Noch einmal geboren werden – im Stück "Ahnfrauen" von den Rabtaldirndln.

Nikolai Milatovic

Wien – Nicht Franz Grillparzers böhmisches Märchen vom familienausrottenden Gespenst (Die Ahnfrau, 1817) steht beim neuen Stück der Rabtaldirndln Pate. Es sind die Erzeugerinnen der Schauspielerinnen selbst, die in Ahnfrauen nach ihrem Muttersein befragt wurden. Und es geht auch um Reflexionen der jeweils eigenen Mutterrolle. Die Koproduktion mit dem Theaterland Steiermark sowie dem Kosmos-Theater hatte soeben in Graz Premiere, nun folgt die Spielserie in Wien.

Die Rabtaldirndln gehören in puncto dezentraler Kunstproduktion zum Besten, was Österreich zu bieten hat. Zwar ist das namensgebende Rabtal inexistent, da fiktiv, dennoch treibt sich das seit gut fünfzehn Jahren die deutschsprachige freie Theaterlandschaft mitprägende Kollektiv regelmäßig fern der Metropolen herum. Sie sind sich nicht zu gut, in ländlichen Mehrzweckhallen und Wagenremisen zu spielen. Dann und wann muss aber ein Auftritt in Salzburg, Wien, Brixen oder Berlin sein.

Coco Chanel gebiert Lenin

Zwei Dutzend Arbeiten, die sich mit Ritualen, Gewohnheiten und Exerzitien mehr des Land- als des Stadtlebens beschäftigen, sind es inzwischen geworden. Wobei diese thematische Dichotomie zunehmend ins Hintertreffen rückt. Als Gründungsjahr wird 2003 angegeben, sodass das Mutterthema auch mit dem 20. Geburtstag zusammenfällt.

In Ahnfrauen wird auch kräftig geboren. Eine große Gebärfigur (Bühne: Lisa Horvath) thront in Nadja Brachvogels Inszenierung auf der Bühne. Ihrer Vagina entschlüpfen – ein Köpfler nach dem anderen – die künftigen Mütter, um sich mit Mutterbild-Konstruktionen auseinanderzusetzen. So beginnt alles mit einer Litanei, wonach Ingeborg Bachmann Charles Darwin und Coco Chanel den Wladimir Iljitsch Lenin geboren haben soll. (Margarete Affenzeller, 2.2.2023)