Die Altbaumieten werden im April um 8,6 Prozent angehoben – wenn nicht noch politisch eingegriffen wird. Zahlreiche Organisationen fordern einen Stopp der Anhebung dieser Richtwertmieten, und auch die Bundes-SPÖ drängt vehement darauf, dass die Mieten generell bis 2025 eingefroren werden sollten.

Neu vergeben werden Gemeindewohnungen zu einem Richtwert von 6,15 Euro – noch.
Foto: Putschögl

Doch die SPÖ gerät bei diesem Thema auch mit schöner Regelmäßigkeit in die Bredouille. Denn auch in den Gemeindebauten der SP-geführten Stadt Wien gelten die Richtwerte – und hier wird die Anhebung wohl durchgeführt werden. Sie beruhe nun einmal "auf einer bundesgesetzlichen Materie", betont man im Büro der Wohnbaustadträtin Kathrin Gáal. Man nehme Bundesgesetze ernst, dementsprechend werden die Mietanpassungen auch durchgeführt, sagt ein Sprecher von Gáal. Jedoch: "Die Stadt Wien geht davon aus, dass der Bund seine Verantwortung wahrnimmt und bis 1. April eine Lösung findet, um eine Deckelung der Anhebung zu erreichen."

Man will also nicht selbst eingreifen, "erwartet" aber andererseits, dass die Bundesregierung das tut – was dann auch für private Altbauwohnungen gelten würde. Was die FPÖ wenig charmant "Schizophrenie" nennt, will man bei der Wiener SPÖ aber differenziert betrachtet wissen. Die Gemeindebaumieten seien ohnehin niedrig, genau genommen sind sie nach den ausfinanzierten Genossenschaftswohnungen das zweitniedrigste Segment am Wiener Mietwohnungsmarkt. Neu vergeben wird bei Wiener Wohnen zum reinen Richtwert von aktuell 6,15 Euro pro Quadratmeter, es kommen also keine Zuschläge dazu, die das Richtwertsystem im privaten Altbau hergeben würde. Das heißt aber auch, dass es zu erheblichen Abweichungen kommen kann zwischen zwei fast identen Häusern.

Gemeindebauten in bester Lage

Besonders krass beobachten lässt sich das im ersten Bezirk, wo es neben den bundesweit höchsten Mieten auch ein paar Gemeindebauten gibt. Etwa auf dem Rudolfsplatz; hier stehen zwei auf den ersten Blick ähnliche Häuser nebeneinander, klassische Nachkriegsbauten mit schmuckloser Fassade und französischen Balkonen, eines weiß, eines gräulich.

Gemeindebau (rechts) neben Eigentum (links): Im ersten Bezirk prallen in bester Lage ganz unterschiedliche Welten aufeinander.
Foto: Zoidl

Der große Unterschied ist: Das eine Haus ist ein Gemeindebau. Im anderen befinden sich Eigentumswohnungen, die ganz ohne Beschränkung vermietet werden können – also zu einem Mietpreis, den der Markt eben hergibt. In dieser Top-Lage kann locker das Dreifache des Richtwerts verlangt werden, und sogar im eigentlich preisgedeckelten privaten Altbau sind die Mieten hoch – der massiv gestiegene Lagezuschlag macht es möglich. "Warum soll die Inflationsanpassung in den teuren Häusern durchgeführt werden dürfen, im günstigen Gemeindebau aber nicht?", so lautet die Erzählung in der SPÖ.

Hoffnung auf den Bund

Neben der FPÖ fordern auch die Wiener Grünen ein Aussetzen der Mietanhebung im Gemeindebau – und auch sie setzen ihre Hoffnungen eher auf eine bundesweite Regelung, die sich mittlerweile, wie berichtet, abzeichnet. Die Grünen gehören bekanntlich immerhin der Bundesregierung an.

Georg Prack, Wohnbausprecher der Wiener Grünen, stellt auch die Frage, "warum der Gemeindebau es nicht schafft, so gut zu wirtschaften wie die Gemeinnützigen", und weist darauf hin, dass bis vor rund zehn Jahren bei Neuvermietungen zehn Prozent vom Richtwert abgezogen wurden, es also keineswegs immer üblich war, den aktuellen Richtwert eins zu eins an die Mieterinnen weiterzureichen.

Einen solchen Abschlag vom Richtwert gibt es auch bei den Grazer Gemeindewohnungen, er beträgt mehr als 40 Prozent, allerdings auch deshalb, weil der steirische Richtwert mit 8,49 Euro weitaus höher liegt als der Wiener. Graz hat im Vorjahr die Richtwertanhebung nicht mitgemacht, und grundsätzlich wünscht man sich auch dort, "dass der Bund der Erhöhung einen Riegel vorschiebt", sagt Georg Fuchs, Sprecher der Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ). Falls das nicht passiert, dürfte man aber auch in Graz heuer nicht die gesamte Erhöhung abfedern. "Wir müssen die Kosten darstellen, die auch für Hauseigentümer gestiegen sind. Aber sicher nicht im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß." Auf eine genaue Zahl könne man sich noch nicht festlegen, die Erhöhung soll "möglichst gering" ausfallen.

Abwarten in Innsbruck

Auch in Innsbruck wartet man bezüglich einer Anpassung der Mieten in den rund 17.000 Stadtwohnungen auf eine Entscheidung des Bundes. Ähnlich wird das in Linz gehandhabt, wo rund 3800 Gemeindewohnungen dem Richtwert unterliegen. In Spittal an der Drau wurde die Miete für die 920 Gemeindewohnungen im Vorjahr per einstimmigem Beschluss des Gemeinderats eingefroren, er gilt bis 2024. "Die Selbstkosten hereinbekommen", nach diesem Prinzip werde bei der Vermietung vorgegangen, erklärt Gerhard Klocker vom Spittaler Magistrat.

Man vermiete nach Kategorien und bleibe dabei sogar etwas unterhalb der Kategorie A. In Klagenfurt mit seinen 3128 Gemeindewohnungen sei "seitens der Stadt keine Mieterhöhung geplant", teilt ein Sprecher mit. In den 578 Richtwert-Wohnungen werde aber angehoben, "das gibt die Regulative vor und ist leider unumgänglich".

Sehr uneinheitliche Vorgangsweisen also; Mieten sind eben auch ein Politikum. Eine Erhebung der Statistik Austria sollte zu denken geben: Demnach ist der Anteil jener, die künftig Zahlungsschwierigkeiten befürchten, im Gemeindebau am höchsten. Bei der Stadt betont man, dass "niemand zurückgelassen" werde, Mieterschutzorganisationen verzeichnen keine vermehrten Anfragen aus dem Gemeindebau. Noch sind die Briefe mit der Mieterhöhung auch nicht abgeschickt. (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 7.2.2023)