Die Salzburger Lokalbahn soll die Landeshauptstadt unterirdisch queren und bis nach Hallein fahren.

Foto: Salzburg AG

Das Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs im Großraum der Stadt Salzburg ist schienengestützt. Aktuell erschließt die Lokalbahn ausgehend vom Hauptbahnhof Salzburg Teile des nördlichen Flachgaus und führt weiter bis ins oberösterreichische Innviertel. Der Tennengau mit der Bezirkshauptstadt Hallein ist über den südlichen Ast der Salzburger S-Bahn am orografisch rechten Salzachufer an das Nahverkehrsnetz angeschlossen.

Nach Westen fährt die S-Bahn vom Hauptbahnhof ins bayerische Freilassing und weiter nach Bad Reichenhall; ins nördliche Seenland des Flachgaus fährt die S-Bahn auf den Gleisen der Westbahnstrecke bis in die Region Wallersee und nach Straßwalchen.

Buslinien ausgedünnt

Diese Schienenstränge bilden das Gerüst des Personennahverkehrs im Großraum Salzburg-Stadt. Dazu kommen die vergleichsweise gut ausgebauten Busverbindungen in die "schienenfreien" Regionen – etwa entlang der Wolfgangsee-Bundesstraße. Was nicht funktioniert, ist der innerstädtische Öffi-Verkehr. Das Oberleitungsbussystem wurde in den vergangenen Jahren von der Salzburg AG radikal ausgedünnt, Hauptlinien fahren teilweise nur im 15-Minuten-Takt.

Vor diesem Hintergrund wäre die geplante Verlängerung der Lokalbahn als quasi "Mini-U-Bahn" unter der Landeshauptstadt hindurch und an der orografisch linken Salzachseite nach Hallein ein zentraler Meilenstein für den Personennahverkehr im Großraum der Landeshauptstadt. Mit entsprechend großem propagandistischem Aufwand wurde dieses S-Link genannte Projekt in den vergangenen Monaten auch beworben.

Erster Bauabschnitt

Für den ersten Bauabschnitt, ein nicht einmal einen Kilometer langes Stück vom Salzburger Bahnhof bis zum Mirabellplatz wurde schon eine Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht. Die Kosten von 207 Millionen Euro (mindestens) wird zur Hälfte der Bund übernehmen, die andere Hälfte müssen sich Stadt und Land Salzburg teilen. Die Finanzierungsvereinbarung der drei Gebietskörperschaften für dieses kleine S-Link-Teilstück steht.

Drei Varianten

Die Gesamtkosten für die rund 17,6 Kilometer von Salzburg bis Hallein wurden noch bis vor wenigen Wochen von der Planungsgesellschaft wie auch vom Land Salzburg mit 600 beziehungsweise 700 Millionen Euro angegeben. Inzwischen wurden die Planungen weitergetrieben, mögliche Routenverläufe sondiert und der Untergrund der Stadt mit Bohrungen genau untersucht.

Ende Jänner schlug dann die Stunde der Wahrheit, die Planungsgesellschaft legte die ersten validen Zahlen für den S-Link vor. Und die haben es in sich. Je nach Variante liegen die Kosten auf Preisbasis 2022 zwischen 1,98 und 2,83 Milliarden Euro. "Je nach Variante" bedeutet konkret:

  • Variante 1 In der "billigsten" Ausführung wird der Tunnel unter der Stadt 3,5 Kilometer lang, und es gibt vier Haltestellen unter Tag. Kostenpunkt: 1,98 Milliarden.
  • ·Variante 2 In der Ausführung mit einem 4,5 Kilometer langen Tunnel und fünf unterirdischen Haltestellen kämen die Kosten der Bahnstrecke auf 2,17 Milliarden Euro.
  • ·Variante 3 Der Tunnel unter der Landeshauptstadt wird sieben Kilometer lang, und gibt es neun Haltestellen unter der Erde. Der Kostenvoranschlag weist Kosten aus von 2,83 Milliarden Euro.

Der Schock angesichts dieser Zahlen sitzt tief. Um die Größenordnung darzustellen: Das Jahresbudget der Stadt liegt bei knapp 650 Millionen Euro. Wie es ob dieser astronomischen Summen weitergeht, kann niemand so genau beantworten. Vorerst einmal läuft die Umweltverträglichkeitsprüfung für das erste Teilstück zum Mirabellplatz, auch die Planungen für die weitere Strecke sollen vorangetrieben werden. Wer einen allfälligen Bau bis Hallein bezahlen soll, ist unklar.

Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) ließ via Lokalmedien verlauten, man überlege die Planung einer Stichstrecke bis an den bayerischen Königssee. Für ein grenzüberschreitendes Projekt erhoffe er sich EU-Gelder, wird er in den Salzburger Nachrichten zitiert.

Variante oberirdisch?

Schnöll steht mit dem S-Link politisch plötzlich ziemlich allein da. Aus den Reihen der Stadt-ÖVP ist zu hören, dass diese Summen auch beim bisherigen Schlüssel – 50 Prozent Bund, je 25 Prozent Stadt und Land – für die Stadt sicher nicht zu stemmen seien. Auch die SPÖ geht auf Distanz und hat schon angekündigt, dem Projekt die Zustimmung zu versagen. Nur der grüne Koalitionspartner bleibt auf Linie: "Ein Jahrhundertprojekt gibt es nicht zum Nulltarif", sagt Landeshauptmannstellvertreterin Martina Berthold.

Foto: S-Link

Entscheidungen sind erst ab der zweiten Jahreshälfte 2024 zu erwarten. Im April dieses Jahres wird in Salzburg ein neuer Landtag gewählt, im Frühjahr 2024 sind in der Stadt Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen. Den wahlkampfbedingten Stillstand will eine neue Bürgerinitiative nutzen. Sie will eine Bürgerbefragung durchsetzen. ÖVP, Grüne und die S-Link-Gesellschaft sind gewarnt: Mittels Bürgerbefragung wurde im Juni vergangenen Jahres auch die Erweiterung der Altstadtgarage im Mönchsberg abgedreht.

Öffi unter die Erde?

Die Kritik der Verkehrsaktivisten und -aktivistinnen geht weit über die ungeklärte Finanzierungsfrage hinaus: Der öffentliche Personennahverkehr werde unter die Erde verbannt, die Autos könnten weiterhin ungehindert durch die Innenstadt fahren, heißt es ganz grundsätzlich. Der unterirdische Schienenstrang würde auch nur rund 25 Prozent der Pendler- und Pendlerinnenströme erfassen.

Öffis und Menschen unter der Erde, Autos weiterhin über Tag?
Foto: S-Link dunkelschwarz

Und er bringe erhebliche Nachteile für die Stadtbevölkerung, da im Gegenzug bestehende oberirdische Buslinien aufgelassen werden sollen. Statt der U-Bahn solle eine oberirdische Stadtbahn gebaut werden, sagt die Initiative "Nein zum S-Link-Tunnel".

Entsprechende Planungsentwürfe gibt es tatsächlich schon seit Jahrzehnten, sie wurden allerdings von Stadt und Land nie konkreter ausgeführt, da eine Stadtbahn dem motorisierten Individualverkehr zu viel Platz wegnehmen würde. (Thomas Neuhold, 14.2.2023)