Hans Krankl feiert am Dienstag seinen 70. Geburtstag.

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Cordoba, 21. Juni 1978: Österreich schlägt bei der WM Deutschland 3:2, Krankl netzt zweimal – legendär.

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Am 14. Februar wird Hans Krankl alias Johann K. also 70 Jahre alt. Grund genug, ihn anzurufen, man kennt einander ja seit einer halben Ewigkeit. Es ist Mittagszeit, Krankl ist putzmunter. "Ich habe in meinem Leben noch nie am Tag geschlafen." Abgesehen von der Zeit als Säugling und Kleinkind.

Der Goleador zeigt sich durchaus erfreut. Man beschließt, kein investigatives Interview zu führen, es ist mehr eine Plauderei. Da die Welt ohnedies in Tristesse zu versinken droht, wird die Idee geboren, den Schmäh ein bisserl rennen zu lassen. Wobei durchaus die Gefahr besteht, dass er davonrennt. Andererseits: Wer nicht wagt, hat schon verloren. Krankl weiß aus Erfahrung: "Viele Menschen haben leider gar keinen Schmäh." Am 17. Februar schmeißt Rapid im Allianz-Stadion ein großes, ausverkauftes Fest für ihn. "Das ist nett", sagt der Jubilar.

STANDARD: Beinharte Einstiegsfrage: Wie geht es Ihnen, und was wünschen Sie sich zum 70er?

Krankl: Mir geht es gut, und ich wünsch’ mir, dass alles so bleibt, wie es ist. Ich bin zufrieden. Für mein Alter bin ich ziemlich fit, die paar Wehwehchen sind zu akzeptieren.

STANDARD: Sie können sich eine Frage wünschen. Vielleicht eine, die Ihnen noch nie gestellt wurde.

Krankl: Keine Ahnung, ich bin schon alles gefragt worden. Aber es ist trotzdem ein nettes, angenehmes und großzügiges Geschenk.

STANDARD: Stimmt. Ich habe übrigens 1971 als elfjähriger Bub mit mittelmäßigen Perspektiven Ihr erstes Spiel für Rapid auf der Pfarrwiese gesehen. Was bedeutet Ihnen das?

Krankl: Viel, super, es war mein Beginn, und wir waren beide dabei. Super ist auch, dass Sie sich daran erinnern können.

STANDARD: Das ist doch selbstverständlich. Ich weiß dafür manchmal nicht mehr, was gestern passiert ist. Ein Vorschlag: Wir sprechen nicht über Cordoba, okay?

Krankl: Ich habe kein Problem mit Cordoba, es ist ein Stück österreichische Fußballgeschichte. Aber mir ist wurscht, ob wir darüber reden oder nicht.

STANDARD: Dann sind wir uns einig. Hatten Sie das Pech der frühen Geburt? 40 Jahre später, und Sie wären ein Multimillionär, hätten tiefgelegte Super-Autos mit vergoldeten Felgen, einen bis zum Haaransatz tätowierten Körper und ein Instagram-Profil mit ein paar Milliarden Followern.

Krankl: Tätowiert wäre ich nicht. Instagram-Follower hätte ich genau null, weil ich die Voraussetzung, auf Instagram zu sein, nicht erfüllen würde. Tolles Auto mag sein, aber eines mit ganz normalen Felgen. Als Multimillionär wäre ich nicht glücklicher, das viele Geld wird überschätzt. Ich hatte eine schöne, eine große Karriere, das reicht vollauf.

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STANDARD: Worauf sind Sie stolz?

Krankl: Auf meine Familie. Ich war immer der klassische Familienmensch, meine Familie war mir immer heilig, es hat nie eine Homestory über die Krankls gegeben. Ich bin froh, dass ich früher Fußball gespielt habe. Heute wird man dauernd beobachtet, es gibt keine Privatsphäre. Das würde ich weder vertragen noch ertragen.

STANDARD: Welche Fehler haben Sie gemacht?

Krankl: Eigentlich will ich nichts missen. Ein Fehler war, dass ich von Barcelona gleich zu Rapid zurückgegangen bin und nicht das Angebot vom AC Milan angenommen habe. Das tut mir immer noch leid. Ich war ein Sturschädel. Diese Entscheidung war in erster Linie deppert.

STANDARD: Warum hat es als Trainer nicht geklappt?

Krankl: Ich hatte nicht das Glück, das ich als Spieler gehabt habe, es gab nur bescheidene Erfolge. Die großen, die ich wollte, gelangen mir nicht. Aus Eigenverschulden. Ich habe mich nie so präsentiert, dass ich mich fürs Ausland angeboten hätte. Ich dachte, es geht von alleine. Da habe ich zu wenig getan. Oft hatte ich Pech mit Stangenschüssen, mit Verlängerungen. Als österreichischer Teamchef war ich ganz gut, 30 Spiele, zehn Siege, zehn Unentschieden, zehn Niederlagen sind eine ordentliche Bilanz. Jetzt gibt es 40 Legionäre, ich hatte zwei, den Stranzl und den Manninger.

