Eigentlich wollte die Kärntnerin Inge Eberhard in Colorado Maschinenbau studieren. Die Tochter eines Försters hatte eines der ersten Fulbright-Stipendien aus den USA zugesprochen bekommen, ein renommiertes Austauschprogramm. Eine Begegnung auf einer Party veränderte ihr Leben: Sie lernte den Burmesen Sao Kya Seng kennen, der Bergbau studierte. Ein Jahr später heirateten die beiden in Colorado.

Als ein Schiff mit dem jungen Ehepaar an Bord 1954 im Hafen von Rangun anlegte, stand dort eine jubelnde Menschenmenge. In einem ihrer Bücher beschreibt die damals kaum zwanzigjährige Frau, sie habe ihrem Mann gegenüber gemutmaßt, jemand Wichtiges müsse an Bord sein, worauf er antwortete: "Es gibt etwas, das ich dir sagen muss."

In einem Laden in Burma hängt ein Bild von Inge Sargents Ernennung zur Mahadevi, der "himmlischen Regentin".
Foto: Rainer Feldbacher

Der junge Mann entpuppte sich als König des Kleinstaates Hsipaw, der damals zu Burma gehörte, dem heutigen Myanmar. Niemand außer dem Leiter des Bergbau-Colleges, an dem er studiert hatte, hatte in den USA davon gewusst. Sao – der vorangestellte Name ist der Nachname – war bereits mit 22 Jahren König geworden, hatte aber das Gefühl gehabt, seinem Volk nicht helfen zu können. Deshalb war er ins Ausland gegangen, um zu studieren. Das Ziel war, die Bodenschätze des Landes zu erschließen. Seiner Ehefrau hatte er seine Geschichte verheimlicht, um sicherzugehen, dass seine Herkunft keine Rolle für ihre Beziehung spielte.

König für Reformen

Inge Eberhard nahm den Namen Sao Nang Thu Sandi an. Nur drei Jahre später wurde ihr Mann Sao Kya Seng erneut zum König des aus 34 Fürstentümern bestehenden Staates gekrönt, und sie zur Mahadevi, der "himmlischen Regentin".

Sao machte sich daran, seinen Staat zu reformieren und das Feudalsystem abzuschaffen. Reisfelder wurden Bauern überlassen, sie bekamen neue Landmaschinen geschenkt. Die Einnahmen aus den Bodenschätzen wurden in die Modernisierung des Landes gesteckt. Auch seine Frau Inge blieb nicht untätig. Sie gründete eine Schule, eine Entbindungsstation und versuchte, die hohe Kindersterblichkeit zu senken.

Das Königspaar zur Zeit der Krönung. Nach nur wenigen Jahren Regentschaft dankte Sao Kya Seng ab.
Foto: Myanmar Historical Archive

Außerdem sollte der Hsipaw-Staat von der Zentralregierung in Rangun unabhängig werden. Auch die anderen von der Minderheit der Shan bewohnten Staaten strebten die Unabhängigkeit an. 1959 dankte Sao schließlich ab, war aber weiterhin Mitglied des burmesischen Oberhauses, eine Position, die er bereits seit 1954 innehatte. 1962 putschte das Militär Burmas unter General Ne Win, Sao Kya Seng wurde verschleppt und verschwand, ebenso wie andere politische Persönlichkeiten der Shan-Staaten. Die Mahadevi wurde mit ihren Kindern unter Hausarrest gestellt. 1964 gelang ihr die Flucht nach Österreich.

Bucherlöse für Hilfsprogramm

Von dort kehrte sie erneut in die USA zurück, wo sie Howard Sargent heiratete, dessen Namen sie fortan trug. "Tad", wie er genannt wurde, war studierter Elektroingenieur und nahm sowohl an wissenschaftlichen Expeditionen in der Antarktis teil als auch am Apollo-Programm, wo er in der Bodenstation in Houston arbeitete. Er überredete sie, ihre Memoiren zu schreiben, die 1994 unter dem Titel "Twilight over Burma" bei einem hawaiianischen Verlag erschienen. Den Erlös der Buchverkäufe steckte sie in ein Hilfsprogramm für burmesische Flüchtlinge. Für ihren Einsatz wurde sie im Jahr 2000 mit dem Menschenrechtspreis der United Nations Association of Boulder County ausgezeichnet. Im selben Jahr erschien eine Dokumentation über ihr Leben unter dem Titel "Die himmlische Prinzessin".

2015 wurde ihre Geschichte schließlich von Sabine Derflinger basierend auf Sargents 1994 erschienenem Buch verfilmt. Sargent selbst äußerte sich in Interviews gerührt über die Besetzung und die Authentizität des Films.

Das Unrecht der mutmaßlichen Ermordung ihres Ehemanns hat sie nicht verwunden. Noch vor drei Jahren gab Sargent an, jedes Jahr der Führung von Myanmar einen Brief zu schreiben, in dem sie fordert, Verantwortung für den Tod von Sao zu übernehmen. Sie hoffte vergeblich und verstarb nun im 91. Lebensjahr in Colorado, nicht einmal ein Jahr nach ihrem Ehemann Howard. (rkl, 9.2.2023)