
Wie die Terminfindung für den von der FPÖ ausgerichteten Wiener Akademikerball (früher Wiener Korporations- bzw. WKR-Ball) in der Hofburg erfolgt, verwundert nicht zum ersten Mal. Dieses Jahr ist der von den Veranstaltern als "unpolitisch" bezeichnete Ball, der tatsächlich abseits der Walzerklänge ein internationales Vernetzungstreffen von Rechtsextremen ist, am 24. Februar.
Russen in der Hofburg
Das ist der Jahrestag des Überfalls Russlands auf die Ukraine. Und es ist der Tag der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien – auch in der Hofburg. Die Annahme, dass russische Teilnehmer, wie die Politiker Pjotr Tolstoi (von der von Putin angeführten Partei Einiges Russland) und der Rechtspopulist Leonid Slutski, deren Teilnahme ohnehin schon umstritten ist, auch noch in der Hofburg tanzen, bereitet nicht nur ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg Unbehagen. Er betonte mehrmals, dass dies ein "eklatanter Bruch des Völkerrechtes" und ein Missbrauch der Visa sei, die nur für die Dauer der Wintertagung der OSZE Parlamentarischen Versammlung am 23. und 24. Februar 2023 ausgestellt werden.
Auf konkrete Nachfrage des STANDARD hieß es aus dem Außenministerium am Mittwoch: "Nach der Einreise dürfen sich die Delegierten grundsätzlich in Wien auch außerhalb von Hotel und Tagungsort frei bewegen, allerdings nur im Zusammenhang mit dem dienstlichen Zweck der Reise. Die Delegierten müssen das Land jedenfalls am 24.02. verlassen." Eine "Teilnahme an privaten Veranstaltungen, wie z. B. der Besuch des Akademikerballs, würde jedenfalls einen Missbrauch des Rechtes auf Aufenthalt darstellen".
Entspannter sieht das ein langjähriger Besucher des Balls, der freiheitliche Ex-EU-Abgeordnete Andreas Mölzer. "Warum sollen unbescholtene Politiker, die in Wien zu Gast sind, nicht hier feiern dürfen?", sagt er zum STANDARD. Dass FPÖ-Chef Herbert Kickl, selbst kein Korporierter, kommen werde, glaubt Mölzer nicht: "Der geht allgemein nicht viel auf Bälle."
Lange Vorausplanung
Ob er selbst komme, wisse Mölzer noch nicht, "das entscheide ich nach Lust und Laune, ich bin ja in Kärnten, das ist ja nicht ums Eck". Dass der Ball am Jahrestag des russischen Einmarsches stattfindet, halte er für einen Zufall, der Termin sei "wenigstens Gott sei Dank nichts mit Holocaust". Tatsächlich fand der Ball in der Vergangenheit bereits am 27. Jänner, dem internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Damit das nicht mehr passiere, so sagt Ballorganisator und FPÖ-Politiker Udo Guggenbichler der APA, habe man einen Termin im Februar gesucht und den 24. schon am 3. Februar 2022 fixiert, als man nichts vom Krieg wusste. Guggenbichler gibt an, er wisse nicht, ob russische Gäste kämen; und könne das auch nicht kontrollieren. Die Beziehungen der FPÖ zu Putins Partei "Einiges Russland" sind seit Jahren gut.
Ob wegen der Anwesenheit russischer Vertreter in der Hofburg die Sicherheitsvorkehrungen verschärft werden, lässt die Landespolizeidirektion Wien unbeantwortet. Jedenfalls sei bereits eine "intensive Einsatzplanung im Gange, diese ist jedoch noch nicht abgeschlossen". Eine Gegendemo ist so gut wie sicher. Die "Offensive gegen Rechts" ruft unter dem Motto "Faschos aus der Hofburg schmeißen!" zu einer Kundgebung vor der Uni Wien. (Colette M. Schmidt, 8.2.2023)