"Es geht um Mut, wenn man etwas Neues ausprobiert. Dieser Mut wird hier belohnt", sagt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ). Im Programm "FIT – Frauen in Handwerk und Technik" bilden die Wiener Linien gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) seit 2019 Frauen auf dem zweiten Bildungsweg in angewandter Elektronik aus. "Frauen und Technik, das muss die Zukunft sein", sagt Petra Hums, Geschäftsführerin der Wiener Linien.

Die Wiener Linien bilden gemeinsam mit dem AMS Frauen auf dem zweiten Bildungsweg in angewandter Elektronik aus. Dazu zählen auch Katharina Parisot, Sultan Demir (Erste und Zweite von links) und Heizelle Carrera (ganz rechts).
Foto: Sophie Mooseder

In der verkürzten zweijährigen Lehre werden die zukünftigen Facharbeiterinnen gezielt auf ihre Tätigkeit in den Werkstätten der Wiener Linien vorbereitet, wo sie etwa als Elektronikerin in der Fahrzeugtechnik oder im Bereich der Zugsicherungstechnik arbeiten werden. Seit vergangenem Herbst finden mehrere Lehrgänge gleichzeitig statt, sodass die Zahl der Teilnehmerinnen von zwölf auf 24 verdoppelt werden konnte. Drei Frauen berichten, warum sie sich für einen neuen Berufsweg entschieden haben und was sie von ihrem Wechsel erwarten.

"Ich habe mich nicht getraut"

"Meine Mutter war am Anfang sehr schockiert, weil sie dachte, die Elektronik sei ein reiner Männerberuf. Sie machte sich Sorgen, dass ich schwere Dinge heben muss", erklärt Sultan Demir. Dem sei aber nicht so, da sie als Elektronikerin vorwiegend Feinarbeiten durchführe. Die 31-Jährige arbeitete vor ihrer Teilnahme am FIT-Programm knapp elf Jahre im Verkauf, war dort aber nicht glücklich. "Es war immer dasselbe, man konnte nicht wirklich etwas Neues lernen. Außerdem gab es kaum Aufstiegschancen."

In technischen Berufen lerne sie im Gegensatz dazu ständig Neues, sodass es nie langweilig wird. "Ich wollte eigentlich schon viel früher umsteigen, aber ich wusste nicht, was ich für einen Beruf wählen soll." Demirs Freundin habe sie dazu motiviert, denn auch sie ist beim FIT-Programm dabei. "Ohne meine Freundin hätte ich den Mut vielleicht nicht gehabt, in die Technik umzusteigen." Was ihr anfangs Schwierigkeiten bereitet habe, ist das Lernen. "Nach so langer Zeit war der Wiedereinstieg sehr heftig." Vieles kann aber nur in der Praxis erlernt werden: Gemeinsam mit ihren Kolleginnen habe sie etwa schon Metall gesägt, gebohrt und gelötet.

"Ich möchte in der Führungsebene arbeiten"

Katharina Parisot wollte "endlich wieder voll durchstarten". Vor ihrer Teilnahme am FIT-Programm war die gelernte Bäckereiverkäuferin in Karenz. "Ich wollte unbedingt nach der Karenz nicht wieder in den Verkauf zurück, sondern eine Ausbildung starten." Eigentlich plante die 27-Jährige, die Studienberechtigungsprüfung für ein Lehramtsstudium zu machen, war dann aber zu spät dran. Das AMS habe ihr den Tipp gegeben, abseits der typischen Frauenberufe zu schauen. "Die Technik hat mich schon immer interessiert, ich wollte mit 14 Jahren schon die HTL beginnen. Damals war das aber ein zu großer Sprung, das habe ich mich nicht getraut."

Mittlerweile habe sie keine Zweifel, hier richtig zu sein. "Es war mir wichtig, dass ich in ein Unternehmen komme, wo Weiterbildungsmöglichkeiten bestehen, weil ich mich hocharbeiten möchte." Irgendwann möchte die 27-Jährige in der Führungsebene tätig sein.

"Frauen können das auch gut"

"Ich bin froh, von Zügen umgeben zu sein", sagt Heizelle Carrera. Ihr Vater habe bei der ÖBB gearbeitet, weshalb sie schon früher Einblicke in diesen Beruf erlangen konnte. Dennoch sei alles ganz neu für Carrera: "Ich hatte vor der Ausbildung noch gar keine Ahnung von Elektronik und Zügen, ich wusste nicht, wie Strom funktioniert." Sie sei schon immer neugierig gewesen und habe verschiedenste Berufe ausprobiert, bis sie wusste, was sie machen möchte. Auch sie war früher im Verkauf sowie im Büro tätig und absolvierte diverse Praktika. Sie empfehle auch anderen Frauen, das zu tun, was sie gerne machen möchten, und keine Angst davor zu haben, etwas auszuprobieren. "Durch das Programm sieht man, dass Frauen in der Technik arbeiten und das auch gut können."

Carrera ist sich sicher, dass sie auch ohne FIT-Programm in die Technik gewechselt wäre. "Irgendwie hätte ich es schon geschafft. Aber ich bin sehr dankbar für das Programm." (Sophie Mooseder, 13.2.2023)