Der T-14 Armata drehte bislang nur Runden für die Fernsehkameras – und selbst das verlief nicht ohne Ausfälle.

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Beinahe unzerstörbar, technologisch revolutionär und schwerbewaffnet, das alles kombiniert mit der Beweglichkeit einer russischen Ballerina – so stellte die Moskauer Führung im Jahr 2015 erstmals den neuen T-14 Armata vor. Doch der vermeintliche russische Superpanzer blieb gleich bei der ersten offiziellen Ausfahrt auf dem roten Platz liegen und musste während der pompösen Siegesparade abgeschleppt werden – während Weltkriegspanzer des Typs T-34 am Stolz der russischen Armee vorbeizogen. Mit den westlichen Panzerlieferungen zur Verteidigung der Ukraine hat nun Russland angekündigt, den T-14 Armata ebenfalls auf das Schlachtfeld zu führen. Doch handelt es sich beim Armata um eine Wunderwaffe oder eine Luftnummer?

Vielversprechende Technik – in der Theorie

Die Technik verspricht auf dem Papier einiges. Der größte Unterschied zu westlichen Panzern ist zweifelsohne der unbemannte und von der Wanne aus ferngesteuerte Turm. Der Turm ist bei Kampfpanzern üblicherweise besonders exponiert. Im Westen sind Kommandant, Richt- und Ladeschützen im Turm positioniert, während der Fahrer als Einziger in der Wanne sitzt. Im Armata sind alle drei Crewmitglieder in der Wanne untergebracht. Die Mannschaft sitzt also in einem besonders stark gepanzerten Teil des Panzers, was deren Überlebensfähigkeit deutlich erhöhen soll.

Doch dieses Konzept führt neben den unbestrittenen Vorteilen auch zu handfesten Problemen. Zum einen wäre da die Fähigkeit zur Gefechtsfeldbeobachtung: Von einem klassischen Turm aus hat die Mannschaft eben einen deutlich besseren Überblick – und im Notfall kann man einfach den Kopf durch die Luke stecken. Gleichzeitig erfordert der unbemannte Turm ein hohes Maß an Automatisierung und wirft Fragen der Zuverlässigkeit und Reparaturfähigkeit auf. Das gesamte Fahrzeug wird mit volldigitalen Systemen von der Wanne aus gesteuert. So ist etwa im Westen unklar, ob die Crew bei einer Fehlfunktion in das Innere des Turms gelangen und diese selbst beheben kann, oder ob im Fall einer Störung der Einsatz abgebrochen werden muss.

Aber zu behaupten, unbemannte Türme wären im Westen unbekannt, wäre falsch. Bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren experimentierten Nato-Mitgliedsstaaten mit derartigen Entwürfen – sie wurden jedoch alle aufgrund der oben genannten Probleme und des unzureichenden Stands der damaligen Technik verworfen.

Vollständige digitale Kontrolle

Damit die Besatzung dennoch einen Überblick über das Geschehen behält, verfügt der Armata über sechs Kameras, die für die Beobachtung der Umgebung sorgen sollen. Der Kommandant verfügt dazu noch über ein ferngesteuertes Periskop. Dessen Bilder werden auf Bildschirme im Inneren des T-14 übertragen. Außerdem steht der Besatzung eine digitale Lagekarte zur Verfügung, in der Feindpositionen aber laut ersten Berichten manuell eingetragen werden müssen.

Mit nur 55 Tonnen Gewicht und einer angeblichen Spitzengeschwindigkeit von 90 Stundenkilometern wäre der Armata den westlichen Panzermodellen deutlich überlegen – er wäre nicht nur leichter, sondern auch um bis zu 20 Stundenkilometer schneller als etwa der Leopard 2. Doch auch hier gibt es erhebliche Zweifel, ob die Leistungsdaten nicht doch nur auf dem Papier stimmen. Laut einem Bericht aus der Europaniederlassung der unabhängigen russischen "Novaya Gazeta" hat Russland aktuell massive Probleme, den 1.500 PS starken Dieselmotor zu produzieren, da die dafür nötigen westlichen Präzisionswerkzeuge fehlen.

