Wie frei sich manche Frauen entscheiden, könnte von Google-Anzeigen beeinflusst werden.

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Seitdem im Juni 2022 die Grundsatzentscheidung "Roe v. Wade" aus dem Jahr 1973 aufgehoben wurde, sind Schwangerschaftsabbrüche für viele amerikanische Frauen nur noch erschwert möglich. Aktuell liegt die Entscheidungshoheit über die Legitimität eines Abbruchs wieder in den einzelnen Bundesstaaten, einen allgemeingültigen Anspruch haben die Frauen nicht.

Nun weist eine Studie des Tech Transparency Project (TTP) auf ein neues Problem hin: Frauen aus unterschiedlichen Einkommensschichten erhalten bei Suchanfragen nach Abtreibungskliniken zum Teil sehr unterschiedliche Anzeigen. Natürlich ist es sinnvoll und nachvollziehbar, dass die Ergebnisse an die geografische Umgebung angepasst und dementsprechend gefiltert werden. Die Untersuchungen des TTP haben allerdings ergeben, dass Frauen mit geringeren Einkommen tendenziell mehr Anzeigen von sogenannten "Crisis Pregnancy Centers" erhalten.

Crisis Pregnancy Centers

Dabei handelt es sich um Einrichtungen, die von Kritikern auch als "Fake-Abtreibungskliniken" bezeichnet werden. Sie bieten auf den ersten Blick zwar medizinische Dienstleistungen an, haben letztendlich aber eine ablehnende Haltung gegenüber Abtreibungen. So werden beispielsweise kostenlose Ultraschalluntersuchungen und Babyprodukte angeboten, um Frauen zu überzeugen, eine Schwangerschaft auszutragen.

Test-Accounts für Frauen mit unterschiedlichen Einkommen

In der Studie legte TTP verschiedene Profile für Test-Accounts in den drei Städten Phoenix, Atlanta und Miami an. Die Test-Userinnen waren alle im Jahr 1992 "geboren", lediglich das Haushaltseinkommen wurde angepasst. Hierfür wurden die Einstellungen für personalisierte Werbung in jedem Account anhand der von Google vorgegebenen Kategorien "durchschnittliches oder geringes Einkommen", "mittleres bis hohes Einkommen" und "hohes Einkommen" angepasst. Im Anschluss wurde jeder der drei Städte jeweils ein Account aus jeder Einkommenskategorie zugewiesen.

Die Ergebnisse zeigten relevante Unterschiede in den Suchergebnissen. Wenn beispielsweise eine Frau mit geringem bis durchschnittlichem Einkommen Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen in Phoenix suchte, waren mehr als die Hälfte der Anzeigen (56 Prozent) von Crisis Pregnancy Centers. Auch für Suchanfragen in Atlanta stellte man in dieser Einkommenskategorie ein ähnliches Muster fest (42 Prozent Anzeigen von abtreibungskritischen Kliniken). Zum Vergleich: Die Test-Accounts mit hohem Einkommen erhielten in Phoenix nur sieben Prozent, in Atlanta 29 Prozent solcher Anzeigen.

Ergebnisse der Studie von Tech Transparency Project.
Quelle: Tech Transparency Projekt

Die Ergebnisse für Miami weichen von jenen der anderen beiden Städte ab. Grund dafür könnte die Tatsache sein, dass die Crisis Pregnancy Centers die Frauen in Arizona (Phoenix) und Georgia (Atlanta) verstärkt anzusprechen versuchen, da hier strengere Reglungen für einen Schwangerschaftsabbruch gelten.

Abtreibungskritische Kliniken fallen in Suchanfragen schon länger auf

Indem Google vor allem Frauen aus niedrigeren Einkommensschichten Anzeigen von abtreibungskritischen Kliniken einblendet, hilft Google diesen Zentren, ihr Zielpublikum besser zu erreichen, so TTP in ihrem Bericht. Diese vermeintlichen Abtreibungszentren spielten bereits in Suchanfragen im Juni 2022 eine Rolle bei Google-Suchanfragen: Laut Center for Countering Digital Hate waren Ergebnisse bei Sucheingaben wie "Abtreibungsklinik in meiner Nähe" oder "Abtreibungspille" in jenen Staaten, in denen nach der Abschaffung von Roe v. Wade Abtreibungen verboten wurden, besonders auffällig. Eines von zehn Suchergebnissen führte hier zu einer solchen "Fake-Klinik".

Bedenkliche Daten in Periodenkalender-Apps

Mit der Aufhebung von "Roe v. Wade" nahmen vergangenes Jahr auch Bedenken um die Sicherheit von privaten Daten zu: So warnten Datenschutzexperten und Betreiber von Periodenkalender-Apps bereits im Voraus, dass Userinnen beim Teilen ihrer Gesundheitsdaten vorsichtig sein sollten. Cooper Quintin, leitender Angestellter der Electronic Frontier Foundation (EEF), meinte in einem Interview im Juni 2022 mit BBC: "Wir empfehlen den Entwicklern von Periodenkalender-Apps, darüber nachzudenken, wie viel Informationen sie von ihren Nutzerinnen speichern, vor allem in Hinblick darauf, wie diese Daten eines Tages genutzt, missbraucht oder für Überwachungszwecke eingesetzt werden könnten."

Evan Greer, Leiter der Interessenvertretung für digitale Rechte Fight for the Future, geht in einem Interview mit National Public Radio noch weiter: Nicht nur Perioden-Apps, auch andere Informationen können jemanden mit einer Abtreibung in Verbindung bringen, beispielsweise wenn man im Warteraum einer Abtreibungsklinik sitzt und währenddessen ein Handy-Spiel spielt, könnte das Spiel sensible Standortdaten teilen. Auch andere vermeintlich harmlose Apps können in diesem Zusammenhang ein Problem darstellen. "Jede App, die sensible Gesundheitsdaten sammelt, sollte mit besonderer Vorsicht genutzt werden", so Greer. (Lisa Haberkorn, 8.2.2023)