Größenwahn und Format: Eine Zeitlang gelang Falco fast alles, später eher nicht mehr. Mit 40 Jahren starb er bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik.

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Bevor Sampling zum State of the Art wurde, galt im Pop: lieber gut geklaut als schlecht selber gebaut. Als 1981 Falcos Single Der Kommissar erschien, war nicht zu überhören, dass der im selben Jahr von Rick James veröffentlichte Smash-Hit Super Freak die Inspiration dafür gewesen sein musste. Wellen hat dieser Klau dann auch geschlagen: Der Kommissar läutete Falcos Weltkarriere ein, die nach kurzem Höhenflug eher provinziell verlief und am 6. Februar 1998 in der Dominikanischen Republik abrupt endete: Ein Bus rammte Falcos Wagen, der Popstar war sofort tot. Die Obduktion ergab, dass er zuvor dem Giftschrank maximal zugesprochen hatte. 25 Jahre ist das heute her, nur 40 Jahr alt wurde der Wiener Johann Hölzel.

Zu dem Anlass gedenkt die Erbmasseverwaltung seiner mit Wiederveröffentlichungen oder der Graphic Novel Falco – Leben und Sterben des Hans Hölzel von Arnulf Rödler. Im Online-Shop von Universal Music ist eine in Dunkel leuchtende 10-Inch-EP mit dem kurz nach seinem Tod veröffentlichten Out Of The Dark (Into The Light) erschienen. Den Song gibt es frisch remixt von DJ Olde, angekündigt wurde zudem ein Auftritt der "Original Falco Band" als Mitternachtseinlage beim heurigen Nova Rock. Uff.

Rausch, Gier und Populismus

Das Herzstück dieser Wiederveröffentlichungen ist aber eine als Dopple-CD oder Drei-Vinyl-Box erschienene Neuauflage des Falco-Debüts Einzelhaft von 1982. Damals von Robert Ponger produziert und heute von diesem remastert, war das Werk eine Punktlandung im Zeitgeist. Hölzel hatte damals schon eine Vergangenheit bei der Hallucination Company und Drahdiwaberl, konnte Sturm und Drang zumindest teilweise abhaken und war bereit für den nächsten Schritt.

Einzelhaft legte den Grundstein für eine Karriere, die Falco mit Rock Me Amadeus an die Spitze der US-Charts führen sollte und aus dem Hanse Hölzel den ersten österreichischen Superstar machte. Einen, der diese Rolle in einer Mischung aus Größenwahn und tatsächlichem Format erfüllte.

FalcoVEVO

Der Synthie-Pop mit den charakteristischen Gitarren-Applikationen der frühen 1980er-Jahre mag heute schmalhansig klingen, als Medium für Falcos neumodernen Sprechgesang funktionierte diese Mischung vorzüglich. Falcos Texte waren egozentrische Betrachtungen von oben herab. Es ging um Rausch (Ganz Wien), Gier (Hinter uns die Sintflut) oder Populistisches wie Nie mehr Schule.

Subsumieren ließ sich das unter einem Lebensgefühl, das mit dem lässig hingeschlenzten Gesang eine neue Zeit einläutete. Falco sonderte seine Texte auf Deutsch und Englisch ab, variierte und flanierte zwischen den Sprachen hin und her, sang, rappte und zuckte und japste.

Ingo Schmit

Wer die reflexartigen Verweise auf Falco angesichts der Band Bilderbuch verstehen möchte, muss dieses Album kennen. Dessen Erfolg war erstaunlich: Die Single Der Kommissar ging in Österreich und Deutschland an die Spitze der Charts, sogar die USA nahmen Notiz davon, das Album wurde in Kanada, Finnland, Italien, Spanien und Japan veröffentlicht, eine englische Version des Kommissars von der Band After the Fire landete in den US-Top-Ten.

King of the Hill

750.000 Alben soll Einzelhaft weltweit abgesetzt haben. Damit kolorierte Falco den weißen Flecken Österreich auf der Poplandkarte zumindest pastellfärbig. Sein Erfolg signalisierte einen Umbruch inmitten der New Wave und der Neuen Deutschen Welle. In der neuen Zeitrechnung konnte ein internationaler Popstar plötzlich aus Österreich kommen – Falco hat es vorgezeigt und vorgegeigt. Gleichzeitig signalisierten Lieder wie Der Kommissar oder Helden von Heute mit ihren Vorbildern Rick James und David Bowie, dass ihr Schöpfer wusste, was in der Welt passiert, und dass er daran nicht nur noch als Zaungast teilzunehmen gedachte.

Es war dies eine Prophezeiung, die Falco mit Rock Me Amadeus im Frühjahr 1986 selbst erfüllte. Der Song toppte die US-Charts. Der Narrische aus Wien war ganz oben. Größer konnte und sollte Falco nicht mehr werden. Den internationalen Erfolg vermochte er nicht mehr in dem Ausmaß zu wiederholen, für eine volle Donauinsel reichte es aber jederzeit. Er wurde von Trends überholt, später von privaten Problemen heimgesucht. Seine Veröffentlichungen wurden belanglos, das lässige Frühwerk wich aufgeblähten Produktionen, die Alben nach Falco 3 kann man vergessen. Einzelhaft aber umweht immer noch die Aura des Besonderen. (Karl Fluch, 6.2.2023)