Im Gastblog analysiert Rechtsanwältin Yara Hofbauer, wie rechtlich gegen Diskriminierung vorgegangen werden kann – und wo es bisher an Handhabe fehlt.

Das Thema Diskriminierungsschutz hat im gesellschaftlichen Diskurs an Bedeutung gewonnen. Nicht zuletzt aufgrund zahlreicher medienwirksamer Hashtags wie #MeToo, #MeTwo oder #BlackLivesMatter, wurden spezifische Diskriminierungsformen weitreichend öffentlichkeitswirksam diskutiert.

Es soll vorgekommen sein, dass dies dem einen oder der anderen zu viel wurde, man habe doch ohnehin bereits völlige Gleichberechtigung erreicht. Tatsächlich können Nichtbetroffene den Eindruck bekommen, Diskriminierung, also die benachteiligende Ungleichbehandlung auf Basis von zugeschriebenen Merkmalen, wäre nun die Ausnahme in einer an sich gleichberechtigten Gesellschaft. Kurz: Verhindern, Erkennen und Sanktionieren von Diskriminierung funktionieren.

Jedes Jahr wird gegen Diskriminierung protestiert, etwa bei der Regenbogenparade in Wien. Doch wie sehr schützt die rechtliche Dimension vor solchen Benachteiligungen wirklich?
Foto: Christian Fischer

Bewusstseinsbildung und rechtlicher Rahmen

Dabei ist das Verständnis über den genauen Umfang des bestehenden Diskriminierungsschutzes mitunter diffus. Es kommt vor, dass Betroffene wie Diskriminierende sich ihrer Rolle im Rahmen eines Diskriminierungssachverhalts gar nicht bewusst sind. Denn oft diskriminieren wir nicht aus Böswilligkeit und sehen uns andererseits nicht als Betroffene von Diskriminierung, sondern schließen aus den diskriminierenden Hindernissen, auf die wir stoßen, dass wir selbst das Problem sind. Denn Diskriminierung basiert auf bekannten Denkmustern, verinnerlichten Vorbehalten und auch Bequemlichkeit.

Aber auch wenn Betroffenen die Diskriminierung bewusst ist, können oder wollen sie sich nicht immer dagegen wehren. Nicht selten, weil ihnen einfach die Kraft fehlt, sich einem hürdenreichen System zu stellen. Tatsächlich ist es nämlich keinesfalls so, dass jegliche Diskriminierung, unabhängig davon, in welchem Kontext sie geschieht, rechtlich verboten ist und auch in diesem Fall bleiben vielfach faktische Probleme in der Rechtsdurchsetzung bestehen.

Geschützte und ungeschützte Bereiche

Im Arbeitskontext etwa, sind die Merkmale "ethnische Herkunft", "Geschlecht", "sexuelle Orientierung", "Behinderung", "Religion und Weltanschauung" sowie "Alter" geschützt. Am Arbeitsplatz ist eine Diskriminierung auf Basis dieser Merkmale also grundsätzlich verboten – natürlich gibt es auch hier wieder Ausnahmen – , im Bereich Güter und Dienstleistungen – beispielsweise im Supermarkt, beim Arzt, oder in der Bar – sind es wiederum nur Geschlecht, Behinderung und ethnische Herkunft, und im privaten Bereich sind wir Diskriminierung überhaupt rechtlich schutzlos ausgeliefert. Lässt sich das Merkmal, aufgrund dessen man diskriminiert wird, nicht in eine dieser Kategorien pressen, ist man ebenfalls ungeschützt.

Eklatant zeigt sich dies bei Diskriminierungen auf Basis des Aussehens, beispielsweise, wenn eine Person aufgrund ihres Gewichts diskriminiert wird. Liegen bestimmte Voraussetzungen vor, könnte man lediglich Mobbing oder Beleidigung geltend machen. In beiden Fällen greifen die Schutzmechanismen und erleichterten Möglichkeiten des Rechtszugangs, die für Diskriminierungsfälle vorgesehen sind, aber nicht.

Arbeit gegenüber Gütern und Dienstleistungen

Wird also ein schwuler Mann aufgrund der homophoben Einstellung des Arbeitgebers nicht eingestellt, so kann er sich gegen diese Diskriminierung (Beweismöglichkeit freilich vorausgesetzt, hier wären wir im Bereich der faktischen Hindernisse) rechtlich zur Wehr setzen. Wird er in einen Verein aufgrund seiner sexuellen Orientierung nicht aufgenommen, ist er demgegenüber grundsätzlich ebenso schutzlos, wie wenn er bei der Inanspruchnahme von Gütern und Dienstleistungen diskriminiert wird. So wurde Medienberichten zur Folge kürzlich ein Paar konsequenzenlos aus dem Taxi geworfen, weil ein Mann seinen Lebensgefährten geküsst hatte.

Aber auch die faktischen Hindernisse stehen der Geltendmachung von Diskriminierung entgegen. Neben verinnerlichten Vorurteilen und Stereotypen finden sich viele Betroffene in einer Situation wieder, in der sie aus Angst vor Repressalien, wenn sie Diskriminierung melden, nichts sagen oder, weil sie im Vorhinein überzeugt sind, dass sie ohnehin nichts erwirken können.

In nüchterner Betrachtung zeigt sich also, dass Diskriminierungsschutz in Österreich kleinteilig ist und signifikante Lücken aufweist. Eine seriöse und emotionsbefreite Debatte darüber bleibt damit jedenfalls erforderlich. (Yara Hofbauer, 13.2.2023)