"Ich bin seit 40 Jahren in dem Geschäft. Angefangen habe ich als Lehrling bei der Firma Reckzügel am Stephansplatz. Ich kann mich gut erinnern. Beim Vorstellungsgespräch war mein Papa mit. Das Geschäft dort existierte bereits eine Ewigkeit, ehe es 1993 zugesperrt hat. Seit 30 Jahren arbeite ich hier in der Wollzeile im ersten Bezirk.

Mit einer Minipause. Ende 2012 wurde das Geschäft wegen der Pensionierung der Eigentümer geschlossen, und ich musste mich auf Jobsuche begeben. Drei Monate später sperrte das Geschäft als Lackstätter Geschirr wieder auf, und man holte mich zurück an Bord.

Martina Nagler arbeitet seit 40 Jahren in dem Geschäft in der Wollzeile.
Foto: Michael Hausenblas

Klar war ich froh, ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, in irgendeinem Einkaufscenter beschäftigt zu sein. Ich fühle mich als Stadtkind. Seit vergangenem April arbeitet auch mein 22-jähriger Sohn Stefan hier. Er hat Einzelhandelskaufmann gelernt und war zuvor bei einem Elektrogroßhändler. Das mit dem Zusammenarbeiten haut gut hin, auch wenn es sich manchmal ein bisschen eigenartig anfühlt. Es ist schon etwas anderes, seinem Sohn zu sagen, er soll sein Zimmer aufräumen, oder aber, er soll bitte die Ware schlichten oder ins Lager räumen. Ob er auch 40 Jahre in der Branche bleiben wird? Schau ma mal. Auf jeden Fall, bis ich in Pension gehe

Vom Wok-Beserl bis zur Nudelmaschine

Es stimmt schon, die Dichte an Haushaltswarengeschäften im ersten Bezirk ist in der Tat hoch, allerdings waren es bis vor ein paar Jahren noch viel mehr. Die meisten haben geschlossen, weil die Inhaber keine Nachfolger gefunden haben. Ich mag die Branche noch immer sehr gerne. Besonders beratungsintensiv ist Kochgeschirr, vor allem Bratpfannen. Da ist schon Know-how in Sachen Material, Beschichtung et cetera vonnöten. Das gilt auch für Messer. Ich verkaufe allerdings alles gerne, vom Wok-Beserl bis zum Wasserkocher oder der Nudelmaschine. Es ist schwer zu sagen, wie viele Produkte wir lagernd haben. Aber an die 10.000 werden es schon sein, schätze ich.

Ich könnte nicht sagen, dass wir eine typische Kundschaft haben. Zu uns kommen seit Jahrzehnten sehr viele ältere Menschen, aber auch die Jungen finden ihren Weg hierher. Eine Familie kenne ich, da kommt mittlerweile schon der Enkel zum Einkaufen. Ich habe im Lauf meines Berufslebens auch schon einige Prominente bedienen dürfen. Sie wollen wissen, wen? Zum Beispiel die Prinzessin von Liechtenstein, den Bundespräsidenten Kirchschläger, Alfred Dorfer, Lilli Palmer, Udo Jürgens oder Hanno Pöschl. Auch die Susi Nicoletti. Ich tue eigentlich alles gerne, egal ob es um Beratung geht oder darum, neue Ware zu verräumen. Ach ja, besonders mag ich es, unser Schaufenster zu dekorieren.

Ich würde nicht sagen, dass sich die Kundschaft an sich verändert hat. Eher das Drumherum. Allein schon durch die starke Konkurrenz mittels Internethandel. Was sich für die Kundinnen und Kunden ebenfalls änderte, ist die mittlerweile unheimlich große Auswahl an Produkten. Das Angebot ist so riesig, dass sich die Orientierung immer schwieriger gestaltet. Die Frage, ob früher alles besser war, beantworte ich eindeutig mit nein. Aber es war einfacher. Ich weine den alten Zeiten nicht nach, aber es gestaltete sich deutlich einfacher zu verkaufen, weil, wie gesagt, der Überfluss im Angebot nicht derart groß war. Und hinzu kommt, dass auch die Mitbewerber vieles anbieten, was wir im Geschäft haben. Und umgekehrt. Früher setzte sich das Sortiment exklusiver zusammen." (Michael Hausenblas, 5.2.2023)