Die Geschäfte laufen gut. Die Firma in Tel Aviv habe bereits 25 Mitarbeiter, bis zum Sommer sollen noch einmal 25 dazukommen, erzählt Sebastian Kurz. Vergangene Woche war er vor Ort, um sich mit seinen beiden Kompagnons zu treffen. Und um bei seinem Freund, Israels Premier Benjamin Netanjahu, vorbeizuschauen, wie aufmerksamen Beobachtern auf Twitter nicht entgangen ist. Dort bedankte sich Kurz für ein "warm welcome in Jerusalem" samt Bild, das das Zusammentreffen mit Bibi dokumentierte.

Der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz hat sich aus der Politik zurückgezogen, nur die Verfahren der Justiz hängen ihm noch nach. Als Unternehmer setzt er auf alte Bekannte.
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Die Firma in Tel Aviv heißt Dream Security. Kurz hat dieses Cybersecurity-Unternehmen im vergangenen Jahr gemeinsam mit zwei Partnern gegründet: Der eine ist Shalev Hulio, der auch als Gründer der israelischen NSO Group bekannt ist. Diese Firma ist der Hersteller der berüchtigten Handyüberwachungssoftware Pegasus. Der andere Partner ist Gil Dolev, früher Chef eines israelischen Technologieunternehmens, das Geheimdienste belieferte. Dream Security will Lösungen zum Schutz kritischer Infrastrukturen wie Energie- oder Wasserversorgung entwickeln. Dass der ORF die falsche Adresse hatte und die Firma in Tel Aviv, die in einem dreistöckigen Bürogebäude untergebracht ist, nicht fand, ärgert und belustigt Kurz gleichermaßen. Immerhin stand der Verdacht im Raum, die Firma existiere real gar nicht.

Keine Zeit für einen Umsturz

Ein weiteres Büro hat Kurz in Wien, Ecke Fichtegasse und Schubertring, oberhalb der ehemaligen ÖAMTC-Zentrale. Sieben angestellte Mitarbeiter hat Kurz an dieser Adresse, und schon ranken sich Gerüchte um dieses Büro. Hier gingen die Kritiker der derzeitigen Regierung (und ÖVP-Führung) ein und aus, es würden Umsturzpläne geschmiedet, gar an einem Plan "Ballhausplatz 2.0" gearbeitet. "So ein Unsinn", sagt Kurz im Gespräch mit dem STANDARD und verweist unter anderem auf seine intensive Reisetätigkeit: Er sei oft nur einen Tag pro Woche in seinem Wiener Büro, da bringe er beim besten Willen keinen Umsturz unter, sagt er im Scherz. Er habe keine Zeit für ein politisches Engagement und im Übrigen auch kein Interesse.

Kurz will sich ganz auf seine Tätigkeit als Unternehmer konzentrieren: "Ich habe den Ehrgeiz, mir selbst zu beweisen, dass ich auch Privatwirtschaft kann." Es sei eine tolle Entwicklung, "wie klass die Dinge laufen und wie viel Spaß mir das macht". Er habe keine negativen Gefühle der Politik gegenüber, jetzt aber einen anderen Fokus. "Das niederösterreichische Wahlergebnis habe ich wohl mitbekommen", erzählt Kurz, "aber ich habe um 17 Uhr nicht die ZiB aufgedreht".

Verfahren noch offen

Wenn er wollte, könnte er noch in der Politik tätig sein, sagt Kurz, er verweist auf seine Wahlerfolge und auf sein parteiinternes Abstimmungsergebnis als Klubobmann. Jetzt gehe er aber neue Wege. Dass die Justiz gegen ihn ermittelt, wegen Falschaussage vor dem U-Ausschuss und wegen des Verdachts auf Untreue und Bestechlichkeit, belaste ihn nach eigenen Angaben nicht, das werde sich alles klären. Zum Vorwurf der Falschaussage gibt es bereits einen Vorhabensbericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, am Wort ist nun die Oberstaatsanwaltschaft. Die Letztentscheidung liegt bei Justizministerin Alma Zadić, die der Empfehlung des Weisungsrats folgen will.

