Österreichs Daviscup-Aufgebot in Rijeka – auf einer Treppe, nach leicht absteigender Bekanntheit: Kapitän Melzer, Superstar Thiem, Miedler, Novak, Erler und Rodionov.

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Die Kroaten haben sich für Rijeka als Standort für das Duell mit Österreich entschieden. Wie die ganze beeindruckende Hafenstadt an der Adria ist auch das Sportzentrum Zamet in den Hang gebaut, der unmittelbar hinter der Küstenlinie ansteigt. Die Plätze sind glücklicherweise nicht abschüssig, daher qualifizieren sie sich als Spielfeld für den Daviscup. Es geht um die Qualifikation für die Finalphase im Herbst, um den Eintritt in den Kreis der 16 besten Nationen im Männertennis.

Im Stadtmuseum von Rijeka war am Freitag der Zirkus los. Ein Artistenpaar erschien zur Auslosung, ein Mann mit einem Hut wie ein überdimensionierter Flaschenhals, eine Frau mit goldenem Umhang. Nur: Anstatt sich die Beine hinter den Nacken zu schieben oder eine Taube aus dem Ärmel zu zaubern, setzten sie sich einfach in die erste Reihe und schauten selig zu.

Die Auslosung ergab den Spielplan für das Wochenende: Am Samstag beginnt Dennis Novak gegen Borna Coric, gefolgt von Dominic Thiem gegen Borna Gojo. Am Sonntag folgen das Doppel Alexander Erler / Lucas Miedler gegen Ivan Dodig / Nikola Mektic sowie die zwei weiteren Einzel – falls nötig. Jenes Team, das zuerst drei Matches gewinnt, entscheidet das Duell für sich.

Vermarktungs-Hickhack

Dominic Thiem führt das Team von Kapitän Jürgen Melzer an. Er spielt zum ersten Mal seit dreieinhalb Jahren im Daviscup, dem zuletzt immer mehr Stars den Rücken kehrten. Melzer selbst sagte am Freitag im Stadtmuseum, er sei froh, dass sich seine Spieler die Zeit genommen hätten, mitzukommen: "Es ist nie einfach, den Daviscup in den Turnierplan zu nehmen."

Damit spricht er eine Entwicklung an, die in den vergangenen Jahren verstärkt wurde. Der Daviscup stand einmal für epische Matches, spannende Duelle, aufgebauscht von euphorischen Fans. 1990 feuerten 17.000 Zuschauerinnen und Zuschauer im Wiener Praterstadion "die drei Musketiere" an: Thomas Muster, Horst Skoff und Alexander Antonitsch begeisterten die Massen. Heute steckt der 1900 erstmals ausgetragene Daviscup in einer existenziellen Krise.

Die Investorengruppe Kosmos, mitbegründet vom ehemaligen spanischen Fußballstar Gerard Pique, investierte in den Tennissport. Im Sommer 2021 nahm diese Managementagentur Thiem als ersten Athleten unter Vertrag.

Lautstarker Protest

Bereits davor war Kosmos in den Daviscup eingestiegen. 2018 erwarb man die Vermarktungsrechte für die selbsternannte "Weltmeisterschaft im Tennis" und änderte das Format. Die beliebten Heim- und Auswärtsspiele wurden weitgehend abgeschafft, stattdessen fanden Matches häufig auf neutralem Boden statt. Der Protest war lautstark, auch wenn 71 Prozent der Mitglieder der International Tennis Federation (ITF) für die Veränderung stimmten. Die Folge: Fans und Topspieler blieben fern.

Anfang des Jahres übernahm der Weltverband ITF wieder die Kontrolle über den Daviscup. Offenbar hat sich Kosmos übernommen. Die Auszahlung der versprochenen Preisgelder vom vergangenen Jahr ist bis heute ausständig, heißt es. Der britische Tennisprofi Daniel Evans sagte am Rande der Australian Open: "Es war eine Frage der Zeit. Wir wurden ja ein bisschen zu gut bezahlt für gar nicht allzu viel Aufwand."

Die ITF kündigte an, rechtliche Schritte gegen Kosmos einzuleiten, doch da kamen ihr die Vertreter aus Spanien zuvor: Die Agentur Kosmos reichte ihrerseits bereits Klage gegen die ITF ein – wegen Vertragsbruchs. Kosmos stünden noch bis 2043 die Verwertungsrechte des Daviscups zu.

Thiem schmerzfrei

Österreichs Kapitän Melzer sagt, die ITF wisse wohl aktuell selbst gar nicht, wie es mit dem Daviscup weitergehen soll. "Jetzt hat sich vielleicht herausgestellt, dass nicht alles Gold war, was glänzte." Melzer will seine Ideen kundtun, das Gespräch mit der ITF suchen. Sein Ziel: den Daviscup wieder "dorthin bekommen, wo er hingehört, nämlich zu einem der geilsten Bewerbe, die es im Sport gibt."

In Rijeka ist Thiem Österreichs Nummer eins. Er verletzte sich im Jänner bei den Australian Open, zog sich bei einem Ballwurf zum Service im Match gegen den Russen Andrej Rublew einen Muskelfaserriss in der Rippengegend zu. Die Schmerzen seien weg, sagt Thiem nun. Überkopfbälle hätten ihm noch Probleme bereitet, die verschwanden in den vergangenen Tagen aber. "Ich bin jetzt komplett schmerzfrei, fühle mich wohl. Meine Schläge sind jetzt besser, mir fehlt aber der Rhythmus. Den bekomme ich nur, wenn ich Matches gewinne. Ich hoffe, ich fange jetzt damit an."

Die erste Partie bestreitet Dennis Novak, er trifft auf Borna Coric, die Nummer 23 der Weltrangliste. "Ich bin Außenseiter, keine Frage", sagt der ebenfalls 29-Jährige. "Wenn ich gut spiele, habe ich meine Chancen."

Bei Kroatien sagten Marin Cilic und Doppelspezialist Mate Pavic verletzt ab, die Hausherren gehen dennoch als Favorit in die Begegnung. Thiem sagt: "Wir sind gut drauf, werden alles dafür geben, das Finalturnier zu erreichen. Wenn wir es schaffen, dann bin ich auch wieder dabei." (Lukas Zahrer aus Rijeka, 4.2.2023)