Bild nicht mehr verfügbar.

Die Seniorenbünde veranstalten Sportevents und Reisen – in Vorarlberg wurden diese aber nicht ordentlich versteuert. Nun war eine saftige Nachzahlung fällig, gegen die Einspruch erhoben wurde.

Foto: Getty/Amriphotos

Die Reiseziele waren so schlecht nicht: Es ging an die Algarve, nach Andalusien, zu sportlichen Rad-, Wander- und Skiwochen nach Südtirol. Für Musikbegeisterte gab es die Musikreise Kastelruth, für noch Abenteuerlustigere Reisen nach Thailand oder nach Kappadokien. Angeboten und teils mitveranstaltet hat diese Events der Vorarlberger Seniorenbund – und sie sollten ihm später Ungemach eintragen, vor allem aus steuerlicher Sicht. Denn der Verein hat jahrelang weder Körperschafts- noch Umsatzsteuer dafür bezahlt, wie Recherchen von STANDARD und ORF zeigen.

Das geht aus einer "Offenlegung nachzuversteuernder Abgaben" hervor, die Steuerberater des Seniorenbunds im Herbst bei der Finanz eingebracht haben. Aus einer von drei Selbstanzeigen geht hervor, dass mit den Reisen seit 2012 fast zwei Millionen Euro eingenommen wurden. Dafür wären fast 131.000 Euro Umsatzsteuer und rund 3000 Euro Körperschaftssteuer fällig gewesen. Das hat der Seniorenbund im Oktober 2022 offengelegt.

Immer wieder Inserate

Damit aber nicht genug: Schon am 19. August hat der Seniorenbund der Finanz einen anderen Sachverhalt gemeldet. Zum einen die Tatsache, dass die Organisation ihrem langjährigen Landesgeschäftsführer Franz Himmer seit 1996 die Prämien für eine Er- und Ablebensversicherung erstattet hat. Lohnsteuer dafür wurde nicht bezahlt, sie summiert sich (gemeinsam mit nicht bezahlten Kommunalsteuern) seit 2012 auf rund 15.000 Euro. Ähnliches war beim Vorarlberger Wirtschaftsbund vorgefallen.

Und auch eine dritte "Offenlegung", die der Seniorenbund am 22. August nachschickte, erinnert an Vorgänge bei seiner Vorarlberger Schwesterorganisation: Für die Senioren gibt man ein Magazin namens Express heraus, das einmal im Quartal erscheint und eine Auflage von rund 55.000 Exemplaren hat. Die Buchungslage war ganz gut, im Schnitt war jede Ausgabe zu rund einem Drittel mit Anzeigen gefüllt. Haken an der Sache: Der Vorarlberger Seniorenbund hat dafür keine Werbeabgabe entrichtet. Angefallen wären fast 50.000 Euro für Einnahmen in der Höhe von knapp einer Million Euro.

"Ich arbeite seit 33 Jahren so"

Laut Offenlegung dachte man im Seniorenbund, dass die Abgabe nicht zu entrichten sei, weil das Magazin ein Verlustgeschäft war. Das Minus betrug in den vergangenen Jahren zwischen 18.000 Euro und 50.000 Euro, hielten die Steuerberater fest. Körperschaftssteuer ist daher keine eingefallen und Umsatzsteuer auch nicht, weil das Magazingeschäft steuerlich als sogenannte Liebhaberei eingestuft wurde. Der Vorarlberger Seniorenbund hat die offenen Steuern bezahlt.

Der langjährige Geschäftsführer Franz Himmer möchte auf Anfrage des STANDARD keine Verfehlungen sehen: "Seien Sie mir nicht böse. Ich arbeite seit 33 Jahren so. 33 Jahre lang hat sich das niemand angeschaut, auch das Finanzamt nicht, und jetzt hat man es sich eben einmal angesehen."

Auf eine schriftliche Anfrage antwortete er, dass die Steuern im Zusammenhang mit Lebensversicherung und Werbeabgabe bereits bezahlt und somit erledigt seien. In zwei Angelegenheiten der Werbeabgabe und bei den Reisen habe man aber Rechtsmittel eingelegt. Er betont, dass die Angelegenheiten im Zuge der Vereinsumstrukturierung und einer damit einhergehenden "freiwilligen Prüfung" aufgekommen seien. Zudem handelt es sich laut Himmer beim hier angesprochenen Seniorenbund um einen "eigenständigen Verein".

Rüstige Rentner

Der Seniorenbund hat im Oktober beim Finanzamt einen Antrag gestellt, der bewirken soll, dass das Reisegeschäft nicht mehr versteuert werden muss. Man bezieht sich da auf eine Passage der Bundesabgabenordnung und argumentiert mit der Gemeinnützigkeit des Seniorenbunds. Der Vereine gehe überwiegend gemeinnützigen Tätigkeiten nach, seine Mitglieder seien "in erster Linie Pensionisten, Rentner, Sozialhilfe- und Pflegegeldbezieher". Damit schnitten die Vorarlberger ein Thema erneut an, das im Finanzministerium schon seit Jahren diskutiert wurde. Bereits 2015 ging es um die Frage, ob der Österreichische Seniorenbund Gemeinnützigkeit für sich beanspruchen könne, was man anhand der damaligen Statuten verneinte.

Ein Beamter merkte in einer Mail an, dass die Freizeitgestaltung von "besonders schutzbedürftigen Personen" begünstigt sei, was seine Kollegin relativierte: "Findest du die besonders schutzbedürftig??? Ein rüstiger Pensionist, der noch fröhlich wandern geht und vielleicht mit 58 in Frühpension gegangen ist, ist in meinen Augen nicht besonders schutzwürdig (...)."

Die Sache könnte Landeshauptmann Markus Wallner, Chef der ÖVP Vorarlberg, unter Druck bringen. Gegen ihn waren Vorwürfe rund um Inserate im Magazin des Vorarlberger Wirtschaftsbunds aufgekommen, Wallner bestreitet diese. Insgesamt muss der Wirtschaftsbund im Ländle 770.000 Euro an Steuern nachzahlen. Wallner meinte damals, wenn zu wenig Steuern abgeführt worden seien, dann, "weil man es nicht besser gewusst" habe. Die Landespartei sagt zum STANDARD: Der Verein Vorarlberger Seniorenbund werde sich "im März bei einem Landestag umbenennen", er habe "somit keine organisatorischen und personellen Berührungspunkte mit der Landespartei" mehr. (Renate Graber, Lara Hagen, Fabian Schmid, 8.2.2023)