Etwa 5.000 Planeten sind es inzwischen, die mit verschiedenen Teleskopen in anderen Sonnensystemen entdeckt werden konnten. Seit einigen Jahren ist klar, dass Planetensysteme im All keine Besonderheit, sondern die Regel sind. Es genügt, sich einen beliebigen Ausschnitt des Himmels anzusehen, wie es das speziell für die Exoplanetensuche gebaute Weltraumteleskop Kepler getan hat. Bis zu seinem Missionsende 2013 fand Kepler über 2.000 Signale, die auf die Existenz eines Exoplaneten hindeuten.

Erdähnlich sind nur wenige davon, die meisten sind Gasriesen wie Jupiter, oft extrem nah an ihrem Heimatstern. Doch inzwischen ist auch ein Dutzend Planeten bekannt, die sich in der sogenannten habitablen Zone befinden, in denen flüssiges Wasser existieren kann – nach heutigem Wissen ein entscheidender Faktor, um Leben auf Planeten zu ermöglichen.

So könnte die Oberfläche des neuen Exoplaneten aussehen, wenn es nach der Nasa und dem Künstler Daniel Rutter geht.
Bild: NASA/Ames Research Center/Daniel Rutter

Ein Beobachtungsprogramm mit dem Calar-Alto-Observatorium in Spanien konzentrierte sich speziell auf die Suche nach solchen lebensfreundlichen Planeten und wurde fündig.

Die Methode beruhte darauf, winzige Bewegungen von Sternen aufzuzeichnen. Sterne senden Licht in ganz bestimmten Frequenzen aus, was in der Astronomie seit Jahrzehnten dafür verwendet wird, ihre Bewegung zu messen. Bewegung einer Lichtquelle bewirkt bei einer Licht das, was das Vorbeifahren eines Rettungswagens mit dessen Sirene macht: Ihre Frequenz wird verschoben, was sich bei Licht als Farbänderung messen lässt.

Ein von einem Team des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg gebautes Instrument am Calar-Alto-Observatorium tut das so genau, dass der Schwerkrafteinfluss von Planeten um Sterne damit rekonstruiert werden kann und mit ihm die Größe und Entfernung des sonst unsichtbaren Planeten. Und kürzlich landete man einen Treffer, von dem nun eine Studie im Fachjournal "Astronomy & Astrophysics" berichtet.

Ein Jahr dauert 15,6 Tage

"Als wir die Daten des Sterns Wolf 1069 auswerteten, entdeckten wir ein deutliches Signal mit geringer Amplitude, das auf einen Planeten von etwa Erdmasse hindeutet", sagt Diana Kossakowski vom Forschungsteam. "Er umkreist den Stern innerhalb von 15,6 Tagen in einer Entfernung, die einem Fünfzehntel des Abstands zwischen Erde und Sonne entspricht."

Der Planet umkreist seinen Stern also auf einer engen Umlaufbahn, die bei unserer Sonne lebensfeindliche Bedingungen bedeuten würde. Doch Wolf 1069 ist ein Zwergstern mit wenig Leuchtkraft. Trotz seiner Nähe zum Stern erhält der Planet nur etwa 64 Prozent der Leuchtkraft, die die Erde von der Sonne empfängt. Die Forschenden gehen zudem davon aus, dass seine Rotation gebunden ist. Den Effekt kennen wir vom Mond: Der Planet wendet dem Stern immer die gleiche Seite zu.

Ob der Planet eine Atmosphäre besitzt, ist nicht bekannt. Es erscheint laut dem Team angesichts der Daten des Sterns aber plausibel. Für seine Lebensfreundlichkeit wäre eine Lufthülle aber notwendig: Simulationen ergaben, dass seine Temperatur ohne Atmosphäre selbst auf der Tagseite nicht über -23 Grad Celsius steigen würde. Bei Vorhandensein einer Atmosphäre wären aber 13 Plusgrade und damit flüssiges Wasser möglich.

Um tatsächlich gute Bedingungen für Leben zu ermöglichen, wäre außerdem ein Magnetfeld günstig, das vor dem kosmischen Pendent unseres hiesigen Sonnenwindes schützt. Dafür müsste er, wie viele andere Gesteinsplaneten, einen flüssigen Kern besitzen.

Eine Visualisierung des geplanten Extremely Large Telescope, das einen Spiegeldurchmesser von 39 Metern haben wird und derzeit in der chilenischen Atacamawüste gebaut wird.
European Southern Observatory (ESO)

Warten auf neues Superteleskop

Obwohl also viele Fragen offen bleiben, ist der neue Planet ein heißer Kandidat für die Suche nach Biosignaturen, also ungewöhnlichen Eigenschaften der Atmosphäre, die durch geologische Prozesse nicht zu erklären sind, allen voran das Vorhandensein von molekularem Sauerstoff. Die Anforderungen für diese Suche übersteigen allerdings bisher die technischen Möglichkeiten der aktuellen Teleskope. Die Forschenden setzen ihre Hoffnung in das geplante Extremely Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO. Doch dessen Fertigstellung verzögert sich, das Forschungsteam rechnet mit ersten Ergebnissen zu Biosignaturen frühestens in zehn Jahren. (Reinhard Kleindl, 6.2.2023)