Friedrich Karl von Schönborn-Buchheim (um 1720), Fürstbischof von Würzburg und Bamberg und Reichsvizekanzler in Wien.
Foto: Wien Museum Online-Sammlung

Im Gastblog betrachtet der Geologe und Bibliothekar Thomas Hofmann die "fürstliche Ära" in der Geschichte der Universität für Bodenkultur und der einstigen Geologischen Bundesanstalt.

"Fridericus Carolus S.R.I. Comes de Schönborn Buchheim et Reichelsberg & c. Sacrae Caesarae ….", die vollständige und korrekte Nennung sämtlicher Titel von Friedrich Karl von Schönborn-Buchheim (1674 bis 1746), seines Zeichens Fürstbischof von Würzburg und Bamberg und von 1705 bis 1731 Reichsvizekanzler in Wien, ist eine ebenso große Herausforderung wie die Nennung all seiner Besitzungen und Schlösser.

Der Barockfürst war mit Prinz Eugen befreundet, hatte mit Lukas von Hildebrandt einen genialen Baumeister und ausreichend Mittel für große Bauprojekte. Herausgegriffen sei nur das Palais Schönborn in Wien Josefstadt (Laudongasse 15 bis 19). 1706 beauftragt, war es 1714 als Sommerresidenz fertig. Bis 1862 befand sich der langgestreckte Bau samt Gartenanlange im Besitz der Familie, ehe ihn die Gemeinde Wien erwarb. Heute kennt man das einstöckige Gebäude als Adresse des Volkskundemuseums. Thema ist die Zeit von 1872 bis 1897, als hier die "Hochschule für Bodencultur", die heutige Boku (Universität für Bodenkultur) logierte.

Gründung der "k. k. Hochschule für Bodencultur"

Der erste Agrarkongress in Wien fand im November 1868 statt und wurde von 31 Teilnehmern besucht. Thema war unter anderem die agrarische Ausbildung, verbunden mit folgender Forderung: "Es soll eine landwirthschaftliche Hochschule (eine wirkliche Universität der Land- und Forstwirthschaft) errichtet werden, und zwar aus Reichsmitteln, so daß der Unterrichtplan die möglichste Vollkommenheit anstrebt." ("Die Presse", 17. November 1868) Nach unzähligen Besprechungen wurde am 3. April 1872 das Gesetz über die Errichtung erlassen, am 6. Juni 1872 genehmigte man die Statuten. Am 15. Oktober 1872 eröffnete Ackerbauminister Johann von Chlumecký im einstigen Palais Schönborn die Hochschule für Bodencultur.

Straßenseitige Ansicht des einstigen Schönborn'schen Palais in der Laudongasse (Wien-Josefstadt).
Foto: Wien Museum Online-Sammlung

Diese Kompromisslösung in Wien-Josefstadt war notwendig geworden, weil trotz aller "Memoranden und Debatten" kein Neubau realisiert werden konnte. Stattdessen hatte man das Palais um 4.500 Gulden pro Jahr von der Stadt Wien angemietet. Dort war von Anfang an alles zu klein. Abhilfe kam 1875 durch die Anmietung zweier Häuser samt großem Garten (5.000 m²) in der Reitergasse (heute: Skodagasse 14 bis 16), wo die Forstwirte ihre Bleibe fanden. 1888 bekundete der Bezirk sein Interesse am Palais, um dort "Gemeinde-Bezirkskanzleien" einzurichten. Das war zu früh, man musste noch bleiben, denn erst 1896 konnte der Neubau auf der Türkenschanze (Gregor-Mendel-Straße 33) bezogen werden. Selbst 1913 finden sich in einer Festschrift noch Worte über den einstigen Platzmangel: "Welche Summe von Klagen, Bitten, Petitionen, Memoranden hätte gespart und welch große Menge wissenschaftlicher Arbeit hätte von den Mitgliedern der Hochschule geleistet werden können, wenn gleich von vorneherein ein würdiges Heim der Hochschule wäre zur Verfügung gestellt worden."

