Der Kurs der Kryptowährung Bitcoin konnte zuletzt wieder deutlich zulegen. Experten gehen von wachsendem Interesse institutioneller Anleger aus.

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Nach einem Katastrophenjahr zeigte sich im Jänner ein erster Lichtblick für die Kryptowelt: Der Kurs der Kryptowährung Bitcoin ist um fast 40 Prozent gestiegen, das entspricht der besten monatlichen Performance seit Oktober 2021 und dem zweitbesten Jännerwert seit zehn Jahren. Wenn es darum geht, sich auf eine Prognose festzulegen, zeigen sich Branchenexperten für einen kurzfristigen Zeitraum verhalten. Die Stimmung ist aber weitgehend positiv.

Erste Anzeichen einer Erholung

Im November noch rutschte Bitcoin auf einen Tiefstand von 15.700 Dollar ab: Der Markt war nicht nur wegen der globalen Aktienmärkte verstimmt, vielmehr noch hatte er mit einer veritablen Krise zu kämpfen, die durch den Crash der Kryptobörse FTX ausgelöst worden war. Bis zur ersten Jännerwoche bewegte sich der Bitcoin-Kurs daher noch meist zwischen 15.700 und 17.500 Dollar. In den Wochen darauf ist der Kurs aber wieder in die Höhe geschossen.

Wie aus Daten des Vermögensverwalters Coin Shares hervorgeht, verzeichneten digitale Assets in der vergangenen Woche Zuflüsse von über 117 Millionen Dollar. Bitcoin war mit Abstand der größte Treiber, wobei Bitcoin-Fonds allein 116 Millionen Dollar ausmachten. Das verwaltete Gesamtvermögen der Kryptofonds ist somit auf 28 Milliarden Dollar gestiegen und liegt damit 43 Prozent über den Tiefstständen vom Katastrophennovember 2022. Der Fear & Greed Index, ein grober Richtwert, um die Marktstimmung einschätzen zu können, zeigte zum Zeitpunkt des Verfassens wieder Richtung "Greed". Ein Zeichen dafür, dass Marktteilnehmer zunehmend positiv gestimmt und in Kauflaune sind.

Große Fische beißen an

Ein plötzlicher Sinneswandel? Nicht ganz. Erklären lässt sich der Aufwind auch weniger durch private Kleinanleger, sondern vielmehr mit einem erstarkenden Interesse institutioneller Anleger. Das mag zum einen daran liegen, dass die Aussicht auf verkürzte Zinsschritte der US-Notenbank infolge einer abnehmenden Inflation den Kryptomarkt begünstigt. Zuletzt erhöhte die Federal Reserve wie erwartet den Schlüsselsatz lediglich um einen Viertelprozentpunkt, was nach starken Erhöhungen im Vorjahr wieder als Zeichen der Normalisierung in der Geldpolitik interpretiert werden kann.

Institutionelle Anleger scheinen aber auch darüber hinaus schon länger auf der Lauer zu liegen, um einen günstigen Einstiegspunkt zu finden. "Der niedrige Preis und erste Anzeichen einer positiven Entwicklung haben dazu verleitet, dass wieder Bitcoin gekauft wird. Durch den Jahreswechsel wird auch steuerlich nun alles ins Jahr 2023 verlagert, was den Aufwind im Jänner erklärt", sagt Paul Pöltner, Obmann der Digital Assets Association Austria (DAAA). Seiner Ansicht nach würden sich immer mehr Organisationen mit Krypto beschäftigen, und jetzt seien auch einige neue Player am Markt dazugestoßen, die bei den niedrigen Kursen vorsichtig den nächsten Aufwärtstrend mitnehmen möchten.

Nur ein Plus an Diversifizierung

Auch wenn Bitcoin als Leitwährung in der Kryptowelt den gesamten Markt beeinflusst, deutet nicht nur die zunehmende Bitcoin-Dominanz darauf hin, dass besonders die älteste Kryptowährung im Fokus der gegenwärtigen Entwicklung steht. "Wenn man den On-Chain-Daten und großen Handelsplätzen in den USA Glauben schenken darf, ist das institutionelle Interesse vor allem am Bitcoin wieder stark gewachsen", sagt Bitcoin-Experte Matthias Reder.

