In einer vom deutschen WDR in Auftrag gegebenen Studie gaben 41 Prozent der Befragten an, dass ihnen das Thema nicht wichtig sei.

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Wien/Köln – Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hat eine Umfrage zur Akzeptanz geschlechtsneutraler Sprache in Auftrag gegeben. Demnach spielt für fast zwei Drittel der Befragten gendergerechte Sprache kaum oder gar keine Rolle. Das sind laut WDR etwas mehr als vor zwei Jahren. Dabei sei sie eher für Jüngere relevant, bei älteren Zielgruppen zeige sich laut Studio eine größere Ablehnung.

Laut WDR wurden im September mehr als 1.000 Menschen zur geschlechtsneutralen Sprache befragt. Die Ergebnisse wurden anschließend mit einer ähnlichen Umfrage aus dem Jahr 2020 verglichen.

Die Ergebnisse

Gefragt nach ihrer Haltung zum Thema, gaben 41 Prozent der Befragten an, dass ihnen das Thema nicht wichtig sei. Zum Vergleich: 2020 waren es 30 Prozent. Sehr wichtig finden das nur 16 Prozent, 2020 waren es noch 19 Prozent.

Dabei gab es bei den Antworten offenbar kaum Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Jüngeren Menschen ist das Thema allerdings wichtiger als älteren: "Zum Vergleich: Für 43 Prozent der jüngeren Umfrageteilnehmer (14–29) ist das Thema Gendern wichtig, für 68 Prozent der Älteren (50–59) ist das Thema weniger bis gar nicht wichtig."

Akzeptanz gibt es hingegen für geschlechtsneutrale Formulierungen in Form der Doppelnennung, also wenn die männliche und die weibliche Form genannt wird – zum Beispiel bei "Kolleginnen und Kollegen". Laut WDR würde dies auch in der Berichterstattung von "mehr als zwei Dritteln der Befragten" akzeptiert.

Schlussfolgerungen

Der Sender zieht daraus seine eigenen Schlüsse und verzichtet auch in Zukunft auf geschlechtsneutrale Sprache im Programm. "Sprache ist ja etwas ganz Persönliches, und wir wollen so sprechen wie unser Publikum", sagt WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn. "Und wenn wir feststellen, dass diese Sprechlücke abgelehnt wird, dann empfehlen wir auch, darauf zu verzichten." Einzelne Redaktionen könnten sich für die Nutzung entscheiden, "wenn die Form beim Publikum eines speziellen Angebots überwiegend vertraut und gebräuchlich ist, beispielsweise bei einem Angebot in den sozialen Medien".

"Wir werden auch weiterhin die gesprochene Genderlücke nicht verwenden", teilt WDR-Chefredakteur Stefan Brandenburg auf der Homepage mit. "Wir sagen nicht 'Bürger innen' mit kurzer Pause dazwischen, außer in einzelnen Angeboten, die sich zum Beispiel an Zielgruppen richten, die selbst so reden. In unseren allgemeinen Informationsprogrammen werden Sie eher von 'Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern' hören oder von 'Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten' Allerdings nicht krampfhaft, nicht immer, nicht um jeden Preis."

Wie gendern Österreichs Sender?

  • Im ORF hat Generaldirektor Roland Weißmann eine Arbeitsgruppe beauftragt, sich mit geschlechterspezifischer Sprache in ORF-Medien auseinanderzusetzen: "Dabei sollen etwa auch Richtlinien erörtert und erarbeitet werden, wie man zielgruppenorientiert mit dem Thema umgeht. Ein vorläufiges Ergebnis der Arbeitsgruppe ist in den kommenden Wochen zu erwarten."
  • ProSiebenSat.1Puls4 bezieht sich auf die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen: "Wir arbeiten täglich daran, uns in all diesen Bereichen zu verbessern und einen Beitrag zu leisten." Das betreffe auch "Gleichberechtigung und Inklusion. Inklusion fängt bei der Sprache an. Dafür gibt es einen detaillierten internen Konzern-Leitfaden." Durch diskriminierungsfreie Kommunikation will man "ein inklusives Arbeitsumfeld" schaffen. "Und so treten wir auch nach außen auf. Wir haben uns entschieden, keine verpflichtende Vorgabe, aber unsere Haltung deutlich zu machen. Wir wollen als Medienunternehmen genderneutral kommunizieren. Wir wollen sensibilisieren und Orientierung geben. Wir sprechen demnach sowohl in unseren Texten als auch in unseren gesprochenen Moderationen diskriminierungsfrei, ebenso achten wir in unserer Bildauswahl auf Geschlechtervielfalt."
  • Statement von Servus TV:* (Update 12.2., 16.46): "Es gibt keine Gender-Richtlinien im Haus. ServusTV wendet sich grundsätzlich immer an alle Zuseherinnen und Zuseher." (prie, 12.2.2023)