Wenn der Sperber im Garten einfliegt, suchen andere Vögel den Notausgang. Weibliche Exemplare wie hier sind viel größer als männliche. (Belichtungszeit 1/125 Sek., Blende f6, Lichtempfindlichkeit ISO 1000, Brennweite 450 mm am APS-C-Sensor entspricht Bildwirkung v. 675 mm umgerechnet aufs Kleinbildformat)
Manchmal fliegen alle Vögel im Garten urplötzlich auf. Wie auf Kommando. Das Geräusch, wenn dutzende Flügel gleichzeitig schlagen, ist weithin hörbar, verliert sich aber sofort in der Luft. Oft ist es falscher Alarm, oder eine streunende Katze hat die Vögel aufgeschreckt. Aber manchmal ist es der Sperber, der den kollektiven Fluchtinstinkt aktiviert. Und dann ist Schluss mit lustig, weil auch der Luftraum nicht mehr sicher ist. Wo Vögel gefüttert werden, holt sich auch der Greifvogel sein Futter.
So leid es mir um die geschlagenen Vögel tut, so faszinierend finde ich den Sperber (Accipiter nisus). Für einen Greifvogel ist er recht klein, dafür pfeilschnell, unglaublich wendig in der Luft, er verfolgt seine Beute sogar zu Fuß im Geäst. Vor kurzem saß ein Sperber auf einem Strauch direkt vor unserem Fenster, und ich konnte ihn unbemerkt aus nächster Nähe beobachten. Besser gesagt, sie, denn es war ein großes Weibchen.
Weibliche Tiere sind viel größer
Der Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Tieren ist gewaltig. Frau Sperber kann eine Flügelspannweite von bis zu 80 Zentimetern erreichen, selbst kleine Weibchen sind immer noch größer als jedes Männchen. Sperber werden oft mit ihren Cousins, den Habichten (Accipiter gentilis), verwechselt, beide Arten haben ein gräuliches Großgefieder mit ähnlicher Bänderung und eine gesprenkelte Brust. Doch Habichte sind viel größer, sie jagen auch Mäuse und größere Vögel, Sperber sind hingegen fast ausschließlich auf kleinere Vögel spezialisiert.
Große gelbe Augen
Das Sperberweibchen auf dem Strauch hatte große gelbe Augen und wie viele Greifvögel einen sehr ernsten Blick. Ich glaube, wenn wir "Wer zuerst blinzelt" gespielt hätten, hätte ich verloren. Schon aus Respekt. Habe ich schon die langen Krallen erwähnt, mit denen Sperber bewaffnet sind? Aber keine Panik, Menschen gegenüber sind sie recht scheu. Wahrscheinlich haben sie noch nicht vergessen, dass sie in den 1970er-Jahren nach jahrelangen, großflächigen Insektizideinsätzen (DDT) in Mitteleuropa fast ausgerottet waren. Heute gelten Sperber als ungefährdet. Doch immer noch gehen Vögel an Umweltgiften zugrunde.
Streng geschützt
Wer Spatzen, Finken, Meisen und Amseln im Garten vor Sperbern beschützen will, kann nur passive Methoden anwenden. Greifvögel sind streng geschützt. Es ist weder erlaubt, sie zu töten (ganzjährige Schonzeit) noch sie etwa mit Krachern zu vertreiben. Das Gelege darf nicht angerührt werden, Bäume mit Nestern dürfen nicht gefällt werden. Intelligenter ist es, Zufluchten für Beutetiere zu schaffen. Dorniges Gestrüpp beispielsweise, in das sich kleine Vögel verziehen können, meidet der Sperber. Wenn er nicht mehr ausreichend Beute macht, sucht er sich andere Jagdgründe. (Michael Simoner, 15.2.2023)