Bildung lohnt sich, findet der emeritierte Professor. Karl Heinz Gruber.

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Karl Heinz Gruber ist STANDARD-Leserinnen und -Lesern wohl bekannt. Viele Jahre hindurch hat der ehemalige Ordinarius für Vergleichende Erziehungswissenschaft an der Uni Wien höchst sachkundige und erhellende Beiträge für diese Zeitung geschrieben und einem österreichischen Laienpublikum (und Fachleuten) lehrreiche Blicke auf schulische Verhältnisse jenseits der nationalen Grenzen ermöglicht.

Stiller Beobachter

In seiner langen akademischen Tätigkeit hat Karl Heinz Gruber konkrete Erziehungsrealitäten in Schweden, Frankreich, Japan, Großbritannien und den USA studiert, oft nach dem "Fly on the Wall"-Prinzip, als stillschweigender, aber präzise wahrnehmender Beobachter dessen, was sich in Klassenzimmern rund um den Erdball abspielte und für die Verbesserung der einschlägigen hiesigen Systeme nutzbar gemacht werden konnte.

Nun hat Gruber, der seit 2003 emeritiert ist, aber bis 2020 an verschiedenen Universitäten weiterlehrte, den Fundus seiner STANDARD-Beiträge ergänzt und zu einem kleinen, feinen Büchlein mit dem Titel Vergnügte Wissenschaft zusammengestellt (die Fröhliche Wissenschaft war schon an Nietzsche vergeben).

Von ziemlich weit unten

Es ist autobiografischer Natur, erschöpft sich jedoch nicht in einer selbstbezogenen Lebensbeschreibung, sondern vermittelt auch viel Wissen über Eigenheiten und Usancen an diversen Erziehungsstätten, seien es nun Weltklasseuniversitäten wie Oxford oder Stanford oder bescheidene ländliche Volksschulen im Oberösterreich der 1960er, wo Grubers Karriere ihren Ausgang nahm. Der Stolz und die Freude des Autors über einen Lebenslauf, der ihn, eine sozial oft auch schwierige Sache, "von ziemlich weit unten nach ziemlich weit oben" gebracht hat, ist dem Buch auf jeder Seite anzumerken.

Karl Heinz Gruber, "Vergnügte Wissenschaft. Ein pädagogischer Selbstversuch. Fragmente einer akademischen Karriere". € 18,– / 142 S. Bibliothek der Provinz, Weitra 2022.
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Es lässt sich als eine Hommage an die Mühe, das Vergnügen und den Lohn des Sich-Bildens lesen, eine Tätigkeit, von der Gruber von Jugend an fasziniert war und die es ihm ermöglicht hat, aus den bescheidenen Umständen eines oberösterreichischen Arbeiterhaushalts in lichte akademische Höhen emporzusteigen: sechs Jahre in Oxford, Gastprofessuren in aller Herren und Damen Länder, Chairman des OECD-CERI in Paris, "dem wichtigsten und mächtigsten internationalen Gremium für Bildungsforschung und Schulentwicklung", und so fort. Nicht all seine Karriereschritte schreibt sich Karl Heinz Gruber als eigenes Verdienst zu. Er lernte Mentoren wie den Oxford-Germanisten Jim Reed kennen oder den mit eminentem Wissen über das Schul- und Universitätswesen der englischsprachigen Welt ausgestatteten Erziehungswissenschafter David Phillips. Diesen und anderen Förderern und Freunden widmet Gruber ein eigenes Kapitel.

Ohne Imponiergehabe

Gruber schreibt unterhaltsam und witzig, fachchinesisch verbrämtes Imponiergehabe liegt ihm fern. Als überzeugter Anglophiler hängt er der Denkschule der "joking seriousness" an, wonach ein Text, ein Vortrag, ein Kommentar zugleich wissenschaftlich korrekt und unterhaltsam sein kann.

Er liebt das Bonmot, die prägnante, knappe Formulierung, Witz, Ironie und die Anekdote (manche davon mit unerwartetem Personal wie dem Wiener Großbäcker Johann Ströck, den Gruber bei einem Spitalsaufenthalt als Bettnachbarn kennenlernt). Die Leichtigkeit und Frische der Darstellung macht die "Vergnügte Wissenschaft", die Karl Heinz Gruber betrieben hat, nicht nur zu einem Vergnügen für ihn, sie ist es auch für seine Leserschaft. (Christoph Winder, 14.2.2023)