Ärztekammerpräsident Johannes Steinhart sagt bezüglich der Affäre um die Equip4Ordi, er habe stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.

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Wien – Das Rumoren wegen einer Affäre um eine Tochterfirma der Wiener Ärztekammer wurde immer lauter in der Standesvertretung, aber ihr Präsident Johannes Steinhart hatte so gut wie nichts dazu gesagt – bis Dienstagfrüh. Da zitierte die APA aus einem Brief Steinharts an alle Wiener Ärztinnen und Ärzte, in dem er ausführlich Stellung nahm zu seiner Rolle in der Causa rund um Verfehlungen in der Firma Equip4Ordi, einer Tochter der Ärztekammer. Kurze Zeit später beantwortete Steinhart auch schriftlich Fragen des STANDARD. Mehr als eineinhalb Wochen hatte es gedauert, bis Steinhart zu der Causa Stellung bezog.

Der Kammerchef ist in der Sache in einer brenzligen Lage, da es um Vorgänge in einer Firma geht, die ihn in seiner vorigen Funktion als Obmann der Kurie für niedergelassene Ärzte betreffen. Der nunmehrige Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer versichert, dass er "ausdrücklich und kompromisslos" dazu stehe, die Vorwürfe aufzuklären. "Wir haben deshalb diese Angelegenheit an die Staatsanwaltschaft zur Prüfung weitergeleitet. Gleichzeitig wird eine Untersuchung aller Tochtergesellschaften durch renommierte Wirtschaftsprüfer in Auftrag gegeben", teilte Steinhart mit. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits, wie eine Sprecherin dem STANDARD bestätigte und wie zuvor schon "Kurier" und "Dossier" berichtet haben.

Die Equip4Ordi ist eine ausgelagerte Tochtergesellschaft der ärztliche Not- und Bereitschaftsdienst Errichtungsges.m.b.H., deren Alleineigentümerin wiederum die Kurie der niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer Wien ist. Die Firma soll als Einkaufsplattform für Ärztinnen und Ärzte dienen und sie kostengünstig und serviceorientiert mit Ordinationsbedarf versorgen.

Drei Beschuldigte laut Anzeige

Zum laufenden Verfahren gibt die Staatsanwaltschaft keine Details bekannt, allerdings liegt dem STANDARD die Anzeige von Ende Jänner vor, die von der Anwaltskanzlei Wolf Theiss für die Kurie der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer verfasst wurde. Aus dieser Anzeige geht hervor, dass Kredite in Millionenhöhe ohne die notwendigen Beschlüsse aufgenommen und vergeben worden seien.

Es soll ein Kredit über drei Millionen Euro zu damals marktunüblichen Konditionen (mit vier Prozent Verzinsung) bei einer Firma aufgenommen worden sein, deren Besitzer auch für Equip4Ordi tätig gewesen sei. Und es seien Auszahlungen von Prämien ohne wirtschaftliche Rechtfertigung geschehen (die unter Vorbehalt in der Zwischenzeit wieder zurückgezahlt worden seien) sowie eine überhöhte Gewinnbeteiligung festgelegt worden. Der Anzeige nach gibt es drei Beschuldigte. Sie wurden laut Kammer alle entlassen. Gegen zwei stehe der Vorwurf der Untreue im Raum, gegen eine Person der Verdacht der Begünstigung, wobei für alle die Unschuldsvermutung gilt.

Passiert sein sollen die Malversationen bei der Equip4Ordi GmbH noch in der Zeit, als der nunmehrige Ärztekammer-Präsident Steinhart Obmann der Kurie für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte war. In seinem Brief an die Wiener Ärzteschaft sichert Steinhart den Kolleginnen und Kollegen zu, dass er sich "persönlich immer nach bestem Wissen und Gewissen verhalten habe". Grundsätzlich wies Steinhart auf Nachfrage auch darauf hin, "dass die Equip4Ordi in der Zeit, als ich Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte war, nach einer Startphase, die jedem Start-up gewährt wird, im Jahr 2021 positiv bilanziert hat".

Aktennotiz zu Besprechung

Die Rechercheplattform Dossier berichtete, dass Steinhart einer Aktennotiz zufolge bei einer Besprechung im Februar 2021 anwesend gewesen sei, bei der Geldflüsse rund um Eqip4Ordi erörtert worden seien. Dazu könne er aus rechtlichen Gründen keine Stellung beziehen, teilte Steinhart mit, auf das laufende Verfahren verweisend.

Die Sinnhaftigkeit der Equip4Ordi als Serviceeinrichtung für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte stehe grundsätzlich für ihn aber "außer Zweifel", teilte Steinhart weiter mit. Die Firma sei "sehr bewusst als ausgelagerte GmbH gegründet worden", damit sie professionell geführt werde und die Ärztekammer keine kaufmännischen Risiken trage. Es stecke zudem "kein Cent von Kammerbeitragsgeldern der Ärztinnen und Ärzte" in der Gesellschaft. Da die Geschäftsführung an Manager übertragen und ein Beirat mit Kontrollaufgaben und später eine Holding mit entsprechenden Funktionalitäten etabliert worden sei, sei er als damaliger Kurienobmann "davon ausgegangen, dass professionelle Standards eingehalten werden".

Negativer Cashflow fiel auf

Aufgefallen sind die Unregelmäßigkeiten in der Equip4Ordi Steinharts Nachfolger als Obmann der Kurie für niedergelassene Ärzte, Erik Randall Huber. Ihm sei ein sehr hoher negativer Cashflow untergekommen, für den er "keine nachvollziehbare Erklärung" erhalten habe, wird in der Anzeige skizziert. Warum hatte Steinhart zuvor noch nichts bemerkt? Im Jahr 2021 habe Equip4Ordi noch positiv bilanziert, gibt Steinhart – wie oben erwähnt – an. Im Frühling 2022 fand die Wiener Ärztekammerwahl statt. Vergangenen Herbst seien Huber erste Informationen über "ein wahrscheinlich negatives Ergebnis" im Geschäftsjahr 2022 aufgefallen und Huber habe dann sofort ein Durchleuchten in die Wege geleitet, teilt Steinhart mit.

Kurienversammlung am Montag

Am Montagabend kommender Woche wird die Kurie der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte der Wiener Kammer sich zu einer außerordentlichen Versammlung treffen, um die Causa zu besprechen. Huber sagte dem STANDARD, er bereite für die Sitzung mehrere Anträge vor. Unter anderem sei er dafür, dass in den Beiräten, die Vorgänge in den Tochterfirmen überwachen sollen, künftig auch Wirtschaftsprüfer sitzen. Außerdem sei es ihm ein Anliegen, die Kolleginnen und Kollegen, die in Beiräten sitzen, zu schulen. Und man sei dabei, abzuklären, wie und in welcher Höhe auf zivilrechtlicher Basis die Kammer Schadenersatzforderungen geltend machen könne. Auch das werde bei der Sitzung ein Thema sein.

Weiters könnte laut Huber am Montag das Einsetzen eines Untersuchungsausschusses diskutiert werden. Er habe da bereits Stimmen vernommen, dass ein solcher gefordert werden könnte. "Ich würde das dann voll unterstützen", sagt Kurienobmann Huber. Steinhart sichert ebenfalls Unterstützung für einen kammerinternen Untersuchungsausschuss zu, "wenn dieser von den Mandataren gewünscht wird". (Gudrun Springer, 7.2.2023)