israel genannt und sich auf eigene Recherchen bezogen.

Auch wenn das nicht der Fall wäre, würde der mit Drohnen ausgeführte Luftschlag in einer Serie gesehen werden, die von Analysten immer schon dem Mossad zugeschrieben wird. Es hat Tötungskommandos gegeben, wie jenes, das im November 2020 dem Atomphysiker Mohsen Fakhrizadeh, der als Hirn hinter dem iranischen Nuklearprogramms galt, einen Hinterhalt stellte, oder spektakuläre Sabotageakte, wie im April 2021 in der Nuklearanlage in Natanz. Manche dieser Vorfälle sind als Angriffe gesichert, andere waren laut iranischen Behörden "Unfälle". Dazu gehört vielleicht auch der Brand in einer Raffinerie in Täbriz im Nordwesten des Landes, ebenfalls in der Samstagnacht.

Isfahan wäre die erste derartige Aktion der neuen rechtsreligiösen Regierung von Benjamin Netanjahu, die gleichzeitig in eine Eskalation mit den Palästinensern hineinzutreiben scheint. Eher neu ist auch, dass so offen ein militärisches Ziel angegriffen wird. Laut "Haaretz" hatte Mossad-Chef David Barnea bereits vorigen September Isfahan als möglichen Operationsort genannt.

"Mindere Schäden"

Teheran bestätigte den Angriff, spielte ihn jedoch herunter: Zwei von drei Drohnen seien über einer Munitionsfabrik in Isfahan abgeschossen worden, eine sei in der Luft explodiert und hätte mindere Schäden am Dach verursacht. Das "Wall Street Journal" meldet, dass sich der Ort in unmittelbarer Nähe zum Iranischen Zentrum für Weltraumforschung befindet, das unter US-Sanktionen steht, weil es am ballistischen Raketenprogramm der Islamischen Republik beteiligt ist. Isfahan ist auch eine Zentrale für Irans Atombrennstoffindustrie.

Am Montag traf US-Außenminister Antony Blinken in Israel ein: Beide Länder haben soeben ihr bisher größtes gemeinsames Militärmanöver mit der Beteiligung von mehr als 7500 Soldaten absolviert. Die USA haben zwar wiederholt zurückgewiesen, dass sie an den Angriffen im Iran beteiligt sind, aber schließen ihrerseits "keine Option" – damit ist stets die militärische gemeint – aus. Auf dem israelisch-amerikanischen Übungsplan standen auch Szenarien, die zu einer Militäroperation gegen den Iran passen würden, stellten Beobachter fest.

Zwar wird angesichts der brutalen Repression gegen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen an der Protestwelle, die Mitte September im Iran ausgebrochen ist, wenig darüber geredet: Aber die Sorge davor, dass der Iran sein für zivile Zwecke bereits völlig überzogenes Urananreicherungsprogramm weiter ausweitet, ist groß. Der Chef der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hat vor kurzem davor gewarnt, dass Teheran nunmehr so viel angereichertes Uran besitzt, dass durch eine weitere Anreicherung genügend Material gleich für mehrere Bomben hergestellt werden könnte.

Atomdeal unrealistisch

Genau das zu verhindern – und die Distanz Irans zum Atomwaffenbau konstant zu halten – war der Zweck des 2018 von US-Präsident Donald Trump verlassenen Atomdeals, der ohne US-Beteiligung nicht funktioniert. Die Versuche seit 2021, das Atomabkommen wieder herzustellen, sind gescheitert – und inzwischen politisch unrealistisch.

Der Westen könnte bei der aktuellen Lage im Iran nicht vertreten, dass er einem Deal zustimmt, der signifikante finanzielle Erleichterungen für das Regime bringen würde. Ein Rezept, wie man das iranische Atomprogramm wieder eindämmen könnte, haben aber auch dessen Gegner, zu denen die israelische Politik gehört, nicht.

Die Operation in Isfahan hat mehrere Nebenstränge. Da ist die Frage, woher die israelischen Drohnen physisch kamen: Es wird Aserbaidschan genannt, das eine enge militärische Zusammenarbeit mit Israel pflegt. Ein Angriff auf die aserbaidschanische Botschaft in der iranischen Hauptstadt hat die Spannungen zwischen Baku und Teheran zuletzt massiv erhöht.

Ein Thema ist auch, ob die von Israel angegriffene Militäranlage in Isfahan etwas mit der Produktion von Drohnen und militärischem Material zu tun hat, das der Iran Russland für den Krieg gegen die Ukraine liefert. Israel ist bisher stets bemüht, Moskau nicht zu verärgern: Die regelmäßigen israelischen Militärschläge gegen den Iran oder dessen Stellvertreter – vor allem die libanesische Hisbollah – in Syrien könnten ohne russisches Stillhalten nicht stattfinden. Die USA blitzen in Jerusalem auch stets ab, wenn sie sich um israelische Militärhilfe für die Ukraine bemühen. (Gudrun Harrer, 30.1.2023)