Details über die Su-57 wurden geleakt.

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Anders als im Film ist Geheimdienstarbeit oft sehr banal. Mitarbeiter von Aufklärungsdiensten beobachten oft Nachrichtenmeldungen, lesen Zeitungen on- wie offline. Von actionreicher James-Bond-Romantik ist wenig zu spüren. Jüngst ist eine neue Informationsquelle für Geheimdienstler dazugekommen, das Forum des populären Videospiels "War Thunder".

In dem Spiel werden Schlachtfelder simuliert, die Spielerinnen und Spieler kontrollieren Panzer, Flugzeuge, Schlachtschiffe und Artillerie. Grafisch sind die Kriegsmaschinen authentisch umgesetzt, doch das geht vielen Fans nicht weit genug, und sie fordern von Entwickler Gaijin im Forum des Studios Nachbesserungen an den Leistungsdaten ihrer Lieblingsfahrzeuge.

Geheimer Superjet

Um ihre Argumentation zu untermauern, veröffentlichen Fans immer wieder geheime Dokumente. So landeten nun unter Verschluss gehaltene Details über den modernsten russischen Kampfjet, die Su-57, im Netz – öffentlich einsehbar. Nur fünf dieser Flieger sind im Einsatz, weshalb sie auch seit dem russischen Angriff auf die Ukraine nur vom russischen Boden aus operieren – zu groß ist die Gefahr, dass der vermeintliche Superjet von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossen wird.

Der User "ZVO_12_INCH" veröffentlichte jedenfalls im Gaijin-Forum Leistungsdaten und Abmessungen der Su-57. Ob die Dokumente echt waren oder für Geheimdienste neue Informationen enthielten, ließ sich nicht feststellen. Die Moderatoren des Forums waren nämlich schneller und nahmen die Geheimunterlagen offline. Im gleichen Thread veröffentlichte ein weiterer Nutzer ebenfalls unter Verschluss gehaltene Daten zum älteren russischen Kampfjet Mig-29, auch diese wurden von Mitarbeitenden entfernt.

Fans wollen Diskussionen für sich entscheiden

Immer wieder werden in dem Free-to-Play-Spiel Militärgeheimnisse geleakt, mittlerweile ist es als Anlaufstelle für klassifizierte Informationen bekannt. Die Geheimdaten stammen meist von den Spielern selbst, die im echten Leben Militärangehörige sind oder in der Rüstungsindustrie arbeiten und so Zugang zu geheimen Informationen haben. Gerade diese Gruppe ist es, die Entwickler Gaijin gerne und häufig auf vermeintliche Ungenauigkeiten in den Fahrzeugmodellen hinweisen. Zuletzt häuften sich die Leaks wieder, was wohl auch mit dem Ukraine-Krieg im Zusammenhang stehen dürfte.

So landeten Mitte Jänner vertrauliche Details zu neuesten Version der US-Luft-Luftrakete Aim-120 im Forum von "War Thunder". Im vorigen Sommer veröffentlichte ein User klassifizierte Dokumente über die Durchschlagsleistung des chinesischen Panzergeschoßes DTC10-125, samt Fotos des Penetrators aus Wolfram, sowie die Mündungsgeschwindigkeit und Genauigkeit des Geschoßes. Oft geht es dabei gar nicht darum, militärische Geheimnisse zu veröffentlichen, viele eingefleischte Fans wollen in langen Forendiskussionen über technische Details einfach recht behalten.

Details über britische und französische Panzer

Ein Forenteilnehmer behauptete im Sommer 2021, der Kommandant eines britischen Kampfpanzers vom Typ Challenger 2 zu sein. Er veröffentlichte Teile der Army Equipment Support Publication, einer Art technisches Handbuch für den Panzer. Er wollte Entwickler Gaijin auf mehrere Fehler im Modell des Panzers aufmerksam machen. Seiner Einschätzung nach hatten die Spieldesigner die Position der Drehzapfen in der Turmstruktur falsch dargestellt. Statt das technische Detail zu verbessern, löschte Gaijin den Post – ebenso wie den Beitrag eines Nutzers aus Frankreich, der Details über den Leclerc-Panzer online gestellt hatte.

Auch im aktuellen Fall des neuen russischen Jets betonte das vormals russische – und nun in Ungarn ansässige – Entwicklerstudio, dass es den Nutzungsbedingungen nach verboten ist, Militärgeheimnisse im Forum auszuplaudern, ein in der Gaming-Industrie wohl einzigartiger Schritt. Userinnen und User, die Verschlusssachen teilen, werden aus dem Forum verbannt, aber auch das konnte die Leaks bislang nicht eindämmen. (pez, 31.1.2023)