Heute verfügt die Boku ("alma mater viridis") nicht nur am Standort Türkenschanze in Wien-Währing über mehrere Gebäude, sondern hat für die mehr als 10.000 Studierenden auch Standorte in Wien-Döbling (Muthgasse) und in Tulln (Niederösterreich).

Engagierte Professoren und namhafte Lehrer

Doch trotz allen Unbills entwickelt sich am fürstlichen Standort die Lehre und die Zahl der Studierenden gut; von 51 Hörern im Jahr 1872 zählte man im Wintersemester 1879/80 bereits 420 Hörer (164 Landwirte, 256 Forstwirte). Das erste Semester in der Laudongasse bot bereits ein breite Palette an Vorlesungen und Übungen, wenngleich die Professorenschaft der ersten Stunde aus drei Männern bestand. Neben Rektor Martin Wilckens, einem gebürtigen Hamburger, der die Professur für die Anatomie und Physiologie der Thiere innehatte, war Friedrich Haberlandt Ordinarius für Pflanzenbau. Franz Schwackhöfer war außerordentlichen Professor für chemische Analytik.

Das erste Vorlesungsverzeichnis bot ein breitgefächertes Angebot und listete auch die Statuten auf.
Foto: BOKU

Alle anderen Vorlesungen wurden von Externen abgehalten, darunter waren Julius Hann, Adjunct an der k.k. Centralanstalt für Meteorologie (heute: Geosphere Austria), der Klimatologie las, ferner Ferdinand v. Hochstetter von der Technischen Hochschule (heute: TU-Wien), der Mineralogie las. Für "Landwirthschaftliche Baukunde" war Professor Wilhelm von Doderer von der Technischen Hochschule engagiert worden; er war der Vater des Schriftstellers Heimito von Doderer. Nicht zu vergessen sind die populären Vorträge, die ab dem Wintersemester 1873 an Freitagabenden um sechs Uhr stattfanden. Die Serie startete am 5. Dezember mit Franz X. Neumanns "Die Theuerung der Lebensmittel" – ein Thema, das aktueller nicht sein könnte.

Die Frage, ob dem Fürstbischof die Verwendung seines Palais als Ausbildungsstätte für Landwirte gefallen hätte, ist wohl mit "ja" zu beantworten. Fridericus Carolus war bekannt für die im Schönbornschen Garten gezogenen Tulpen. "Schließlich muß ich Ew Kurfürstl. Gnaden erzählen, wie wunderschön und copio die Tulpiane seyn, ich glaube schon 2000 Stück dem Hofe geschickt zu haben", schrieb er 1714 seinem Onkel, dem Kurfürsten von Mainz, Graf Lothar Franz v. Schönborn.

Das Palais Rasumofsky: Zwei fürstliche Besitzer

Andrei Kirillowitsch Rasumofsky (1752 bis 1836), russischer Diplomat, generöser Mäzen von Beethoven (Rasumofsky-Quartette, Op. 59), Kunstsammler, Gesandter am Wiener Hof und russischer Delegierter beim Wiener Kongress, fand mit Ludwig Montoyer einen angesehenen Architekten für sein Palais. Der Jahreswechsel 1814/15 war für den prachtvollen Bau in der Rauchfangkehrergasse (ab 1862: Rasumofskygasse) in Wien-Landstraße verheerend. "Die mit Geschmack und Pracht verzierten Wohnzimmer des edlen Grafen, der in seiner Art einzige Bibliothek-Saal, und alle Nebengemächer sind ein Raub der Flamme geworden." (Wiener Zeitung, 1. Jänner 1815). Den Titel eines Fürsten trug Rasumofsky ab 1815, der das klassizistische Palais, das über weitläufige Gärten verfügte, wieder aufbauen ließ. 1838 verkaufte es seine Witwe der fürstlichen Familie Liechtenstein (Alois II.), die es bis 1851 bewohnte, ehe es der Staat für die 1849 gegründete k.k. geologische Reichsanstalt (heute: Geosphere Austria) anmietete und 1873 erwarb.