Nach dem Krisenjahr 2022 habe sich die Spreu vom Weizen getrennt, und institutionelle Anleger, vor allem aus den USA, würden mehr Gefallen an Bitcoin finden als am Thema Krypto an sich. Mit dem Ziel, ihr Portfolio digital diversifizieren zu können. "Man nimmt sich Bitcoin als eine Art digitales Gold gezielt ins Portfolio auf. Was für die Notenbanken Gold ist, ist im digitalen Bereich eben Bitcoin. Und zwar nur Bitcoin und nicht irgendein Kryptoportfolio aus zahlreichen unterschiedlichen Tokens", sagt Reder.

Umstrittene Falle

Dass es sich bei der gegenwärtigen Entwicklung nur um eine klassische Bull-Trap handeln könnte, wie der häufig zitierte Kryptoanalyst @CryptoCapo_ auf Twitter argumentiert hat, hört man in der Branche freilich nicht gerne, man hält es aber auch nicht für ausgeschlossen. Unter dieser Bezeichnung ist ein Fehlsignal des Marktes gemeint, bei dem die Anleger zu früh auf steigende Kurse setzen, um dann in die Falle einer anschließend negativen Kursentwicklung zu tappen.

"Kurseinbrüche wie zum Beispiel durch etwaige Auswirkungen aufgrund von Notverkäufen können natürlich auftreten. Ich glaube allerdings daran, dass der Trend diesmal in die positive Richtung geht", sagt DAAA-Obmann Pöltner und betont, dass das gestiegene Interesse zahlreicher Organisationen ein wesentlicher Grund dafür sei. Auch Bitcoin-Experte Reder will dieses Szenario nicht zur Gänze ausschließen, führt jedoch einen großen Bitcoin-Event als nächsten Preistreiber an: "Es stimmt, dass Bitcoin berühmt dafür ist, nach starken Anstiegen auch wieder starke Rücksetzer zu haben. Die Gemengelage stimmt mich aber positiv, auch weil sich schön langsam schon das nächste Halving abzeichnet", so Reder.

Positive Signale vor dem nächsten Halving

Historisch betrachtet würde sich die bevorstehende Umstellung laut Reder schon rund ein Jahr vor dem eigentlichen Halving positiv auf die Kursentwicklung des Bitcoins auswirken. Beim Bitcoin-Halving, das ungefähr alle vier Jahre stattfindet, soll die Inflation der Währung reduziert werden, indem die Belohnung für Miner halbiert und auch die Zahl neu geschaffener Bitcoins verknappt wird. Mit dem nächsten und vierten Halving, das zwischen März und Mai 2024 stattfinden soll, wird der Wert der Rewards weiter auf 3,125 Bitcoin sinken. Die Idee dahinter ist, dass Miner ihre Bitcoins dadurch lange zurückhalten, damit der Preis aufgrund der erzeugten Knappheit auf ein für sie verkaufbares Level ansteigt.

Bis zu einer hohen Bitcoin-Adaption, die die hohe Volatilität der Währung nivellieren und den Fokus von der Kursentwicklung ablenken sollte, gibt es jedenfalls noch zu viele Unwägbarkeiten für zuverlässige Prognosen. Diese reichen laut Reder vom Verhalten der Zentralbanken und dem Leitzins über die Liquidität der Bitcoin-Miner bis hin zu Millionen von Kleinanlegern auf der ganzen Welt, deren Bitcoin-Kauf unterschiedlichste Gründe haben kann.

Bedeutet Bitcoin für manche eine Diversifizierung ihres Portfolios, kann die Währung in anderen Ländern auch eine "Fluchtwährung" aufgrund von Inflation oder politischen Restriktionen darstellen. Für DAAA-Obmann Pöltner ist die hohe Adaption an sich entscheidend: "Die Entwicklung wird im Wesentlichen davon geprägt sein, wer Zugang zu Krypto bekommt und diesen auch nutzt."

Klar ist also lediglich, dass sich Bitcoin unabhängig vom gegenwärtigen Trend auch künftig mit Sicherheit noch weiteren Bewährungsproben stellen muss. Aus zeitlicher Perspektive betrachtet ist die älteste Kryptowährung nach all den Jahren jedenfalls schon zu verbreitet, um im Umkehrschluss noch endgültig scheitern zu können. Ihr Tod scheint zudem auch deshalb ausgeschlossen, weil Bitcoin bislang ohnehin schon mindestens 471-mal gestorben ist. (Benjamin Brandtner, 3.2.2023)