Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ist höchst unzufrieden mit dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – und lässt nun nach seinen eigenen Bedingungen bauen.

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Doppel- und Reihenhäuser, verdichteter Flachbau und Bestandssanierungen sollen im Rahmen des burgenländischen Programms errichtet bzw. durchgeführt werden.

Visualisierung: LIB

Die ersten Projekte sind in Pinkafeld, Stuben und Deutsch Jahrndorf vorgesehen.

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Das Land Burgenland steigt in den sozialen Wohnbau ein und krempelt die Bedingungen für den gesamten Sektor in einem Aufwaschen komplett um. Wie Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Wohnbau-Landesrat Heinrich Dorner (beide SPÖ) vergangene Woche bekanntgegeben haben, wird noch heuer mit dem Bau von drei Projekten begonnen, in denen es eine Kaufoption geben soll, die ganz den Doskozil'schen Vorstellungen entspricht.

Die Pilotprojekte sind in den Gemeinden Pinkafeld, Stuben und Deutsch Jahrndorf geplant und betreffen drei verschiedene Typen: Reihenhäuser in Pinkafeld, verdichteten Flachbau in Stuben und eine Bestandssanierung in Deutsch Jahrndorf. Gebaut werden soll ab Herbst, die Fertigstellung ist laut dem Geschäftsführer der Landesimmobilien Burgenland GmbH (LIB), Gerald Goger, für Jahresende 2024 geplant. Goger ist derzeit auch noch Geschäftsführer der LIB-Tochter So Wohnt Burgenland GmbH (Sowo), die hier als Bauträger auftritt. In Kürze will man bekanntgeben, wer die Leitung dieser Tochtergesellschaft übernimmt.

Bauen außerhalb des WGG

Die Sowo ist, wie schon berichtet, keine gemeinnützige Gesellschaft im Sinne des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes. Und ganz generell ist der burgenländische Vorstoß in Sachen leistbares Eigentum durchaus als Angriff auf das System der Gemeinnützigkeit zu sehen: Die neuen burgenländischen Förderrichtlinien für den geförderten Neubau, die seit kurzem in Kraft sind, schließen gemeinnützige Wohnbauträger zwar nicht explizit von dem neuen Fördermodell aus. Doch insbesondere in zwei Punkten werden ihnen stark vom WGG abweichende Regeln aufgezwungen, die wohl dafür sorgen werden, dass gemeinnützige Bauträger künftig möglicherweise eigens gewerbliche Töchter gründen werden, um noch mitspielen zu können. Jedenfalls rechnet man im Land offenbar durchaus mit einem solchen Schritt.

Denn zum einen wird mit den Förderrichtlinien vorgeschrieben, dass den späteren Mieterinnen und Mietern eine Kaufoption eingeräumt werden muss und der spätere Kaufpreis dabei nicht, wie bei der gesetzlichen Kaufoption laut WGG möglich, anhand des Verkehrswerts der Liegenschaft berechnet werden darf. Es muss vielmehr einen schon im Mietvertrag vereinbarten Fixpreis geben, der den tatsächlichen Grund- und Errichtungskosten der Wohneinheit entspricht.

Ein Teil der Miete wird angerechnet

Zum anderen waren Doskozils Vorgaben, dass es keinen Eigenmittelanteil zu leisten geben darf und dass die Mieten, die bis zum Eigentumserwerb bezahlt werden, nicht verloren gehen. Letzteres ist nun aber nur teilweise umgesetzt worden: Die monatlich vorgeschriebenen Mieten enthalten einen Tilgungsanteil für die Finanzierung der Wohngebäude. Inklusive dieses Anteils werden die Mieten in den ersten Projekten deshalb wohl zwischen zehn und elf Euro liegen, hieß es auf der Pressekonferenz vergangene Woche.

Jedenfalls dieser Tilgungsanteil der monatlichen Miete, der wohl Monat für Monat und pro Wohnung einen dreistelligen Betrag ausmachen wird, muss dann später auf den Kaufpreis angerechnet werden, das ist in den Förderrichtlinien festgelegt. Zumindest 30 Jahre lang hat man als Mieter und Mieterin ab Mietvertragsabschluss die Möglichkeit, die eigene Wohnung zu erwerben. Das Recht, zu kaufen, gilt – anders als innerhalb des WGG – ab Bezug der Wohneinheit, und nach Ablauf von 30 Jahren soll die Einheit dann also quasi automatisch ins Eigentum des Mieters oder der Mieterin übergehen.