Auf dem Papier gewaltige Feuerkraft

Die 125-Millimeter-Kanone des T-14 wurde für das Panzerprogramm neu entwickelt. Es handelt sich dabei um eine Glattrohrkanone aus der Waffenfabrik No. 9 in Jekaterinburg. Laut dem deutschen Panzerexperten Rolf Hilmes soll diese ein neues Wuchtgeschoss namens BPS-1 Vakuum abfeuern können. Dieses soll in der Lage sein, 950 Millimeter von gewalzter homogener Panzerung zu durchschlagen. Sollten diese Daten stimmen, sei die Durchschlagsleistung tatsächlich größer als die der aus der 120-Millimeter-Kanone des Leopard-2A6 abgefeuerten Wuchtgeschosse.

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Erkauft wird das allerdings mit einer deutlich geringeren Rohrlebensdauer. Nach 200 bis 280 Schuss muss dieses ausgetauscht werden. Außerdem kann aus der Kanone eine Rakete vom Typ Sprinter verschossen werden, die angeblich gepanzerte Ziele in einer Entfernung von bis zu acht Kilometern bekämpfen kann. Laut russischen Angaben sollen KI-Systeme der Crew beim Zielen der Hauptwaffe helfen, laut Angaben des staatlichen russischen Technologieunternehmens Rostec reiche es schon aus, wenn der Schütze ein Ziel nur ungefähr anvisiert, den Rest würde das System selbst kalkulieren.

Im Gegensatz zu anderen russisch/sowjetischen Kampfpanzern wie dem T-72 und T-90 ist der Armata deutlich größer. So ist die Wannenlänge um 178 Zentimeter gewachsen, während das Turmdach um 32 Zentimeter höher liegt. Zum Schutz vor anfliegenden Geschossen soll der T-14 über ein sogenanntes Hardkill-System vom Typ "Afganit" verfügen. Dabei werden aus außen angebrachten Werfern Granaten abgefeuert, die feindliche Geschosse bekämpfen.

Nur eine Handvoll sind einsatzbereit, wenn überhaupt

All diese auf dem Papier fortschrittliche Technik kostet auch: So dürfte der Stückpreis eines Armata bei rund 5,7 Millionen Euro liegen. Um diesen Preis bekommt die russische Armee drei Kampfpanzer vom Typ T-90. Hergestellt wird der T-14 von Uralwagonsawod, dem größten Panzerhersteller der Welt. Hier werden auch gleichzeitig die älteren Modelle T-72 und T-90 produziert.

Die erheblichen Kosten, die bereits erwähnten Schwierigkeiten in der Produktion und die westlichen Sanktionen dürften die Pläne der russischen Streitkräfte, den Armata ins Feld zu führen, durchkreuzt haben. Bis 2020 sollten 80 Prozent der russischen Panzertruppen mit T-14 Armata ausgestattet sein, was etwa 2.800 Panzern entspricht.

Westliche Nachrichtendienste gehen aber davon aus, dass nur eine Handvoll T-14 Armata überhaupt existieren. Auf einem Propagandavideo der russischen Streitkräfte sind acht Stück gleichzeitig zu sehen – ob es sich dabei um echte einsatztaugliche Panzer oder Versuchsmodelle handelt, ist aber unklar.

Experten zweifeln

Auch das britische Verteidigungsministerium geht davon aus, dass der T-14 nur in vernachlässigbaren Mengen zur Verfügung steht. Seit Dezember wurden die angeblichen Superpanzer in einer Ausbildungsstätte im Süden Russlands gesichtet.

"Der Einsatz des T-14 ist für Russland wahrscheinlich eine Entscheidung mit hohem Risiko. Die elfjährige Entwicklungszeit des Programms wurde durch Verzögerungen, die Reduzierung der geplanten Flottengröße und Berichte über Herstellungsprobleme beeinträchtigt. Eine zusätzliche Herausforderung für Russland ist die Anpassung seiner Logistikkette an den T-14, da er größer und schwerer ist als andere russische Panzer", heißt es in dem Bericht. "Sollte der T-14 tatsächlich in der Ukraine eingesetzt werden, dann nur aus Zwecken der Propaganda", so das Verteidigungsministerium abschließend.

Ähnlich skeptisch fällt auch die Einschätzung von Ralf Raths, dem Direktor des Deutschen Panzermuseums Munster, in einem Interview mit T-Online aus: "Der Armata ist bislang nur vor den Fernsehkameras hin und her gerollt. Deswegen kann auch niemand im Westen etwas Genaueres über ihn sagen. Wenn wir nun aber den Umstand betrachten, wie sich alle Welt über den wahren Zustand der russischen Armee getäuscht hat, ist so gut wie nichts unmöglich. Wladimir Putins 'Superpanzer' könnte eine Luftnummer sein." (Peter Zellinger, 2.2.2023)