Es hat einen Grund, warum Fachleute jahrelang ihr Handwerk erlernen, da braucht es keine Pfuscher wie mich.

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Das kommt davon, wenn man nicht aufpasst: Das Unheil nahm seinen Lauf, als sich ein grippaler Infekt mit Schnupfen und Halsschmerzen ankündigte. Was macht der umtriebige Tech-Redakteur in dieser Situation? Nein, natürlich wird nicht das Bett gehütet, sondern an der heimischen Netzwerkinstallation herumgepfuscht, weil Krankenstand, Bett und Netflix werden unglaublich schnell fad.

Nicht dass es nötig gewesen wäre, aber eine nicht tolerierbare Reihenfolge der eingesteckten Kabel am heimischen Router zwang mich zu jener folgenschweren Handlung. Zwar hallt immer das schöne englische Sprichwort "If it ain’t bust, don’t fix it" (also etwa: Wenn es nicht kaputt ist, reparier’s nicht) im Hinterkopf, aber das Fieberdelirium hat den vernunftbegabten Teil des Gehirns wohl als erstes lahmgelegt.

Wobei, die sich nachfolgend abspielenden Dramen nur auf die Krankheit zu schieben eine etwas billige Ausrede wäre. Tatsächlich nahm das Unheil schon vor Jahren seinen Lauf, als das Domizil im Waldviertel endlich mit einem Glasfaseranschluss ausgestattet wurde. Vor lauter Vorfreude muss ich vergessen haben, die Fiber Termination Unit ordnungsgemäß an der Wand zu befestigen.

Na gut, "vergessen" hab ich es nicht. Das kleine weiße Plastikkastl an die Wand zu dübeln war mir angesichts der heimischen Granitwände zu blöd. Wir halten also fest: Richtige Reihenfolge der Stecker am Router: wichtig. Sachgemäße und sichere Montage der kritischen Infrastruktur: nicht so sehr.

Wie im Drehbuch zu "Final Destination"

Also passierte, worauf jahrelang in einer Art hingearbeitet wurde, die auch im Drehbuch von "Final Destination" hätte stehen können: Das Kastl stürzte beim patscherten Hantieren am Router ab und Glasfaserlitzen kamen zum Vorschein, wo vorher noch keine waren. All die kleinen Schlampereien kulminierten in der ultimativen Katastrophe. Der dümmste anzunehmende User hatte den größten anzunehmenden Unfall produziert. Das Internet war weg.

In einer mit Mobilfunktechnik erschlossenen Gegend wäre das an sich kein großes Problem, dann nutzt man eben 4G, bis Fachfrau oder -mann Zeit haben, die Inkompetenz der Kundschaft wieder zu beheben. Doch nicht so in der Waldviertler Einschicht. Aber jetzt kommt einer der Vorteile des Landlebens ins Spiel, denn da kennt man den Chef des Serviceproviders persönlich. Also wird das Telefon an der einen Stelle im Haus mit Empfang neben dem Schlafzimmerfenster gezückt und Chef des regionalen Anbieters angerufen. Nennen wir ihn an dieser Stelle Josef, denn so heißt er wirklich.

Dieser brach nach der Schilderung des Problems zwar in einen Lachanfall aus und fasste das Geschehene mit einem "Das hast ja super hingebracht" fachkundig zusammen, konnte aber die kaputte FTU auch nicht wieder an die Wand zaubern, vor allem, da es mittlerweile Freitagnacht war. Eine Warnung schickte mir der Josef aber noch mit: "Pfusch nicht selber dran herum, da brauchst du ein Spleißgerät".

Die kleine Welt gerät aus den Fugen

In einer normalen Welt hätte ich nun ein Youtube-Tutorial angeworfen und in einem 3-minütigen Schnellkurs die Kunst der Glasfaser-Reparatur erlernt. So musste ich eben ohne Kenntnis selbst Hand anlegen, denn was weiß der Josef schon und wie schwer kann es sein, ein paar Lichtwellenleiter wieder geradezubiegen? Wie sich herausstellte, ist es tatsächlich ohne Spleißgerät eher unwahrscheinlich, eine erfolgreiche Operation am Glasfaser-Herz der heimischen Netzwerkinstallation vorzunehmen.

Mir standen also 48 Stunden ohne Internet bevor, denn die örtliche Baufirma mit dem Spleißgerät und dem Fachpersonal wäre natürlich erst wieder am Montag zu erreichen. Doch wie lebt man als einer, der sich ohne Smartphone in der Hosentasche nicht richtig angezogen fühlt? Ein Wochenende ohne Twitter, Youtube, Netflix, abgeschnitten vom Rest der Welt? Kein Discord, keine Mails, keine lustigen Pushbenachrichtigungen. Und das auch noch ans Bett gefesselt, weil das konsequente Ignorieren ärztlicher Ratschläge dann doch ihren Tribut forderten. Kein Wikipedia, um schnell nachzuschauen, um in der Debatte mit der Freundin auch ja die Oberhand zu behalten. Panik stieg auf.

Ruhe ist eh schön, aber ...

Aber: Es war auch ein Wochenende voller Ruhe, ohne den üblichen Horrornachrichten aus der Welt da draußen. Keine ständig blinkenden Notifications, kein Dauergeklingel, Gepiepse und Gedudel, keine supersmarte Heizungssteuerung, die mich über ein geöffnetes Fenster unterrichtete. Stattdessen las ich in eine warme Decke gehüllt ein gutes Buch, vor dem heimischen Kamin – eine fast schon kitschige Szenerie und wahrscheinlich hätte ich sie gleich auf Instagram verbreitet, hätten da nicht geknickte, aus der Wand baumelnde Glasfaserleitungen die malerische Stimmung gestört. Außerdem wurde so manches Brettspiel aus der noch originalverschweißten Verpackung geholt, etwas, das so seit Jahren nicht mehr vorgekommen ist.

Als am Montag endlich ein junger Fachmann mit seinem Spleißgerät in den Händen vor der Tür stand, war ich fast ein wenig dankbar für den Ausfall, endlich hatte ich es geschafft, nach Jahren einige Bücher nachzuholen, für die ich dank Social Media und Games keine Zeit gefunden habe. Aber die Zeit der Wehmut und Dankbarkeit währte nur kurz, bald hatte mich die Online-Krake wieder in ihren Fangarmen.

Drei Lehren aus dem Desaster

Aber was lerne ich daraus? Erstens: Man muss nicht an allem selber rumpfuschen, es hat wohl einen Grund, warum Fachleute jahrelang ein Handwerk erlernen. Zweitens: Bücher sind eh lieb, aber ein funktionierender Internetzugang gehört mittlerweile zur kritischen Infrastruktur dazu wie Strom und Wasser. Jeder Heizungshersteller bietet Notdienste an, warum ist das beim Internet nicht so? Drittens: Dübel sind meine Freunde. (Peter Zellinger, 9.2.2023)