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Seit langem werden die Maßnahmen der Regierung zur Unterstützung von Unternehmen und privaten Haushalten ob ihrer geringen Treffsicherheit kritisiert. Die Zeiten staatlicher Unterstützungen per Gießkanne könnten nun aber vorbei sein.

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Die Rede ist von "Rekordzahlen", Österreich finde sich im "europäischen Spitzenfeld" wieder. Die Worte, die Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bei der Präsentation des Budgets 2022 verwendet, lassen die Ohren spitzen. Doch was zunächst durchaus positiv wirkt, entpuppt sich schnell als weniger erfreulich.

Zwar bescherte die Rekordinflation dem Staat vergangenes Jahr auch Rekordeinnahmen. Gleichzeitig aber gelangte noch mehr Geld, unter anderem durch flächendeckende Antiteuerungsmaßnahmen, wieder aus der Staatskasse hinaus. 111,4 Milliarden Euro an bereinigten Ausgaben – so viel zum europäischen Spitzenfeld – stehen 90,6 Milliarden Euro an Einnahmen gegenüber.

Ausgaben per Gießkanne

"Wir haben im Vorjahr deutlich mehr für die Krisenbekämpfung ausgegeben, als wir mehr eingenommen haben", fasst Brunner zusammen. Etwas mehr als zwölf der 16,4 Milliarden Euro an Mehrausgaben im Vergleich zu 2021 entfielen demnach auf Krisenausgaben. 3,8 Milliarden Euro flossen in die Beschaffung der strategischen Gasreserve, weitere 2,8 Milliarden mussten für höhere Refinanzierungskosten aufgewendet werden.

Den größten Anteil machten aber die schwer kritisierten Entlastungs- und Antiteuerungsmaßnahmen – Stichwort "Vollkasko-Mentalität" – der Regierung mit 5,7 Milliarden Euro aus. Durch die als "gießkannenartig" bemängelte Verteilung der Hilfen für Unternehmen und private Haushalte war die Regierung in den vergangenen Monaten in die Bredouille geraten. Zentraler Kritikpunkt: Die Maßnahmen seien nicht treffsicher, die Inflation werde nur weiter angefacht statt bekämpft.

Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bei der gemeinsamen Pressekonferenz im Finanzministerium.
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Die 11,1-prozentige Inflation im Jänner schien die Befürchtungen zu bestätigen, sank doch im Vergleich die Inflation in der Eurozone merklich. Nun ist es aber gerade einer der Kritiker der "Vollkasko-Mentalität" – Wifo-Chef Gabriel Felbermayr –, der an der Seite von Finanzminister Brunner bei der Pressekonferenz aufhorchen lässt. Zwar sei die hohe Teuerungsrate im Jänner eine "böse Überraschung" gewesen, die inflationstreibende Wirkung der Hilfen sei aber geringer als mancherorts vermutet.

Staatshilfen wenig inflationstreibend

Gerade einmal ein bis maximal zwei Prozentpunkte würden Maßnahmen um die Strompreisbremse und Einmalzahlungen ausmachen. Dass die Inflation in Österreich derzeit so hoch ist, sei gewissermaßen auch "Pech". Schließlich werde die Teuerung durch den für Österreichs Wirtschaft so wichtigen Gastronomie- und Tourismussektor beflügelt.

Österreich sei generell einen anderen Weg der Hilfe gegangen, stellt Felbermayr klar. Anstelle von Preisregulierungen, auf die etliche europäische Länder zurückgriffen, habe Österreich "Überweisungen aufs Konto" getätigt. Damit hätte die Regierung die "richtige Entscheidung" getroffen, schließlich würden Preisregulierungen die Inflationseffekte lediglich verschieben, nicht aber gänzlich vermeiden.

Auch die von der SPÖ geforderte Senkung der Mehrwertsteuer hält er für wenig zielführend. Einerseits würde dies das Defizit im Staatshaushalt aufgrund entgangener Steuereinnahmen ausweiten; die Umsatzsteuer macht schließlich mehr als ein Drittel der Steuereinnahmen des Bundes aus. Andererseits müsse man sich auch hier einmal mehr der Frage der Treffsicherheit stellen.

"Maßnahmen wirken lassen"

Finanzminister Brunner verteidigt die Maßnahmen naturgemäß ebenfalls: Man hätte zwischen Treffsicherheit und Schnelligkeit abwägen müssen. Zweiteres erschien als wichtiger, schließlich galt es, eine "enorme soziale Schieflage" zu vermeiden. Hinzu kämen ohnehin die strukturellen Maßnahmen – Stichwort ökosoziale Steuerreform samt dem Liebkind Brunners, der Abschaffung der kalten Progression.

Diese müsse man nun erst einmal wirken lassen. Mit Blick in die Zukunft sei jedenfalls eine Rückkehr zu einer nachhaltigen Budgetpolitik wichtig, betonen Brunner und Felbermayr gleichermaßen.

Wirtschaftsforscher Klaus Neusser, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), nahm am Dienstagabend in der "ZiB2" Stellung zu den vom Finanzministerium vorgelegten Budgetzahlen – und zu möglichen Maßnahmen gegen die Teuerung.
ORF

Gründe dafür gibt es mehrere. Die Zeit des billigen Geldes ist vorbei; erst kürzlich erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf drei Prozent, womit Schulden mehr ins Gewicht fallen.

Stagflation erwartet

Das Maastricht-Defizit Österreichs liegt derzeit über den angestrebten drei Prozent, künftig muss die Verschuldung also sinken. Zudem brauche es für kommende Krisen ausreichend Spielraum im Budget, heißt es mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und das weitgehend stagnierende Wirtschaftswachstum.

Laut der aktuellen Konjunkturprognose des Wifo soll die Wirtschaftsleistung um nur 0,3 Prozent wachsen, gleichzeitig dürfte die Jahresinflation 2023 mit 6,5 Prozent das ausgewiesene Ziel der EZB deutlich verfehlen. (Nicolas Dworak, 7.2.2023)