Blick von der Geusaugasse auf die Gartenfront des Palais Rasumofsky.
Foto: Geosphere Austria

Die Adresse wurde dank der Umtriebigkeit des Gründungsdirektors Wilhelm Haidinger und seines Nachfolgers ab 1866, Franz von Hauer, zum Dreh- und Angelpunkt für die Geologie in der Monarchie. In den noblen Räumen wurde nicht nur geforscht, man ging hier gerne ein und aus. Es fanden Vorträge statt und große Teile waren als Museum für die breite Öffentlichkeit zugänglich.

Hervorragende Sehenswürdigkeit

Am 1. Oktober 1854, zwei Jahre nachdem die Geologie ins Palais eingezogen war, gab es in der "Illustrierten Zeitung" in der Rubrik Naturkunde höchst anerkennende Worte: "Zu den hervorragendsten Sehenswürdigkeiten, welche die Kaiserstadt darbietet, ist in den jüngsten Jahren die k. k. geologische Reichsanstalt gekommen, deren Räume und Sammlungen fortwährend von wissenschaftlichen und überhaupt von gebildeten Reisenden wie von Einwohnern der Stadt fleißig besucht werden. Eines der schöneren Gebäude, der fürstlich Lichtenstein'sche Palast auf der Landstraße, ist ihr eingeräumt. Nächst einem prachtvollen Sitzungssaale, in dem die öffentlichen Sitzungen der geologischen Reichsanstalt gehalten werden, deren Berichte in dem Jahrbuche der Anstalt gedruckt erscheinen, enthalten vierzehn andere Säle die Sammlungen und in einem fünfzehnten befinden sich die Bibliothek und die Kartensammlung."

Der Brünner Saal im Palais Rasumofsky war Teil des dortigen Museums.
Foto: Geosphere Austria

Während die Land- und Forstwirte in der Josefstadt stets an Platznot litten, ging es den Geologen diesbezüglich besser. Sie besaßen "eine hinlängliche Anzahl von Zimmern und Sälen" und auch "wohlausgestattete Laboratorien", die mit "arbeitenden Chemikern besetzt" waren. Weiter im O-Ton von 1854: "In anderen Zimmern geschieht die Ausführung der geologischen Karten. Hierin besteht eine Hauptleistung des Instituts."

Der Ruf nach räumlicher Erweiterung wurde mit zunehmenden Personal Ende des 20. Jahrhunderts lauter. Im 21. Jahrhundert begann die schrittweise Übersiedlung der Geologen an den Standort Neulinggasse 38. Zunächst wurden die einstige Großtierchirurgie der Veterinärmedizinischen Universität für die Bibliothek und die ehemalige Druckerei Jasper für Labors adaptiert, ehe im Februar 2005 der Neubau – entworfen von Architekt Stefan Hübner – bezogen werden konnte.

Das Palais Rasumofsky zur Rechten mit den ehemaligen Stallungen zur Linken.
Foto: Geosphere Austria

Die einstigen Stallungen des Palais, auf der anderen Seite der Rasumofskygasse (Nummer 20) gelangten nicht in die Hand der Geologie; hier wohnte von 1921 bis 1938 der Dichter Robert Musil. Das ehrwürdige Palais ist heute in Privatbesitz und beherbergt eine einzigartige Kunstsammlung. Michael Hausenblas besuchte sie und titelt seinen Bericht "Wo das Wow wohnt", die Fotos von Stefan Olah bestätigen dies eindrucksvoll. Der Fürst hätte mit dieser hochkarätigen Sammlung sicher seine Freude gehabt. (Thomas Hofmann, 3.2.2023)