Verteidigt die Einreiseerlaubnis für russische Abgeordnete: Außenminister Alexander Schallenberg.

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Wut und Ekel packen einen, wenn man daran denkt, wen die österreichische Hauptstadt da in Kürze beherbergen könnte: Während Ukrainer und Ukrainerinnen unter den Bomben sitzen, während neue Gräber für Kriegsverbrechensopfer ausgehoben werden müssen, kommen unter Sanktionen stehende russische Einpeitscher in zwei Wochen zu einer Tagung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nach Wien. Die OSZE hat, wie andere internationale Organisationen, ihren Sitz hier.

Österreich hat mit ihnen, etwa auch der Uno oder der IAEA, Amtssitzabkommen: Das sind nicht nur bindende völkerrechtliche Verträge, sondern sie sind Teil der österreichischen Rechtsordnung, stehen im Bundesgesetzblatt. Sie sehen die Visumsvergabe an Angehörige von Mitgliedsstaaten der jeweiligen Organisation vor, wenn sie im Rahmen deren Arbeit nach Wien kommen. In diesem Fall zu einer offiziellen OSZE-Veranstaltung.

Bei der konkreten Konferenz – einem Treffen der Parlamentarischen Versammlung der OSZE – habe Österreich jedoch seine Möglichkeiten, die Russen draußen zu halten, nicht ausgeschöpft, meinen manche. Aus diesem Forum, in dem die nationalen Parlamente repräsentiert sind, kommt der stärkste Protest. Die Idee dahinter ist verständlich: Auch wenn die OSZE als Plattform, auf der Moskau auf Regierungsebene auftritt, weiter existiert, muss nicht auch das Gremium, in dem die direkten Volksvertreter sitzen, unberührt bleiben, sagen sie.

"Konflikte darüber, wer zu welchem Zwecke wo einreisen darf, sind keineswegs neu – vor allem am Uno-Sitz New York."

Ein Gutteil der Berufsdiplomatie sieht das anders – vor allem jener, der sich mit der multilateralen Politik in internationalen Organisationen befasst, im Unterschied zur bilateralen, direkten zwischen Staaten. Konflikte darüber, wer zu welchem Zwecke wo einreisen darf, sind keineswegs neu, vor allem am Uno-Sitz New York. Dort können die US-Behörden den Bewegungsradius unerwünschter Personen rund ums Uno-Gebäude einschränken: Das ist im kleinen Wien sinnlos.

Der letzte berühmte Fall war Irans Außenminister, dem die USA unter Donald Trump ein Visum verweigerten, einmal, andere Male nicht. Er hat wenig Aussagekraft. Trump hasste den Multilateralismus, für ihn gab es nur eine Weltordnung, jene mit den USA an der Spitze. Aber wir sind in Europa. Die OSZE – als KSZE in den finstersten Zeiten des Kalten Kriegs gegründet – mag einstweilen bei der ihr aufgetragenen Rolle der Umsetzung des "Minsker Abkommens" zwischen der Ukraine und Russland gescheitert sein. Aber wir brauchen sie weiter, auch wenn dafür unangenehme Regeln umgesetzt werden müssen. (Gudrun Harrer, 3.2.2023)