
Die meisten Studierenden unterrichten in Wiener (280) und oberösterreichischen (240) Pflichtschulen.
Die Hälfte ihres Schulpersonals in der Volksschule seien mittlerweile Studierende, sagte eine Volksschuldirektorin aus Wien-Simmering im STANDARD und zeigte damit auf, wie unverzichtbar Studierende für einzelne Schulen geworden sind und welche Bedeutung ihnen im Bildungssystem bereits zukommt. Die Direktorin gab aber auch zu bedenken, dass es manchen zu viel werde mit dem Spagat zwischen Arbeit und Ausbildung, deshalb gebe es inzwischen ein Kommen und Gehen beim Schulpersonal. In anderen Wiener Pflichtschulen sei die Situation ähnlich, teils sogar noch brenzliger.
Studierende machen ein Viertel der in Summe 4.300 Quereinsteiger an Österreichs Pflichtschulen aus, wie eine parlamentarische Anfragebeantwortung von Bildungsminister Martin Polaschek Ende Jänner zeigte. Geht es nach ihm, sollen mittels Einstiegserleichterungen für Quereinsteiger jährlich etwa 300 dazukommen. Davon verspricht er sich, ein Stück weit der Pensionierungswelle und der damit verbundenen Personalnot entgegenzuwirken. Doch wie geht es jenen, die eigentlich noch selbst in Ausbildung sind? DER STANDARD hat mit drei von ihnen gesprochen.
Nadine Svoboda*: Berufsbegleitendes Studium würde vieles vereinfachen
Die wenigen Praxisstunden, die die Ausbildung beinhalte, reichten der 21-jährigen Nadine Svoboda nicht aus. "Ich wollte Erfahrungen sammeln und Geld verdienen", erzählt die junge Frau, wenn man sie nach ihren Beweggründen für den frühen Berufseinstieg fragt. In ihrem Fall war es nach fünf Semestern an der Pädagogischen Hochschule so weit: Sie begann an einer Volksschule Englisch, Zeichnen und sogenannte Begleitstunden im Ausmaß von zwölf Wochenstunden zu unterrichten. Das war im Herbst 2021. Diese Umstellung hat aber auch Tücken: "Es fühlt sich momentan so an, als würde ich nur noch arbeiten oder lernen. Für anderes bleibt da wenig Zeit."
Verständnis für die Situation und Unterstützung erhält sie von ihrer Direktorin. Schwierigkeiten bereite ihr jedoch die Anwesenheitspflicht an der PH. Hier sollte in ihren Augen vermehrt auf Online-Veranstaltungen gesetzt werden. Denn die jetzige Situation führe dazu, dass viele Kolleginnen länger für den Abschluss bräuchten – und durch den Sondervertrag auch nur 85 Prozent des normalen Lehrergehalts verdienen. "Was es daher bräuchte, wäre ein berufsbegleitender Bachelor an der PH", sagt Svoboda. Von der Schule generell abgeschreckt hat sie die Erfahrung nicht.
Werner Richling: Der späte Wunsch, bis zur Pension zu unterrichten
Das "elitäre Klientel" der Bank im ersten Wiener Bezirk sei nie wirklich "sein Fall gewesen", sagt der 40-jährige Werner Richling. Zehn Jahre hielt er es dort aus, ehe einige Mitarbeiter und er gekündigt wurden – und die Idee, an die Schule zu wechseln, wieder aufflammte. "Ich hatte seit der Matura mit dem Gedanken gespielt." Er beantragte ein Selbsterhalterstipendium und fing an, Biologie und Geografie zu studieren.
Seit Herbst unterrichtet er nun zwölf Stunden an einer Favoritner Mittelschule seine Fächerkombi und "digitale Grundbildung" – das würde auch ohne Ausbildung gehen, weil er kein digitales "Nackerbatzl" sei. Warum er vor seinem Abschluss zu arbeiten begann? "Mein Stipendium lief aus", sagt Richling. Zwar habe er Glück, dass ihn seine Familie in seinem zweiten Berufsweg unterstützt, finanziell sei die Situation dennoch schwieriger geworden. Das, was er nun in seinem Job gefunden hat, scheint aber die Einbußen zu kompensieren. "Das Kollegium ist wirklich super. Ich wünsche mir sogar, dass ich an meiner Schule bis zur Pension bleibe." Ob es dennoch Schwierigkeiten gab? "Ich musste leider zwei Fünfer geben. Aber ich kann mir nicht vorwerfen, dass ich nicht alles versucht hätte, das zu verhindern."
Mara Bruckner: Themenverfehlung in der Lehrerinnenausbildung
Es waren ihre Kolleginnen in der Sommerschule, die Mara Bruckner aus Niederösterreich den "richtigen" Einstieg in die Schule schmackhaft machten. Dann ging alles recht schnell: "Ich bewarb mich für eine Schule, und kaum einen Monat später stand ich schon in der Klasse." Die 23-Jährige unterrichtet seit Herbst 2022 und müsste in den nächsten Wochen ihren Bachelor abschließen. Ihren einjährigen Master an der PH will sie im Herbst gleich dranhängen.
Als Werk- und Teamlehrerin sei sie aktuell zwölf Stunden im Einsatz. Ob sie aufgrund der Personalnot mehr einspringen muss? Bruckner verneint. "Man merkt zwar schon, dass viele krank sind und es wenig Personalreserven gibt, aber in Wien ist es sicher schlimmer." Die Arbeit selbst gefalle ihr jedenfalls sehr gut. Woran sie etwas auszusetzen hat, ist jedoch die Vorbereitung darauf: "Das Studium ist leider sehr praxisfern." Beispielsweise hätten sie nicht gelernt, wie man Jahrespläne und Schularbeiten erstellt oder welches Hausübungspensum angemessen ist. "Viele sind daher sehr überfordert." Die halbe Lehrverpflichtung komme ihr sehr gelegen, weil sie sich viel von anderen Klassen abschauen kann. "Aber eine eigene Klasse möchte ich jetzt noch nicht." (Elisa Tomaselli, 3.2.2023)