Rückzahlung mit Abschlägen

Erfolgt keine Eigentumsbegründung, werden die einbezahlten Tilgungsbeiträge vom Bauträger zurückbezahlt – allerdings nicht vollständig, es gibt Abschläge, die je nach Laufzeit des Mietvertrags gestaffelt sind. Kündigt man die (Miet-)Wohnung innerhalb der ersten fünf Jahre, kann ein Betrag einbehalten werden, der dem Netto-Hauptmietzins der letzten zwölf Monate entspricht. Das heißt, ein Mieter oder eine Mieterin hat dann – so wie schon jetzt im geförderten Wohnbau üblich – einen Gutteil der Finanzierungskosten des Wohngebäudes mitgetragen. Erfolgt die Kündigung beispielsweise nach 18 Jahren ohne Eigentumserwerb, können die Hauptmietzinse der letzten 36 Monate einbehalten werden.

Um Spekulation zu verhindern, ist einerseits ein 15 Jahre lang geltendes Vorkaufsrecht für die Sowo Burgenland GmbH (beziehungsweise jeden andere Bauträger, der zu diesen Bedingungen künftig bauen wird) vorgesehen. Der Preis wäre dabei der, den eine dritte Person zu zahlen bereit ist. Andernfalls gibt es wie im WGG auch die Möglichkeit, die Differenz zwischen ursprünglichem Kaufpreis und Verkehrswert an den Bauträger abzuliefern.

45 bis 110 Quadratmeter

Mit dem Plan, dass die Wohneinheiten spätestens nach 30 Jahren "abbezahlt" sind und ins Eigentum der Mieter übergehen können, ist Doskozils Modell dem Grunde nach so ein Ansparmodell geworden, wie es die türkis-grüne Bundesregierung eigentlich ohnehin umzusetzen vorhatte – aber eben innerhalb des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes. Eine Studie dafür liegt im Wirtschaftsministerium. Und ganz zuschlagen will man im Burgenland die Tür zum etablierten Modell der Wohnungsgemeinnützigkeit ohnehin nicht. Falls der Bundesgesetzgeber im burgenländischen Sinne ins WGG eingreift, werde man möglicherweise auch wieder unter den Bedingungen des WGG bauen lassen können, heißt es aus Dorners Ressort zum STANDARD.

Ob man den selbstauferlegten Anspruch, "zeitgemäße und anspruchsvolle Architektur sicherzustellen", auch erfüllt, wird sich zeigen. Sämtliche Projekte sollen jedenfalls "vom Grundgedanken einer sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit getragen" sein. Bei den Wohnungsgrößen sind 130 Quadratmeter das Maximum, jedenfalls was die Förderbarkeit betrifft. Laut Doskozil und Dorner werden die Reihenhäuser "zeitgemäße Grundrisse" mit Nutzflächen von rund 110 Quadratmetern aufweisen, die Wohnungen zwischen 45 und 110 Quadratmeter.

Einkommensgrenzen nach oben und unten

Ab 1. März können Interessierte sich über die Website der Landesimmobilien Burgenland GmbH anmelden, sagten Doskozil und Dorner. Chancen hat, wer selbst über kein Eigenheim verfügt, das weniger als 20 Jahre alt ist, und bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreitet. Diese Grenze liegt für eine Person bei 44.000 Euro, für zwei Personen bei 75.000 Euro und für drei Personen bei 76.500 Euro. Ein Vier-Personen-Haushalt darf beim Jahreseinkommen 78.000 Euro nicht überschreiten, bei fünf oder mehr Personen im Haushalt sind es 80.000 Euro. Mindesteinkommen gibt es im Burgenland bei Darlehensübernahmen traditionellerweise allerdings auch, die Beträge liegen hier zwischen 1.000 Euro (eine Person) und 1.700 Euro (vier Personen). (Martin Putschögl, 31.1.2023)