Hybrid? Nur im Büro? Nur zu Hause? Die Arbeitswelt wird wohl ein Mix aus allen bleiben.
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In den USA ist jetzt durchschnittlich die Hälfte der arbeitenden Menschen aus der Remote-Arbeit wieder zurück im Büro – die höchste Anzahl seit Beginn der Pandemie. Das verraten die Daten einer Erhebung der US-Sicherheitsfirma Kastle Systems, die Büroaktivitäten via Karten-Check-ins misst.

Gleichzeitig bedeuten die Zahlen, dass die Unternehmen nur noch zur Hälfte gefüllt sind. Viele Fachleute meinen allerdings: Mehr Rückkehrerinnen und Rückkehrer ins Büro wird es vermutlich nicht geben. Auch die Daten zeigen: Die Anzahl an Menschen, die regelmäßig zum Arbeitsort kommen, bleibt bereits wochenlang gleich.

Die österreichische Situation unterscheidet sich hier kaum. Das ausschließliche Arbeiten im Unternehmen wird, wie es aussieht, auch bei uns nur noch in Produktionsbetrieben, für Ärztinnen, Lehrende, Feuerwehrleute und einige andere Berufsgruppen üblich sein. Aber alles, das von einem Computer aus erledigt werden kann, werden die meisten Unternehmen mit hybriden Arbeitsmodellen absegnen.

Neun von zehn Firmen bieten in Österreich ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit zum Homeoffice, eruierte die Unternehmensberatung Deloitte vor einigen Monaten in einer Befragung von knapp 600 Unternehmensvertreterinnen und -vertretern. In acht von zehn wird die Arbeitsweise von mindestens der Hälfte der Menschen auch in Anspruch genommen. Trotzdem gibt es immer noch die Arbeitgeber, die versuchen, an alten Mustern festzuhalten, und keinen oder maximal einen Homeoffice-Tag erlauben.

Fixe Bürotage vorausgesetzt

Zumindest bei internationalen Konzernen lässt sich beobachten, wie sie ihre Angestellten mit allen Mitteln wieder in die Büroräume locken wollen. Der Tech-Konzern Tiktok warnte seine Mitarbeitenden kürzlich, sie könnten ihren Job verlieren, wenn sie nicht nah genug bei den Büros wohnen würden, um mindestens zweimal die Woche im Büro erscheinen zu können, berichtet "The Information". Bei Disney sind es hingegen vier Bürotage.

Elon Musk sorgte vergangenes Jahr für Aufregung, als er mitteilte, seine Angestellten müssten alle mindestens 40 Stunden die Woche im Büro arbeiten. Der Goldman-Sachs-Chef David Solomon nannte 2021 bei einer Bankenkonferenz das Homeoffice einen "Irrweg." Letztes Jahr sagten 43 Prozent von 1.000 Beschäftigten in einer österreichischen Umfrage des Karriereportals Karriere.at, ihnen würde keine Form des flexiblen Arbeitens angeboten. Doch auch wenn einige Firmen sich nicht mehr der Flexibilität durch die Corona-Pandemie beugen wollen und lieber jeden Tag aufs Neue sehen wollen, wie brav ihre Angestellten arbeiten: Die meisten werden es müssen.

Denn der Arbeitsmarkt ist nicht nur von Arbeitermangel betroffen, sondern hat auch einen Nachwuchs in den Startlöchern, der selbstbestimmter und eigenverantwortlicher arbeiten möchte. Am besten also ohne Regeln? Ja, am besten ganz frei wählbar, wie man eben möchte. Denn auch beschränktes Homeoffice oder hybrid nach Vorschrift stresst Mitarbeiter irgendwann. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Plattform für Mitarbeiterbindung Tinypulse.

Die Studienautoren befragten 600 Personaler und 100 Angestellte bezüglich des Mitarbeiterengagements. 84 Prozent der Personaler und 72 Prozent der Angestellten gaben dabei an, dass ein hybrides Arbeitsmodell am meisten emotional erschöpfen würde. Sie gaben dabei an, dass nur im Homeoffice zu arbeiten oder nur ins Büro zu gehen sie weniger stressen würde als der Mix aus beiden.

Das Ergebnis wirft Fragen auf, wenn man die Forderungen betrachtet, die Bewerber stellen. Die flexible Wahl des Arbeitsortes ist für die meisten nur noch ein Hygienefaktor, ohne Homeoffice ist fast kein Job mehr attraktiv, bei dem quasi nur Computer, Tisch und Telefon benötigt werden. Wissenschafterin Elora Voyles von Tinypulse zählte auf CNBC einige Gründe auf, warum gerade das Arbeitsmodell, das Freiheit bringen soll, Stress auslöst. Die Menschen verlieren durch den ständigen Ortswechsel einen geregelten Rhythmus, und ihr Tagesablauf ändert sich konstant.

Was soll es denn nun sein?

Es gibt zwei Arbeitsplätze, die es zu verwalten gibt: das Office zu Hause, das Office im Büro – und an beiden Orten finden sich unzählige Utensilien, Notizbücher, Akten, Geräte. Gleichzeitig verursacht es Unsicherheit, wenn der Arbeitgeber regelt, an welchen Tagen die Mitarbeiter zu Hause bleiben dürfen und an welchen sie ins Büro kommen müssen.

Fehlen die Struktur und die Planbarkeit, kann das für viele arbeitende Menschen belastend werden. Das Fazit also: Auch hybrides Arbeiten – welches laut Studien die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher bevorzugen – ist nicht immer einfach umzusetzen und problemfrei. Im Gegenteil: Hybrides Arbeiten stellt Führungskräfte vor immer neue Herausforderungen – immer mehr neue Tools und Systeme werden in den täglichen Umgang miteinander einbezogen, und sie müssen sowohl mit den Teammitgliedern im Büro als auch mit jenen im Homeoffice in Kontakt bleiben.

Hybride Meetings erfordern deutlich mehr Planung sowie deutlich mehr Koordination und Feinfühligkeit von jeder Führungskraft. Schenken sie ihren Teammitgliedern Vertrauen und pflegen sie regelmäßige Kommunikation, ist bereits viel gewonnen – egal wo die Mitarbeitenden sitzen. Einige Firmen wollen sich damit rühmen: Spotify nennt sein Konzept "Your Work Mode", was den Mitarbeitern das Gefühl von Autonomie geben soll. Der Personaldienstleister Randstad und die Unternehmensberatung KPMG wollen "Flexibilität mit Intention". Mitarbeiter sollen einen Grund angeben, warum sie zu Hause oder im Büro arbeiten. So starten sie zumindest einen Reflexionsprozess. (mera, 9.2.2023)