Das Mädchen will sich als Prinzessin verkleiden, eh klar!

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Der Faschingsdienstag kommt in riesigen Schritten auf uns zu, und mein Mann und ich fürchten uns schon jetzt.

Zugegeben, Weihnachten ist ärger, aber das alljährliche Kostümdrama raubt uns ebenfalls den letzten Nerv. So auch heuer!

Im Kindergarten ist dieses Jahr das Thema "Wald". Na gut, denken sich mein Mann und ich. Das ist machbar. So ein Fuchs oder Eichhörnchen ist ja geschwind gebastelt. So schwer kann das nicht sein. Allerdings wollen unsere Kinder weder ein Fuchs noch ein Eichhörnchen sein.

Ethisch korrekte Kostüme

Das Mädchen besteht darauf, sich als Sisi zu verkleiden. Sie hat nämlich die Sisi auf sämtlichen Plakaten in ganz Wien gesehen, und seitdem ist sie dem Sisi-Wahn verfallen, nennt ihren Bruder nur mehr Franz und zieht Tag und Nacht ihr Prinzessinnenkleid an, das mittlerweile vor Dreck steht und so gar nichts Sisihaftes mehr an sich hat.

Aber was noch schlimmer ist: Unser Bub will sich unbedingt als Jäger verkleiden. Er hat, als wir am Wochenende auf dem Land waren, nämlich einen Traktor mit Anhänger gesehen und war schwer begeistert. Wir haben das zunächst als nicht sehr schlimm empfunden. Der Bub interessiert sich halt für Traktoren. Passt schon! Bis wir bemerkt haben, dass er die ganze Zeit gar nicht vom Traktor redet, sondern von den Männern, die hinten am Anhänger mit ihren Gewehren gesessen sind. Puh! Mein Mann und ich sind seit etlichen Jahren Vegetarier, kurzzeitig sogar vegan unterwegs gewesen. Dass der Bub Jäger so faszinierend findet, ist ein Schlag ins Gesicht, da wir doch alle Lebewesen achten und ihnen mit Respekt begegnen wollen. Auch unseren Kindern versuchen wir natürlich diese Moralvorstellung zu vermitteln.

Aber was noch härter ist als die Ablehnung unserer Wertevorstellungen: Was machen wir am Faschingsdienstag? Wenn unser Jäger-Sohn auf 15 kleine Kinder als Rehlein und Hasen verkleidet im Kindergarten trifft? Wenn sie tanzend um Bäume hüpfen und sich des Lebens freuen?

Wampe und Stoffwindel

Wir haben jetzt vor lauter Frust und Verzweiflung mal jeder fünf Krapfen verdrückt und einen Schnaps getrunken. Zu jedem Krapfen einen. Danach, völlig vollgefressen, fragt mich der Mann, ob wir eigentlich noch Stoffwindeln haben und greift sich dabei auf seine Wampe. In der Arbeit bei ihm gibt es nämlich auch ein Faschingsgschnas heuer, und er will sich als Sumoringer verkleiden. Woraufhin ich mir noch einen Schnaps genehmige und mich frage, ob nicht doch Fasching schlimmer ist als Weihnachten. Vielleicht gehe ich einfach als Christkindl, gönn mir ein fettes Schnitzel nach all den Jahren und fühle mich dabei wie die Sisi.

Wie das Kostümdrama geendet hat? Am nächsten Tag haben mein Mann und ich in unserer Restfettn mit Engelszungen auf unsere Kinder eingeredet und ihnen an die siebzig Bücher über "Die Tiere im Wald", "Das Leben im Wald", "Rettet den Wald" usw. vorgelesen, und wir konnten uns tatsächlich darauf einigen, dass sich unsere Tochter nicht als Sisi, sondern als Waldfee und unser Sohn als Waldarbeiter und nicht als Jäger verkleidet.

Mein Mann und ich waren unendlich stolz und davon überzeugt, dass wir jetzt endlich wissen, wie das mit der Kindererziehung wirklich geht, und wir die absoluten Überflieger als Eltern sind. Wir haben dann die halbe Nacht voller Euphorie genäht und gebastelt, gefilzt und gestrickt und uns immer wieder gegenseitig beglückwünscht. Uns haut ab jetzt bestimmt nix mehr so leicht vom Hocker!

Mit der Erziehung versagt

Am Faschingsdienstag in der Früh jedoch haben uns das Mädchen und der Bub erklärt, dass ihnen verkleiden zu deppert ist und sie sich sicher kein Kostüm anziehen, sondern einfach ihr normales Gewand tragen wollen. Wenn uns Eltern das so wichtig ist, dann sollen wir uns halt selbst verkleiden, haben sie gesagt. Sie aber doch bitte damit in Ruhe lassen. Aha! Na dann! Zurück zum Start! Anscheinend haben wir es doch nicht so drauf mit der Kindererziehung, wie wir dachten. Was also tun? Wir hauen uns die übrig gebliebenen Krapfen von gestern rein. Alles andere ergibt eh keinen Sinn. (Anja Buchta, 16.2.2023)