Elizabeth Ward, Mani Obeya und Yari Stilo tanzen in "Georges tremble".

Foto: Elsa Okazaki

Ein Mann liest den Namen seines Vaters im Pariser Mémorial de la Shoah. Ein Schauer durchläuft ihn: was später in den Titel eines Tanzstückes einfließen wird. Choreograf Samuel Feldhandler erinnert sich bis heute an die Reaktion seines Großvaters – und gibt seinem jüngsten Tanzstück den Titel Georges tremble.

Die Arbeit wird jetzt im Tanzquartier uraufgeführt. Mit dem 1993 geborenen und derzeit in Wien lebenden Samuel Feldhandler bereichert ein ganz besonderer junger Tanzmacher die Wiener Szene. Seine Werke entspringen eher ästhetischen Materialien und Musikkontexten als irgendwelchen aktivistisch motivierten Zusammenhängen von Performance, Theater und bildender Kunst. Feldhandler stammt aus einer französischen Musikerfamilie, studiert hat er in Amsterdam und Stockholm.

Ein Tanz wie eine dreiteilige Sonate

Das Tanztrio Georges tremble ist aufgebaut wie eine dreiteilige Sonate: Diese Form hat Feldhandler bereits mehrfach auf seine Choreografien angewandt. Eine seiner jüngsten Arbeiten, das Gruppenstück In a Common Dance von 2020, folgt der Struktur einer Symphonie. In Georges tremble tanzen nun Elizabeth Ward, Mani Obeya und Yari Stilo. Bühnenbild und Kostüme stammen von Feldhandlers Schwester Alma. Die junge Malerin hatte gerade in Paris eine Einzelausstellung.

Für den Sound sorgt Paul Kotal zusammen mit dem Choreografen, der Bachs Ich ruf zu dir selbst intoniert. Die Tanzpassagen versprechen einige Aha-Momente, denn Feldhandler spickt sein Stück mit Bewegungszitaten von Musikern wie Dizzy Gillespie bis zu Choreografen à la Dominique Bagouet. Auch hier unterstreicht er die Position des Poetischen im Tanz. Damit zu zeitgenössischen Statements zu finden ist nicht einfach für eine junge Generation, die in krisenhaften Dynamiken nach adäquaten Ausdrucksmöglichkeiten sucht. Samuel Feldhandler scheint das zu gelingen. (Helmut Ploebst, 10.2.2023)