Lassen Sie sich die Haare wachsen und schön machen, bevor Sie in den Job gehen. Ansonsten kann das schon mal ins Auge gehen.

Foto: APA/AFP/ANNE-CHRISTINE POUJOULAT

Eigentlich ist es so unfassbar niederträchtig, dass man diese jüngste Geschichte über Hass im Netz am liebsten schnell abtun würde. Dass das halt ein paar arme Würsteln sind, die offenbar nichts anderes zu tun haben, als ihren überbordenden Hass irgendwo abzuladen. Aber so einfach ist es nicht.

Was ist also passiert? Der 31. Jänner dieses Jahres war ein ziemlich erfolgreicher Tag für eine 30-jährige Polizistin. Sie konnte in Linz gemeinsam mit Kollegen einer Frau das Leben retten. Eine 75-Jährige kollabierte auf der Straße, die Polizistin und Kollegen reanimierten sie und konnten ihr schließlich das Leben retten. Die Pressestelle der Landespolizeidirektion war freilich stolz und postete ein Foto der vier beteiligten Polizist:innen auf Facebook. Ein Problem hatten die User:innen natürlich nur mit der Polizistin auf dem Bild.

Eh alles nur im Netz

Die Kommentare über die 30-Jährige sind unterirdisch dumm. Sie machen Witze darüber, dass die Frau doch nicht so aussieht, wie sie das in ihrem arg beschränkten Weltbild erwarten – nämlich dass eine Frau doch keinen Kurzhaarschnitt haben darf. Nicht mal ein bisschen "feminin" sind sie, die Haare, das Aussehen überhaupt.

An diesem Punkt passiert etwas, was im Zusammenhang mit sozialen Medien oft passiert: Man tut es als den mühsamen Sexismus im Netz ab. Irgendwelche Trottel halt, die nur dort ihren Frauenhass aufblitzen lassen. Doch diese Sichtweise wird das Problem weiter aufrechterhalten. Denn wir haben uns schon viel zu sehr an diesen Ton gegenüber Frauen im Netz gewöhnt. Dass soziale Medien nun mal ein hartes Pflaster für Frauen seien, für Transpersonen, für People of Color – kurz: für alle außer heterosexuellen weißen Männern.

Wir haben uns ebenso daran gewöhnt, dass sich keine soziale Plattform offenbar auch nur halbwegs ausreichend die Mühe macht, Hasskommentare ernsthaft anzugehen – und dass auch die Polizeiarbeit und die Justiz in diesem Feld extrem hinterherhinken. Inzwischen normalisieren sich Aussagen wie jene über die Polizistin im Netz, ständig und immer wieder. "Ist doch nicht mal strafrechtlich relevant", heißt es dann gern. In diesem konkreten Fall stimmt das für viele Postings wahrscheinlich. Aber Frauenhass ist ein gesellschaftliches Kontinuum. Nehmen wir derlei schulterzuckend hin, nehmen wir massive Diskriminierung hin.

Übung mit "blöden Kommentaren"

Frauen wissen ganz genau, dass sie oft vor allem nach ihrem Äußerlichen bewertet werden. Sie kennen die Reduktion auf ihren Körper, erfahren diese schon als Kinder und Jugendliche. Die wenigen Frauen, die damit angeblich keine Erfahrung haben, passen womöglich in das enge Korsett des "Annehmbaren". Und wir sollten es auch tunlichst lassen, es Frauen anzukreiden, wenn sie in dieses Korsett passen wollen. Einfach, um auf dieser Ebene in Ruhe gelassen zu werden.

Der oberösterreichischen Polizistin ist es hingegen herzlich wurscht, ob ihre Haare irgendwem gefallen. "Nur weil es andere stört, wie ich aussehe, werde ich mich sicher nicht verändern. Ich mag mich so, wie ich bin", war ihre Reaktion auf die Hasskommentare. Überflüssig zu sagen, dass keiner ihrer Kollegen wegen seiner Frisur, Statur oder was auch immer diffamiert wurde.

Die Polizistin hingegen hatte schon vor der Sache mit dem Facebook-Post Übung im Umgang mit "blöden Kommentare", wie sie es nennt. Und zwar nicht im Netz, sondern auf der Straße, wie sie erzählte.

Es einfach lassen

Im Jahr 2023 haben wir das also noch immer. Und es ist nichts anderes als ein bis heute selbstverständliches Überlegenheitsdenken, eine Kontrollsucht über Frauen. Das ist keine Kleinigkeit, und es sind auch keine Restbestände des Patriarchats, die irgendwann schon von allein weggehen. Es ist Alltag für Frauen, der sich durch Akzeptanz reproduziert.

Helfen würde jedenfalls schon das: Verkneifen wir uns die ständigen bewertenden Bemerkungen über das Aussehen von Frauen. Und verkneifen wir uns ebenso das Schweigen, wenn andere diese für ein paar billige Lacher in eine Runde werfen. (Beate Hausbichler, 13.2.2023)