Message-Control zugunsten der Volkspartei? Eine Kommission untersuchte die Vorwürfe gegen ORF-NÖ-Landesdirektor Robert Ziegler.

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St. Pölten / Wien – Kann Robert Ziegler ORF-Landesdirektor in Niederösterreich bleiben? Menschen mit Einblick in die Tätigkeit der internen Untersuchungskommission zu Vorwürfen politischer Einflussnahme zugunsten der ÖVP Niederösterreich und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner lassen ernste Skepsis erkennen.

Die Kommission untersucht mögliche Verstöße gegen das Redaktionsstatut, die Programmrichtlinien, Compliance-Regelungen und ORF-Gesetz, seit DER STANDARD, DER SPIEGEL und "Die Presse" Mitte Dezember 2022 Dokumente und Vorwürfe zu Zieglers Amtsführung veröffentlichten.

Rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden zur Befragung eingeladen, mehr als 50 sollen ausgesagt haben, wenige Befragungen sollen noch folgen. Dreimal die Woche tagte die Kommission über die vergangenen Wochen, teils über zehn bis elf Stunden. Und viele von ihnen sollen die Vorwürfe gegen Ziegler bestätigt haben. Wesentlich geht es vor allem auch um den Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Ziegler soll wie berichtet vorige Woche vor der Kommission Stellung genommen haben, kolportiert werden zwei Termine. Mehrfach hat Ziegler auf STANDARD-Anfrage die Vorwürfe als diffus und nicht nachvollziehbar zurückgewiesen. Bei der Linie soll er auch in der Kommission geblieben sein.

Brisante Mischung

Mitglieder der Kommission wollten sich auf STANDARD-Anfrage am Dienstag nicht zu den Vorgängen und Aussagen äußern. Menschen mit Einblick in die Vorgänge und jedenfalls in einzelne Aussagen zeigen sich skeptisch, ob Ziegler nach Vorlage des Untersuchungsberichts an ORF-Generaldirektor Roland Weißmann Landesdirektor bleiben kann. "Wie soll sich das ausgehen?", ist mehrfach zu hören: Wie könne Ziegler nach den Vorwürfen und den Aussagen der Belegschaft des Landesstudios – offenbar eine brisante Mischung – weiterhin in diesem Studio arbeiten, zudem als Landesdirektor. Der Bericht soll Ende dieser oder eher Anfang kommender Woche dem Generaldirektor vorgelegt werden.

Der Bericht der "Evaluierungskommission" wird beurteilen, inwieweit sich die Vorwürfe hinsichtlich Zieglers Amtsführung insbesondere als Chefredakteur im Landesstudio von 2015 bis 2021 bestätigten. Arbeitsrechtliche Schlüsse sind vom Bericht nicht zu erwarten. ORF-General Weißmann muss als Alleingeschäftsführer des ORF seine Schlüsse aus dem Bericht ziehen.

Abwahlantrag möglich

Der ORF-General verdankt seine Bestellung an die Spitze des ORF im August 2021 der alleinigen Mehrheit im ORF-Stiftungsrat. Sie war auch entscheidend für die Bestellung der ORF-Landesdirektorinnen und -direktoren im September 2021. Und wenn Weißmann sich nun für einen Antrag auf Abberufung Zieglers im Stiftungsrat entscheidet, braucht es wiederum zumindest Teile dieser bürgerlichen Mehrheitsfraktion im Stiftungsrat. Zur Abberufung von Direktorinnen und Direktoren braucht es eine Mehrheit im Stiftungsrat, für Generaldirektoren eine Zweidrittelmehrheit.

Ziegler könnte Weißmann, der ÖVP-Fraktion und sich einen Abwahlantrag ersparen und seinen Rücktritt anbieten. Zuletzt stellte ORF-General Alexander Wrabetz 2010 einen Abwahlantrag gegen den damaligen Infodirektor Elmar Oberhauser. Oberhauser hatte sich gegen die Bestellung von Fritz Dittlbacher zum TV-Chefredakteur quergelegt, die Oberhauser als SPÖ-Wunsch zurückwies.

Das Plenum des Stiftungsrats tagt wieder am 23. März. Für 20. Februar ist eine Sondersitzung des Finanzausschusses anberaumt, in der das Thema Ziegler wohl auch beschäftigen wird.

Hauptthema und Anlass der Sondersitzung ist die anstehende Neuregelung der GIS. Bis Jahresende muss der ORF laut Verfassungsgerichtshof eine neue öffentliche Finanzierung erhalten – die auch die bisher von der GIS ausgenommene Streamingnutzung umfasst. Nach aktuellem Diskussionsstand geht es in Richtung Haushaltsabgabe – merklich günstiger als die GIS bisher und mit deutlichen Sparvorgaben für den ORF.

Die Ziegler-Untersuchung überschattet naturgemäß auch die Diskussion über das neue ORF-Gesetz und die künftige Finanzierung. (fid, 31.1.2023)