Ballorganisator Milan Vidović vor einer Wandmalerei im Serbischen Zentrum mit dem Westtor von Belgrad. Er und sein Team stellen den Ball ehrenamtlich auf die Beine.

Foto: Robert Newald

Der Dresscode ist klar: Trachten sind auf dem Heiliger-Sava-Ball, wie der Ball der Serben in Wien mit vollem Namen heißt, unerwünscht. Für ein Event, bei dem eine Community ihre Kultur feiert, mag das erst ungewöhnlich erscheinen. Auf den zweiten Blick ergibt es aber Sinn.

Denn das Ziel der Ballveranstalter ist es, Facetten des Serbischen in den Vordergrund zu rücken, die meist etwas untergehen. In Wien seien viele Kulturvereine zu finden, die sich mit Folkloretanz in Tracht beschäftigten, sagt Milan Vidović. "Es gibt aber noch so viele andere Aspekte serbischer Kultur, die kaum repräsentiert werden." Vidović ist Cheforganisator des Sava-Balls und engagiert sich in Wien-Neubau in der Kulturinstitution Serbisches Zentrum. Dieses hat es sich zur Aufgabe gemacht, alternative kulturelle Seiten wie serbische Filme, Theater oder Literatur zu befördern. Eine Bühne dafür soll der Sava-Ball sein.

Experiment Publikumsquadrille

Dieser kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Treibende Kraft dahinter war der Exilserbe und Fürst Miloš Obrenović, der im 19. Jahrhundert nach Machtkämpfen mit dem Osmanischen Reich in Wien Zuflucht gefunden hatte. "Damals lebten viele Angehörige der serbischen Elite in Wien. Die erste serbische Zeitung wurde deshalb in Wien gedruckt, das serbische Alphabet wurde hier entwickelt. Die Verbindung ist also nicht erst mit dem Gastarbeitertum entstanden", sagt Vidović.

Um die Community mit dem gehobenen Wien zu vernetzen, initiierte Obrenović den Ball. Bei Johann Strauß Sohn ließ er passende Musik dafür komponieren. Und so wurde 1846 am ersten Wiener Slawenball die Serben-Quadrille uraufgeführt. Bei der heurigen Ausgabe am 10. Februar wird mit dem Stück ein Experiment gewagt: Erstmals sind die Gäste aufgerufen, die Quadrille mitzutanzen.

Blauer Besuch

Und es gibt noch mehr Neuerungen. Fand der Ball zuletzt im Parkhotel Schönbrunn statt – der größte mit 700 Gästen im Jahr 2019 –, wurde für die Neuauflage nach Corona eine opulente Location auserkoren: die Hofburg. Der Großteil der 1500 Karten sei bereits verkauft, sagt Vidović. Ein Promi, mit dessen Kommen in der Community gerechnet worden war, dürfte aber doch nicht zugeschlagen haben: Sebastian Kurz. Der Altkanzler werde entgegen anderslautender Gerüchte "nicht am Serbenball sein", heißt es aus seinem Büro.

Dafür haben sich seitens FPÖ gleich zwei Vertreter angekündigt: der Wiener Parteiobmann Dominik Nepp und Klubchef Maximilian Krauss. Die Präsenz der Freiheitlichen hat Tradition, einst war Heinz-Christian Strache Gast. Er war es auch, der das politische Werben um die Serben quasi erfand: Demonstrativ ließ er sich mit dem Gebetsarmband der Orthodoxen ablichten. Allein in Wien leben 100.828 Serbischstämmige, sie sind die größte Zuwanderergruppe. Strache versuchte, in diesem Wählerpotenzial zu punkten – mit seiner Mission, das christliche Abendland zu retten. Damit der Serbenball nicht zwischen politische Fronten gerät, halten es die Organisatoren so: Alle Parteien sind eingeladen, Ansprachen sind nicht erlaubt.

Djoković-Gattin zu Besuch

Nach dem Heiligen Sava – seines Zeichens erster serbischer Erzbischof – getauft wurde der Ball übrigens 1998, als die Veranstaltung, die zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten war, wiederbelebt wurde. Die zeitliche Nähe des Balltermins zu den Feierlichkeiten, die rund um den Todestag des Heiligen Sava am 27. Jänner in Serbien stattfinden, bescherte der Veranstaltung ihren Namen. Bei der Premiere in der Hofburg wird das Ballett des Nationaltheaters in Belgrad tanzen. Ebenso geplant ist eine Auktion mit Kunstwerken zugunsten der karitativen Novak-Djoković-Foundation: Jelena Djoković, die Frau des serbischen Tennisstars, wird dafür zugegen sein. Wert gelegt wird auf nationaltypische Bewirtung: Zu trinken gibt es serbischen Wein und Sliwowitz. Und auch Tracht hat im Programm ihren Platz: bei der Eröffnung mit Tanzgruppen. (Stefanie Rachbauer, 8.2.2023)