Ton Koopman hat gute Ideen, wenn es darum geht, historisch informiert und doch packend zu musizieren. In Salzburg untermauerte er seine Bedeutung als Dirigent.

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Ton Koopman, Jahrgang 1944 und auch kein Debütant mehr, scheint sich die Ideen taufrisch aus der Partitur zu holen und die spontan gewonnenen Impulse an das Orchester weiterzugeben. Frischer und moderner geht Mozart nicht. Die Mozartwoche erlebte insofern mit der Camerata Salzburg und Dirigent Ton Koopman einen besonderen Moment.

Jugendlich, wenn auch von Gehalt her alles andere als ein Jugendwerk, ist Mozarts Symphonie D-Dur KV 133, geschrieben 1772 noch in Salzburg. In jeder musikalischen Linie steckt in der Lesart Koopmans schon der Schwung für die nächste und übernächste. Der Energielevel steigt, das Tempo bleibt organisch. Ob im munter hingefegten ersten Satz (hat keine Tempobezeichnung, "flott" würde passen) oder im lieblich flötenumschwebten Andante.

Während im Menuett die Energie unter der Oberfläche dahinbrodelt, kommt sie im letzten Satz wie eine Batterie in Serie geschalteter Kleinfeuerwerke zum Ausbruch. Gezündet von der virtuosen Pauke. Allein die Begegnung mit dem KV 133 kann für ein ganzes Festival stehen.

Zauber im Saal

Ähnlich in Grundhaltung und Basisenergie das zwei Jahre später entstandene Konzert B-Dur für Fagott und Orchester KV 191, Mozarts erstes Bläserkonzert. Riccardo Terzo, einst Solofagottist im Mozarteumorchester, seit 2018 Solofagottist im Gewandhausorchester und rundum gefragter Solist, betörte mit Virtuosität, Wendigkeit und einem Sound, der das tiefe Instrument klanglich in lichten Holzbläserhöhen verortet.

Wie Ton Koopman da die Kontrabässe (betörend weicher, voller Sound bei der Camerata), dort die Holzbläser zu ihren Tönen "einlädt", wirkte so organisch-musikantisch wie charmant. Gleichermaßen der Sound. Kein Räuspern am Ende des überirdisch feinen Andante ma adagio, so verzaubert war der Saal. Das Mozartwochen-Publikum hält sich üblicherweise nicht zurück mit Zwischen-dem-Satz-Husten ...

Solist Terzo, Camerata und Koopman lösten den Bann einfach selber im Rondo: Tempo di Menuetto, in dem Virtuoses, Trillerndes, Bockiges oder geradezu opernhaft "Gefährliches" einander ablösen.

Hinausgepfefferte Glissandi

Die Maurerische Trauermusik KV 477, ein Crescendo-decrescendo-Bogen von 69 Takten vom Dunkel zum Licht von 1785 führte zum Konzert A-Dur für Klarinette und Orchester KV 622 aus Mozarts Todesjahr. Zu berichten ist von Daniel Ottensamer, der den Solopart gewohnt delikat und virtuos lieferte. Ein paar hinausgepfefferte Glissandi im Rondo Allegro zeugten vom Willen, den Pfad glanzvoller Schönheit auch mal für Sekunden zu verlassen. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Maurerischen Trauermusik hat man sich die Fassung mit Bassettklarinette gewünscht.

Waren die Zugaben abgesprochen? Fagottist Terzo spielte die Cherubino-Arie Voi che sapete aus dem Figaro in einer eigenen Fassung mit zupfendem Streicherquintett, Klarinettist Ottensamer das Terzett Soave sia il vento aus Così in einer Fassung für Orchester und drei Klarinetten. Auch zwei Höhepunkte. (Heidemarie Klabacher, 31.1.2023)