Alexis Piturault fährt seit dem März 2021, als er in Lenzerheide den Riesentorlauf gewann, einem Sieg hinterher. Dennoch zählt er neben Clement Noël, Johan Clarey und Tessa Worley zu Frankreichs Hoffnungen.

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Mag sein, dass es einen Fischer in Saint-Tropez an der Côte d’Azur nicht wirklich juckt, aber in den Bergen Savoyens würde nicht nur Mineral kredenzt, wenn Lokalmatador Alexis Pinturault just bei der Heim-WM zu jener Verfassung zurückfindet, die ihn zu einem der erfolgreichsten Skirennläufer reifen ließ.

Eine Traumkarriere inkludiert jedoch nicht selten auch Enttäuschungen. "Meine letzte Saison war die schlimmste bis jetzt", sagt der 31-jährige Franzose. Er hatte im Sommer eine längere Pause eingelegt, nicht angeschnallt, sondern überlegt, wie es weitergehen soll. Ein Reset musste her. Danach tüftelte Pinturault mit seiner Skifirma Head am Material, um wieder zurück an die Spitze zu finden. Er wolle wieder Spaß haben und neue Motivation für seine sich dem Ende zuneigende Karriere finden.

Der Plan ist vorerst nicht aufgegangen, nicht selten stand er diese Saison mit seiner als Managerin und Betreuerin fungierenden Gemahlin Romane Faraut, die früher auch Rennen bestritt, nachdenklich im Ziel. Auch wenn ein vierter Platz im Riesentorlauf von Alta Badia und ein dritter Platz beim Super-G in Beaver Creek Grund zur Hoffnung geben, an Marco Odermatt und Aleksander Aamodt Kilde gibt es letztlich kein Vorbeikommen. Und mit der Abschaffung der Kombination im Weltcup wurde Pinturault zusätzlicher Chancen beraubt. Allerdings gibt es seitens der Weltverbands Fis Pläne, den vernachlässigten Bewerb als Speed- sowie Technikkombi wiederzubeleben.

Schwächeperiode

Im Herbst seiner Karriere wartet der Kombinationsweltmeister von 2019 nun seit bald zwei Jahren auf einen Sieg. Seit dem Erfolg im Riesentorlauf beim Weltcupfinale in Lenzerheide 2021 landete er nur dreimal auf dem Podest. Zu wenig für den Anspruch des Franzosen, der am Dienstag in der Kombination (elf und 14.30 Uhr, ORF 1) vor seiner Haustüre nachholen kann, was ihm in Cortina d’Ampezzo verwehrt geblieben war: erneut Weltmeister in der Kombi zu werden. 2021 schnappte ihm Marco Schwarz um vier Hundertstel Gold weg. Im Riesentorlauf rutschte er als Führender nach dem ersten Lauf aus.

Aufgewachsen ist Pinturault in der Nobelherberge seines Vaters Claude in Courchevel. Mittlerweile führt seine Schwester Sandra das Fünfsternehotel Annapurna in dritter Generation. Wollen sich etwa zwei Erwachsene mit zwei Kindern Anfang April für eine Woche einquartieren, dürfen sie nicht mit einem Schnäppchen rechnen, müssen für ein 47 Quadratmeter großes Zimmer 9500 Euro hinblättern. Mehr Platz bietet etwa die dreimal so große Suite Everest, sie wäre um 28.500 zu haben.

Gleich hinter dem Elternhaus wurde Alexis als Zweijähriger erstmals auf Ski gestellt, erst mit 16 hat er sich gegen eine erfolgversprechende Karriere als Fußballer entschieden. Mit 17 debütierte er 2009 beim Saisonfinale in Åre im Weltcup, nachdem er davor bei der Junioren-WM in Garmisch-Partenkirchen überraschend Gold im Riesentorlauf vor den Österreichern Björn Sieber und Marcel Hirscher gewonnen hatte. Sein erster Sieg im Weltcup gelang ihm 2012 bei einem Parallelrennen in Moskau.

Podestabonnement

Sein Stil ist elegant und seine Technik auf höchstem Niveau. Nicht von ungefähr hat der Allrounder im Weltcup 34 Siege in fünf Disziplinen gefeiert und zudem 75 Podestplatzierungen geholt. Obwohl er im Riesentorlauf gegen Hirscher immer wieder auch den Kürzeren zog, hat Pinturault in seiner Paradedisziplin 18 Erfolge verbucht. Bislang gewannen nur der Schwede Ingemar Stenmark (46), Hirscher (31), Ted Ligety (24) aus den USA und der Schweizer Michael von Grünigen (23) öfter. Im Zeichen der fünf Ringe blieb der große Erfolg aus, auch wenn er 2017 sein Training vermehrt nach Salzburg verlegte, nachdem er sich mit dem französischen Verband wegen der Trainingsmöglichkeiten überworfen hatte. Bei Olympia in Sotschi 2014 hatte Pinturault im Riesentorlauf ebenso Bronze geholt wie in Pyeongchang 2018, wo er zudem Silber in der Kombi gewann, während Hirscher jeweils Gold abstaubte. Peking 2022 (Elfter im Super-G) war keine Reise wert.

Erst in der zweiten Saison nach Hirschers Rücktritt war ihm 2020/21 ein Erfolg im Gesamtweltcup vergönnt, davor war er schon zweimal Zweiter und dreimal Dritter gewesen. Im Jahr davor wurde er durch den Corona-bedingten Saisonabbruch um die Chance gebracht, Kilde im Duell um großes Kristall noch abzufangen.

Pinturault hat auch einen Super-G (2014 in Lenzerheide) gewonnen, er brauche "den Speed, um Spaß zu haben". Die technischen Disziplinen allein wären ihm zu "langweilig". (Thomas Hirner aus Courchevel, 6.2.2023)