Im Jahr acht nach Ausbruch des Dieselskandals warten betroffene Fahrzeugbesitzer noch immer auf Entschädigung.

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Wien – Die gütlichen Einigungen, mit denen sich Volkswagen und seine Österreich-Tochter Porsche Austria einiger Dieselklagen zu entledigen sucht, laufen offenbar doch nicht so gütlich ab. Einige vom oberösterreichischen Rechtsanwalt Michael Poduschka im Auftrag seiner Mandanten geschlossene Vergleiche wurden seitens Volkswagen überraschend doch nicht erfüllt.

Die Zahlungsfrist Freitag, 27. Jänner sei verstrichen, das Geld bis heute nicht auf den Konten, sagt Poduschka und bestätigt damit STANDARD-Informationen, wonach die entsprechenden Verfahren bis heute nicht ruhend gestellt wurden. Letzteres ist Voraussetzung für eine Einstellung eines Gerichtsverfahrens.

"Sind zahlungsbereit"

Seitens Porsche Austria wollte man den Verzug nicht bestätigen. Auch über die Gründe für die Nichteinhaltung der auf eigenes Betreiben geschlossenen Vergleiche schweigt man sich aus. "Wir sind zahlungsbereit", wurde am Dienstag signalisiert, es fehle lediglich die Ruhensanzeige.

Ähnlich lautend die Botschaft der Gegenseite: "Sobald das Geld einlangt, bringe ich die Anzeige des ewigen Ruhens ein", betont Poduschka.

Dass die von Volkswagen mit Verve angestrebte und vor Weihnachten geschlossene Übereinkunft nun doch nicht hält, überrascht zweifellos. Grund sind offenbar nachträgliche Änderungen, die VW am Tag der Zahlungsfrist im Jänner plötzlich verlangte und die von den Klägern bis dato nicht akzeptiert wurden.

Warten auf OGH-Spruch

Als Grund für die Eile beim vorweihnachtlichen Vergleich gilt in der Branche, wie berichtet, ein Spruch des Obersten Gerichtshofs (OGH) zum sogenannten Thermofenster, der stündlich erwartet wird und Vergleiche wohl verteuern würde. Der Spruch des Höchstgerichts wird an zwölf österreichischen Landesgerichten sehnsüchtig erwartet, denn dort sind seit fünf Jahren Sammelklagen des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) für rund 8.000 Geschädigte anhängig.

Thermofenster sind unzulässige Abschalteinrichtungen, mit denen die Abgasreinigung weltweit in Millionen Dieselfahrzeugen von VW, Audi, Seat und Škoda bei bestimmten Temperaturen automatisch außer Betrieb genommen wurde. Diese Automatik wurde wohl mittels Softwareupdate saniert, der Schaden zum Zeitpunkt des Fahrzeugkaufs war damit allerdings längst angerichtet. Auch laut dem Untersuchungsbericht des deutschen Kraftfahrt-Bundesamts KBA waren die in den EA189-Aggregaten verbauten Thermofenster verboten.

EuGH zu Thermofenster

Der OGH vollzieht mit seinem Spruch, was der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Juli 2022 urteilte: Thermofenster in Dieselfahrzeugen sind unzulässig, wenn Emissionen nur zwischen 15 und 33 Grad Celsius voll gereinigt werden, aber nicht in Herbst, Winter und Frühling sowie bei großer Hitze. Dann handle es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung, die mit dem Schutz des Motors (vor Versottung etc.) nicht zu legitimieren sei, beschied der EuGH. Die sohin verärgerten Kläger sitzen nun erneut auf der Wartebank. Einige klagen auf Einhaltung der Vergleichsvereinbarung.

Dass man mittels üppiger Abfindungen – für ein acht Jahre altes Auto wurden laut VKI 35 Prozent des damaligen Neuwagenpreises zuzüglich Gerichts- und Anwaltskosten geboten – höchstgerichtliche Urteile zu verhindern suche, bestreitet Volkswagen vehement. Es handle sich bei den Vergleichen um Fahrzeugtypen, auf die diese Thermofensterkriterien gar nicht mehr zuträfen. Diese Fälle hätten keinen Einfluss auf die Mehrheit der anhängigen Verfahren. (Luise Ungerboeck, 1.2.2023)