Auch wenn nach dem EU-Gipfel viele Fragen über den Umgang der Union mit Migration offen bleiben, gab sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im "ZiB 2"-Interview durchwegs zufrieden.

Foto: IMAGO/NurPhoto

Nach dem heute abgeschlossenen EU-Gipfel gab sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im "ZiB 2"-Interview rundum zufrieden. Es sei ein Erfolg, dass Migration überhaupt wieder für die gesamte Union zum Thema geworden sei, wiederholt Nehammer mehrmals. Und: Es seien konkrete Formulierungen heraus gekommen.

Genau das stellt Moderator Martin Thür aber infrage. Von einem Zaun an den EU-Außengrenzen, den Nehammer zuletzt des Öfteren gefordert hatte, ist explizit keine Rede. Das Thema Infrastruktur sei aber jedenfalls von den EU-27 angesprochen worden. Was damit konkret gemeint sei, sei eine "philosophische Diskussion", sagt Nehammer, denn Grenzschutz sei etwas, das an Land und im Wasser unterschiedlich funktioniere. "Es kommt auch nicht das Nicht-Zaun-bauen vor", gibt sich der Kanzler optimistisch.

ORF

Unterstützung für bulgarischen Zaun bleibt offen

Könne sich Nehammer aber vorstellen, Bulgarien finanziell beim Bau eines Grenzzaunes zur Türkei zu unterstützen? Dieser sollte ja immerhin zwei Milliarden Euro kosten. Nehammer antwortet ausweichend: All die Kosten, die sich Bulgarien jetzt aufgrund der Beschlüsse des EU-Gipfels erspare, etwa Personalkosten oder technische Ausrüstungen für Wachtürme, könne Bulgarien jetzt selbst etwa für einen Zaun verwenden.

Was aber, wenn Zäune und andere strengere Grenzkontrollen dazu führen, dass wieder mehr Menschen über den Seeweg versuchen, in die EU zu gelangen und dabei ertrinken? Nehammer sieht die Schuld dafür bei Schleppern. Und der Grenzschutz sei immerhin dazu da, "damit das Geschäftsmodell der Schlepper zerstört wird."

Registrierung an Außengrenzen ohne Verteilung

Darüber hinaus spricht Nehammer von Rückführungsabkommen, die stärker forciert werden sollen und ehrlicher Unterstützung für Herkunftsländer und Transitländer, wie aber diese Unterstützung genau aussehen könne, bleibt offen.

Auch wie die Registrierungsstellen an den EU-Außengrenzen funktionieren sollen ohne eine Einigung auf einen Verteilungsmodus, ist unklar. Von Thür danach gefragt, betont der Kanzler, es sei wichtig einen "Fuß in der Tür" zu haben, der Verteilmodus könne erst in Angriff genommen werden, wenn die Registrierungsstellen an Außengrenzen funktionieren. Wer aber Menschen aufnehmen und versorgen soll, das scheint für Nehammer klar: "Die Frage kann nur sein: Wie funktioniert eine Verteilung von Österreich weg?" (lew, 10.2.2023)