Dass er nach wie vor Weggefährten von früher treffe, sei klar, "das ist mein Freundeskreis". Kurz: "Ich bin mit vielen, die politisch tätig sind oder waren, befreundet." Gerüchte, wonach er auch Vertreter anderer Couleur treffe und dass so etwas wie eine Parteineugründung überlegt werde, stimmten absolut nicht, bekräftigt Kurz. Solche Gerüchte ranken sich übrigens auch um einen anderen Alt-Kanzler, nämlich um Christian Kern. Mit dem hat Kurz allerdings nichts gemeinsam, die Rivalität der beiden hat bis heute Bestand.

Sebastian Kurz und Gernot Blümel sind wieder Seite an Seite, zumindest im Büro.
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In dem von Kurz angemieteten Büro am Ring arbeiten etwa 15 Leute, darunter ein paar alte Bekannte aus der Politik: Ex-Finanzminister Gernot Blümel, einst der engste Vertraute von Kurz, hat sich hier vorübergehend niedergelassen, um die Zeit zwischen zwei Jobs zu überbrücken. Bernhard Bonelli, früher Kabinettschef bei Kurz, arbeitet auch hier für ihn und betreut verschiedene Finanzfonds. Vera Regensburger, im Kanzleramt stellvertretende Kabinettschefin, fungiert als Geschäftsführerin einer weiteren Kurz-Firma, der AS²K Beteiligungs GmbH. Direkt vom Kanzleramt zu Kurz gewechselt ist auch Viktor Niedermayr, zuvor Pressesprecher bei Karl Nehammer.

Drei berufliche Standbeine

Im Wesentlichen sind es drei berufliche Standbeine von Kurz: Dream Security mit Sitz in Tel Aviv, die SK Management GmbH, deren Alleingesellschafter Kurz ist. Dann gibt es noch die AS²K Beteiligungs GmbH, die Kurz gemeinsam mit dem österreichischen Unternehmer, Investor und Gründer Alexander Schütz betreibt. Schütz ist Vorstandsvorsitzender der C-Quadrat Investment Group in Wien, er schien auch als einer der Großspender bei der ÖVP unter Kurz auf. Seine Frau, die Rechtsanwältin Eva Hieblinger-Schütz, ist Geschäftsführerin und mit rund 51 Prozent Mehrheitseigentümerin des Onlinemediums Exxpress, das der ÖVP nahesteht, vom Inhalt her aber eher FPÖ-affin ist. Hieblinger-Schütz war früher auch im Kabinett des Finanzministeriums tätig und war eine enge Kollegin von Thomas Schmid, dessen ausufernde Chats auch Kurz in Bedrängnis brachten.

Gernot Blümel ist zwischenzeitlich Privatier, ab März wird er zwischen Wien, Venedig und Koblenz pendeln.
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Gernot Blümel sitzt auf der anderen Seite des insgesamt 400 Quadratmeter großen Büros im vierten Stockwerk. Sowohl er wie auch Kurz betonen, keinerlei geschäftliche Verbindungen zueinander zu haben. Blümel beendete im Dezember nach nur wenigen Monaten seine Funktion als Chief Executive Officer (CEO) des Hedgefonds Superfund. Zwischenzeitlich hat er bei Kurz Unterschlupf gefunden, ist aber nur selten im Büro. Eigentlich ist er derzeit Privatier und schaut auf die Kinder.

Künstliche Intelligenz in Venedig

Im April wird Blümel bei der Fintec-Unternehmensgruppe des Gesundheits-IT-Unternehmers Frank Gotthardt tätig. Blümels neuer Arbeitsplatz wird zum Teil aber am Lido von Venedig sein, wo CGM auf über 48.000 Quadratmetern ein neues E-Health-Technologiezentrum errichten wird. Geschäftsführer wird Blümel sein, der damit künftig zwischen Venedig, Wien und dem deutschen Firmensitz Koblenz pendeln wird.

In Wien sucht CGM derzeit noch nach geeigneten Büroräumlichkeiten, nicht ausgeschlossen, dass Blümel also an der Seite von Kurz bleiben wird, im vierten Stock am Schubertring in einer Bürogemeinschaft. Sollte Sebastian Kurz jemals in die Politik zurückkehren, was Vertraute nicht ausschließen, wird einer ganz bestimmt nicht an seiner Seite sein: Gernot Blümel. Der habe, anders als Kurz, mit der Politik definitiv abgeschlossen, heißt es im Umfeld der beiden. (Michael Völker, 7.2.2023)