Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos kündigte die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Paket an, das Schlüsselindustrien in Europa aufbauen soll.

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Solarpaneele, Windturbinen, Chips für Computer und E-Autos: China positionierte sich über die vergangenen Jahre in neuen Schlüsselindustrien als globaler Spitzenreiter – wurde für Abnehmer weltweit zum unverzichtbaren Lieferanten für Technologien für die Energiewende.

Mit dem Ziel, die Produktion auch in die USA zu holen, gab US-Präsident Joe Biden im Sommer grünes Licht für milliardenschwere Subventionen und Steuererleichterungen – großteils für Unternehmen, die Technologien "made in USA" nutzen. Sie sind Teil des US-Klima- und Sozialpakets, des Inflation Reduction Act (IRA).

Bei europäischen Unternehmensverbänden stieß der Plan auf wenig Begeisterung. So heißt es seitens des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), der IRA gefährde den Industriestandort und könne einen globalen Überbietungswettbewerb sowie Handelskonflikte auslösen.

Damit steige auch das Risiko, dass Schlüsselindustrien in die USA abwandern. "Nicht zuletzt angesichts deutlich geringerer Energiepreise werden Investitionen in den USA für viele Unternehmen ohnehin interessanter", so DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.

Steuererleichterungen und lockere Beihilferegeln

Wie groß die Risiken tatsächlich sind, ist umstritten. Die EU-Kommission scheint die Bedenken der Verbände aber jedenfalls ernst zu nehmen. So kündigte die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Jänner auf dem Weltwirtschaftsforum neue Unterstützungen für grüne Industrien an – das Ziel werde sein, Investitionen in strategische Projekte entlang der gesamten Lieferkette zu lenken, sagte sie.

Wie das konkret gelingen soll, will die Kommission heute, Mittwoch, unter dem Titel "A Green Deal Industrial Plan for the Net-Zero Age" vorstellen. Dem STANDARD lag ein Entwurf vorab vor. Dieser zeigt: Unter anderem will die Kommission Steuererleichterungen einführen und Beihilferegeln lockern.

Neues Geld gibt es nicht, stattdessen sollen Fonds wie der Corona-Aufbaufonds ausgereizt werden. Damit entsprechen die Pläne einer Forderung von sieben Mitgliedstaaten – darunter Österreich –, die Ende vergangener Woche eine Erklärung an die Kommission schickten, in der sie neue EU-Mittel für neue Finanzierung ablehnten.

Altes, neu verpackt

Insgesamt ist vieles von dem, was die Kommission laut Entwurf vorschlagen will, "alter Wein in neuen Schläuchen", wie Mario Holzner, Geschäftsführer des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), es ausdrückt.

Allerdings gebe es ein paar Ankündigungen, die aufhorchen lassen, sagt er weiter. Eine davon sei die mittelfristige Einführung des "European Sovereignty Fund", welcher Projekte im Hochtechnologie-Bereich unterstützen soll. Was davon tatsächlich realisiert wird, bleibt offen.

Ein vielversprechender Punkt, so der Ökonom, sei die Einführung einer EU-Exportkredit-Bank – solche Institutionen gibt es bislang nur auf nationaler Ebene. Sie bieten Kredite für Exportgeschäfte von Unternehmen – eben diese könnten Maßnahmen wie die "Buy American"-Klausel im IRA deutlich zu spüren bekommen.

Keine "Buy European"-Klausel

Ein Pendant zu den "Buy American"-Klauseln findet sich in dem Kommissionsentwurf nicht. Einzig enthält das Papier den Hinweis, man wolle "die handelspolitischen Schutzinstrumente in vollem Umfang nutzen, um den Binnenmarkt vor unfairen Handelspraktiken wie Dumping und wettbewerbsverzerrenden Subventionen zu schützen."

Überhaupt klingen die Pläne gegenüber den USA versöhnlich. Es sei ein "ermutigendes Zeichen", dass Europas Partner in Net-Zero-Technologien investieren, heißt es da – gleich dahinter der IRA als Beispiel für solche Investitionen.

Gut so, meint Holzner. Schließlich sei das Investitionsklima derzeit eher schlecht – die Anreize auf beiden Seiten seien angebracht, so der Ökonom. "Außerdem ist die Energiewende kein Nullsummenspiel. Es wird sowohl in den USA als auch in der EU grüne Industrien geben", glaubt er. (Alicia Prager, 1.2.2023)