Wer heuer monatlich maximal 500,91 Euro verdient, muss nicht mit dem Finanzamt teilen.

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Wien – Kellnern, in einem Geschäft aushelfen oder als Kurier Dinge von A nach B transportieren, all das sind typische Jobs für geringfügig Beschäftigte. Die hohe Inflation macht klarerweise auch vor Geringverdienern keinen Halt, weswegen eine Diskussion um deren Einkommen begonnen hat. Bis zu einer gewissen Höhe sind Einkommen in Österreich steuerfrei. Mit Jahresbeginn wurde diese erlaubte Zuverdienstgrenze auf 500,91 Euro angehoben, zuvor waren es 485,85 Euro. Das entspricht einem Plus von 3,1 Prozent. Viel zu wenig, wenn es nach den Unos geht, der Interessenvertretung der Neos in der Wirtschaftskammer.

"Die Erhöhung der Geringfügigkeitsgrenze hat zwar im üblichen Ausmaß von zwei bis drei Prozent stattgefunden, aber offenbar in völliger Ignoranz der aktuellen Rahmenbedingungen", sagt Unos-Bundessprecher Michael Bernhard. Die außergewöhnlich hohen KV-Abschlüsse sowie die hohe Inflation müssten berücksichtigt werden. Er fordert daher eine per 1. Jänner rückwirkende Erhöhung der Geringfügigkeitsgrenze um zehn Prozent auf 534,44 Euro.

Früher Steuern zahlen

Durch die niedrigere Anpassung einerseits und die hohen KV-Abschlüsse andererseits ergibt sich eine etwas verzwickte Situation. Der Stundenlohn ist gestiegen, die Zuverdienstgrenze aber nicht im selben Ausmaß. Das bedeutet sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, dass schneller Abgaben anfallen. Es kann also sein, dass Menschen früher in die Pflichtversicherung rutschen.

Eine wie von den Unos geforderte Erhöhung ist in der Praxis allerdings nicht so einfach, da die Geringfügigkeitsgrenze nicht mit der Inflationsanpassung berechnet wird. Sie wird mit der sogenannten Aufwertungszahl angehoben, welche die durchschnittliche Lohnentwicklung widerspiegelt. Das passiert allerdings mit einer Verzögerung von drei Jahren. Die aktuellen Lohnabschlüsse würden also zeitlich verschoben berücksichtigt, heißt es im zuständigen Sozialministerium.

"Eine außertourliche Anhebung bringt zwei Probleme mit sich. Einerseits ist die Größenordnung schwer zu bemessen, andererseits kommt ohnehin die systemische Erhöhung", sagt Wolfgang Panhölzl von der Arbeiterkammer Wien. "Der Anhebungseffekt passiert später, zieht man ihn jetzt vor, kommt er dann doppelt. Das kann auch nicht das Ziel sein, eine einfache Lösung für dieses Problem gibt es nicht." Eine Gegenkorrektur 2025/26 wäre möglich, führe aber zu einer Verwirrung im System, langfristige Folgeeffekte müssten auf jeden Fall bedacht werden.

Mehr Geringfügige

Die Zahl der geringfügig Beschäftigten hat in den vergangenen Jahren jedenfalls deutlich zugenommen. Den Daten der Sozialversicherung zufolge gab es im Vorjahr rund 337.000 Kleinverdiener, im Jahr 2008 waren es etwas mehr als 250.000. Als geringfügig beschäftigt gilt, wer bei regelmäßiger Beschäftigung (ein Monat oder unbestimmte Zeit) nicht mehr verdient, als die Geringfügigkeitsgrenze erlaubt.

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) ist kein großer Fan dieser Entwicklung. Ende Dezember meinte er im STANDARD-Gespräch, dass er für die Diskussion offen wäre, die Geringfügigkeitsgrenze ganz zu streichen, sie führe zu Fehlanreizen. Das sieht man im Arbeitsministerium auch nach wie vor so. Das Ziel solle vielmehr sein, möglichst viele Menschen in vollversicherte Beschäftigungsverhältnisse zu bringen, sagt eine Sprecherin. Die Zuverdienstgrenze hätte auch ein zentraler Punkt in der Arbeitsmarktreform werden sollen, bekannterweise scheiterte dieser aber.

Auch die Unos würden Menschen lieber in Voll- oder Teilzeitstellen sehen, ihre Forderung soll eher bei einem Nebenjob während des Studiums helfen: "Es geht uns nicht um den Zuverdienst für Arbeitslose – der sollte eingeschränkt werden. Schließlich muss es das Ziel sein, dass arbeitslose Personen möglichst rasch wieder in ihrem früheren Beschäftigungsausmaß in den Arbeitsmarkt integriert werden", sagt Unos-Sprecher Bernhard. (Andreas Danzer, 6.2.2023)