STANDARD: Sie sind nach wie vor dick im Werbegeschäft, die TV-Spots laufen quasi rund um die Uhr. Keiner sagt so schön "legendär" wie Sie.

Krankl: Spusu hat das vor vier Jahren erfunden. Die Leute lachen, reden mich auf der Straße an, sagen nicht "Hallo", sondern "legendär". Das taugt mir.

STANDARD: Haben Sie ein Lebensmotto, einen Leitsatz?

Krankl: Nein.

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STANDARD: Geh bitte. Sagen Sie irgendwas, ein langweiliger Kalenderspruch würde schon reichen.

Krankl: Dann sage ich: Carpe diem.

STANDARD: Danke. Wollten Sie immer gemocht werden?

Krankl: Selbstverständlich, wer will das nicht. Da ich aber Rapid-Spieler und -Kapitän war, konnte ich nicht Everybody’s Darling sein. Als Rapidler polarisierst du halt. Und das ist eigentlich viel interessanter. Im Alter hat sich das geändert, ich denke, die meisten Leute mögen mich.

STANDARD: Reden Sie lieber über Fußball oder Musik?

Krankl: Beides. Fußball war mein Leben, mein Beruf. Die Musik war und ist meine zweite Leidenschaft.

STANDARD: Konzertbühne im Vergleich zum Fußballstadion. Wo ist das Lampenfieber größer?

Krankl: Am Anfang auf der Bühne. Ich musste alles einlernen und lerne immer noch dazu. Die Musik ist wunderbar, ich bin wieder in einer Challenge. Ich will mich im Singen und bei der Aussprache von englischen Texten verbessern. Das gelingt mir mit meinen professionellen Freunden von Monti Beton.

STANDARD: Ihr Musikgeschmack gilt als nahezu legendär.

Krank: Ich habe angefangen mit The Kinks, Uriah Heep, Deep Purple, Led Zeppelin. U2 ist später dazugekommen. Ich bleibe meinem Geschmack treu.

STANDARD: Hören Sie daheim vorm Schlafengehen ab und zu "Rostige Flügel", gesungen von Johann K.?

Krankl: Nein, nie. Ich kenne es eh und singe es bei Konzerten.

STANDARD: "Rostige Flügel" ist fast ein Austropop-Klassiker geworden.

Krankl: Was heißt fast?

STANDARD: Entschuldigung, Herr Krankl.

Krankl: Das ist ein Klassiker. Natürlich bin ich nur ein kleiner Austropopper im Vergleich zu meinen Idolen Ambros, Danzer und Fendrich. Aber Rostige Flügel hat was.

Cordoba, 21. Juni 1978: Österreich schlägt bei der WM Deutschland 3:2, Krankl netzt zweimal – legendär.
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STANDARD: Sie waren in Österreich der erste Fußballer, der auf elegante Kleidung Wert gelegt hat. Motto: Es gibt durchaus Alternativen zum Trainingsanzug. Global betrachtet ist dann viel später David Beckham in Ihre Fußstapfen getreten.

Krankl: Ich wollte immer elegant sein, das habe ich mir von spanischen und italienischen Trainern abgeschaut. Der David Beckham bemüht sich redlich, muss aber noch viel lernen, um an meinen modischen Geschmack heranzukommen. Aber er macht es eh ganz gut.

STANDARD: Wordrap gefällig?

Krankl: Ich bitte darum.

STANDARD: Wer ist der beste Fußballer aller Zeiten?

Krankl: Lionel Messi.

STANDARD: Und wer der beste Musiker, die beste Musikerin?

Krankl: Ray Davies, Leadsänger von The Kinks.

STANDARD: Rapid oder Barcelona?

Krankl: Rapid und Barcelona.

STANDARD: Drei Dinge für die Insel?

Krankl: Meine Frau, Musik, einen Fußball zum Anschauen. Wobei der Fußball auch daheimbleiben kann.

STANDARD: Für Sky sind Sie als TV-Experte tätig. Reicht das, um Ihre Lust auf Fußball zu stillen?

Krankl: Das reicht mir vollauf. Da ich schon vor Jahren entschieden habe, nicht mehr Trainer zu sein, kann ich so den Fußball ein bisserl begleiten.

STANDARD: Zum 80er dürfen Sie sich wieder eine Frage wünschen.

Krankl: Das freut mich sehr. (Christian Hackl, 13.2.2023)