Georgij Makazaria hat die Band Russkaja aufgelöst.

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Am Wochenende wurde bekannt, dass sich die heimische Band Russkaja wegen des anhaltenden Kriegs Russlands gegen die Ukraine auflösen wird. In einem Statement erklärte die Band um Sänger und Schauspieler Georgij Makazaria ihre Gründe. Von Shitstorms war die Rede, von Drohungen und Anfeindungen.

Doch die Shitstorms lassen Makazaria kalt: "Man hat mir schon im Herbst gesagt, als unsere ersten Singles für das neue Album veröffentlicht wurden, ich solle die Kommentare besser nicht lesen. Das hab ich auch nicht getan, die interessieren mich nicht."

Die Gedanken an eine Auflösung der beliebten Live- und Showband bei der Satireshow Willkommen Österreich kamen ihm bereits am 24. Februar des Vorjahres. "Als die Russen die Ukraine überfallen haben, wusste ich, das war es jetzt mit uns. Wahrscheinlich haben wir zu langsam reagiert, aber wir waren damals gerade in den USA auf Tour und dachten, vielleicht ist es wirklich nur eine Spezialoperation und bald wieder vorbei."

Abgesagte Tour

Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Gewisse Zeilen aus beliebten Songs erhielten plötzlich eine neue makabre Bedeutung, manches sang Makazaria anders, aber es ging nicht. "Ich habe keinen Spaß mehr dabei. Unsere Musik spielt ja mit russischen Klischees, mit den Pelzmützen, den Sternen und dergleichen. Aber das ist alles vom Krieg überschattet und vereinnahmt."

Die Auflösung der Band ist intern nicht unumstritten, eine Tournee, die das neue Album präsentieren sollte und die Band bis nach England oder Irland geführt hätte, wurde abgesagt.

Dass Russkaja mit ihrer stilistischen Ausrichtung zwischen Punk, Polka und Ska seit ihrer Gründung 2005 für das Gegenteil von Nationalismus und Gewalt stand, haben Netzberserker nicht kapiert.
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Georgij Makazaria ist die Schwere der Entscheidung im Gespräch mit dem STANDARD anzumerken. Der 1974 in Moskau geborene Musiker kam 1989 nach Wien und hat neben der Band noch andere Projekte laufen, etwa den Gentlemen Music Club, in dem er letzte Woche im Wiener Konzerthaus den Schauspieler Cornelius Obonya empfing.

Ost-Boom und Russendiskos

Dass Russkaja mit ihrer stilistischen Ausrichtung zwischen Punk, Polka und Ska seit ihrer Gründung 2005 für das Gegenteil von Nationalismus und Gewalt stand, haben Netzberserker nicht kapiert. Russkaja entstanden aus einem Trend, den von Russland nach Westeuropa emigrierte junge Leute ausgelöst hatten. Sogenannte Russendiskos waren beliebte Partyziele, der Autor Wladimir Kaminer landete mit seinem später verfilmten Roman Russendisko im Jahr 2000 einen Besteller. Alle Zeichen standen stets auf Verbrüderung – aus diesem Gefühl heraus ist Russkaja entstanden.

Was Makazaria in all der Trauer freut, ist, dass Willkommen Österreich ihnen die Treue hält, umgekehrt verhält es sich genauso. Makazaria: "Das ist ja unser Day-Job gewissermaßen, und die Jungs sind immer zu uns gestanden. Ich habe ihnen ein Konzept vorgelegt, wie wir weitermachen können. Man muss ja alles neu überdenken. Den Namen, die Garderobe, alles." Mit welchem Namen Dirk Stermann die Band am Dienstagabend vorstellen wird, ist noch nicht klar.

Klar ist für Makazaria nur, dass Russkaja selbst dann nicht weitermachen könnten, wenn der Krieg morgen vorbei wäre: "Es wird Generationen dauern, bis dieses Blut wieder abgewaschen ist." (Karl Fluch, 6.2.2023)