Erstmals seit fast 60 Jahren sind Gustav Klimts "Wasserschlangen II" (1904/07) in Wien wieder öffentlich zu sehen.
Foto: Private collection, courtesy of HomeArt

Im Vorfeld der ab Freitag im Unteren Belvedere in Wien anberaumten Ausstellung Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse ... ließ das Museum via ORF am Sonntag eine kleine Sensation durchsickern. Gustav Klimts Gemälde Wasserschlangen II wird hierzulande erstmals seit fast 60 Jahren öffentlich zu sehen sein. Das ist insofern überraschend, als dieses an die Amsterdamer Schau angeschlossene Gastspiel an den Versicherungskosten zu scheitern drohte, wie es noch im November hieß.

Wie berichtet, überstieg der Versicherungswert des Bildes in der Höhe von 300 Millionen Dollar die gesetzlich festgelegte Obergrenze der Staatshaftung von 120 Millionen Euro. Das Belvedere hätte folglich eine separate Versicherung abschließen müssen.

Die dafür anfallende Prämie wäre demnach bei etwa 250.000 Euro gelegen: ausgehend von 0,6 Promille des Versicherungswertes pro Jahr und anteilig an der Dauer der Ausstellung und des Transport bemessen. Ein Kostenfaktor, den das Museum nicht stemmen konnte.

Gegengeschäft

Nun kam es doch anders: Die Leihgeberin übernahm die Mehrkosten, im Gegenzug steuerte das Belvedere eine detaillierte technologische Untersuchung samt Befundung des Gemäldes sowie eine partiell notwendige Restaurierung lockerer Malschichten bei. Das Gemälde, so heißt es, sei nie doubliert worden und insgesamt in einem sehr guten, ja Klimt-nahen Zustand.

Ein Blick in dessen Ausstellungsvita belegt, wie selten dieses Werk – bis zur Eröffnung der Ausstellung im Van-Gogh-Museum Anfang Oktober 2022 in Amsterdam – im Vergleich zu anderen überhaupt öffentlich präsentiert wurde. Seit 1918 exakt drei Mal: In Wien war es zuletzt im Sommer 1964 in der Schau Wien um 1900 (Secession, Künstlerhaus, Historisches Museum der Stadt Wien) zu sehen.

Eine Fotografie von 1957 zeigt: Klimts "Wasserschlangen II", entstanden 1904–1907, hingen über Gustav Ucickys Esstisch. Als der NS-Filmregisseur 1961 verstarb, erbte seine Witwe Ursula Ucicky seine Kunstsammlung.
Foto: archiv / Faksimile

Von den Nazis geraubt

Der Grund dafür lag wohl auch in der teils wenig ruhmreichen Besitzergeschichte. Denn das Bild gehörte einst der jüdischen Sammlerin Jenny Steiner, ehedem eine wichtige Förderin der Secession und Gustav Klimts, die von den Nationalsozialisten enteignet wurde. 1940 gelangten die Wasserschlangen II in den Besitz des NS-Propagandaregisseurs Gustav Ucicky.

Dessen Witwe Ursula Ucicky zeigte sich über Jahrzehnte zu keinen Verhandlungen mit den Erben nach Jenny Steiner bereit, obwohl dieser Raubkunst-Fall seit den späten 1990er-Jahren bekannt war: Das unverwechselbare Motiv zierte auch das Cover von Sophie Lillies 2003 im Czernin-Verlag erschienenem Grundlagenwerk Was einmal war – Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens.

Restitutionsvergleich

Erst 2013 kam es zu einem Restitutionsvergleich. Die Einigung der Witwe Ucickys mit dem Erben nach Jenny Steiner sah den von Sotheby’s vermittelten Privatverkauf des Gemäldes für 112 Millionen Dollar (exklusive Prämie des Auktionshauses) und eine Teilung des Erlöses je zur Hälfte vor.

Das Gemälde verschwand damals neuerlich aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit, landete über einen weiteren Deal in einem Zollfreilager für rund 183 Millionen Dollar im Besitz eines russischen Milliardärs, der es irgendwann ab 2015 für kolportierte 200 Millionen Dollar an eine Sammlung in Asien abtrat. (Olga Kronsteiner, 31.1.2023)