In der KTM Produktion wurde die Viertagewoche getestet – und wieder abgeschafft.

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Eines der vielversprechendsten Modelle der neuen Arbeitswelt ist die kürzere Woche, respektive das längere Wochenende. Sie soll zu mehr Wohlbefinden bei den Angestellten führen, mehr Raum für Familie und Freunde lassen. Auch Studien zeigen positive Auswirkungen auf Menschen, die nur vier Tage arbeiten gehen.

Bei dem börsennotierten Motorradhersteller KTM im oberösterreichischen Mattighofen ist damit jetzt Schluss, wie die "Krone" berichtete. Im Gespräch mit dem STANDARD erklärt der Personalvorstand Viktor Sigl, warum es nach dem viermonatigen Pilotprojekt für produzierende Arbeiterinnen und Arbeiter nun wieder mit fünf Tagen pro Woche weitergeht.

Betroffen hat die Viertagewoche in dem Sinne nur die Menschen in der Produktion. KTM änderte den Schichtbetrieb vor vier Monaten auf ein Vier-Tage-Rad. Statt wie gewohnt von 6 bis 14 Uhr und 14 bis 22 Uhr gab es dann Schichten zwischen 4 Uhr bis 24 Uhr, vier Stunden pro Tag mehr. Somit war die wöchentliche Arbeitszeit der Angestellten schon nach vier Tagen erreicht.

"Durch die vier Stunden mehr pro Tag hatten wir auch mehr Kapazität", erklärt Sigl. So hätten die Kapazitätsspitzen im Winterbetrieb am Produktionsband der Motorräder abgedeckt werden können. In der zweiten Jahreshälfte konzentriert sich KTM laut Sigl mehr auf Offroad-Fahr- und Motorräder. Im Winter wird von Straßenfahrzeugen viel mehr produziert. Dazu hätte es in der Zeit weniger Krankenstände gegeben – ein positives Zeichen für KTM.

Zehn Stunden sind zu viel

Aber warum dann nicht weiter die vier Tage lassen, wenn es funktioniert? Wer zehn statt acht Stunden pro Tag arbeitet, sei natürlich gleich mehr angestrengt, sagt Sigl. Es sollte nur ein Pilotprojekt werden, ein Test also, wie gut die Viertagewoche im Betrieb ankommt. "Wenn es die Kapazität aber erfordert, schließe ich nicht aus, dass wir wieder auf dieses Modell zurückgreifen."

Ganz so simpel ist es dann aber auch nicht, einfach auf eine Viertagewoche umzustellen. Während produziert wird, braucht es auch unterstützende Dienstleistungen, IT-Hilfe und Logistikunterstützung. Diese Angestellten mussten in den letzten vier Monaten Überstunden leisten, die sie später wieder mit Zeitausgleich abbauen müssen. Das ganze Jahr über sei dieser Zustand nicht umsetzbar.

Mehr Spielraum bei Büroangestellten

Für die Flexibilität aller Angestellten des Unternehmens brauche es allerdings keine Viertagewoche, sagt Sigl. Bei Büroangestellten gebe es bereits das Gleitzeitmodell oder flexible Zeiteinteilung. So könnten sich die Menschen an Freitagen selbst frei nehmen, wenn sie die Stunden bis dahin abgearbeitet hätten. "Es gibt nicht die Lösung, die für alle passt", erklärt Sigl, "es braucht eher einen Bauchladen an Arbeitsmöglichkeiten, der auf die individuellen Bedürfnisse Rücksicht nimmt."

Wenn jemand etwa eine Kinderbetreuung für genau acht Stunden pro Tag organisiert hat, könne man dieser Person nicht zehn Arbeitsstunden pro Tag zumuten, erläutert der Personalvorstand. Außerdem sei es Sache der Führungskräfte, die Arbeitszeiten und Aufgaben so zu koordinieren, dass die Gleitzeit nicht zu Konflikten im Team führe.

Die ersten Modellversuche zur Viertagewoche, etwa in Neuseeland, bedeuteten jedoch nicht nur weniger Tage, sondern eine Verkürzung der gesamten Arbeitszeit: Acht Stunden, aber nur vier Tage. Eine Lösung bei KTM? Nicht durchführbar, sagt Sigl. Wie bei den meisten Firmen, spüre auch KTM den Fachkräftemangel. "Wenn wir die Arbeitszeit jetzt auch noch verkürzen, könnten wir gar nicht mehr produzieren."

Zwar hätte sich das Pilotprojekt also für die produktionsintensiven Monate erst einmal bewährt. Aber trotzdem sei es nicht das einzige Instrument, um die Kapazitäten in Zukunft abzudecken, so das Fazit des Vorstands. (mera, 9.2.2023)