Bei den Widmungen werden die Bürgermeister alleingelassen, sagt Daniel Fügenschuh.

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"Unerträglich" sei es für ihn, wie mit den Klimaaktivistinnen umgegangen wird, sagt Daniel Fügenschuh. Der Tiroler Architekt ist seit wenigen Monaten Präsident der Bundeskammer der Ziviltechniker:innen, und als solcher will er nun ein Zeichen setzen und den jungen Menschen, die sich um ihre Zukunft sorgen, zur Seite springen.

"Die Letzte Generation wird verhöhnt in der Öffentlichkeit, das geht nicht", sagt Fügenschuh. "Die Klimaaktivisten haben schon recht, der Hut brennt. Die Zeit wird uns da recht geben."

"New European Bauhaus"

Anderswo habe man das schon erkannt, sagt Fügenschuh, der auch gewähltes Vorstandsmitglied im Architects Council of Europe ist. Auf europäischer Ebene versuche die EU-Kommission nun beispielsweise mit dem Programm New European Bauhaus die Baukultur voranzutreiben, "in Österreich passiert aber nichts". Irgendwann werde wohl ohnehin über den europäischen Umweg das Ressourcensparen auch in Österreich ankommen, doch es wäre besser, es gleich selbst in die Wege zu leiten.

Nachhaltigkeit sei in den Aufgabengebieten der Kammer schon lange "eine große Querschnittsmaterie", schon seit vielen Jahren erarbeite man Stellungnahmen und Forderungspapiere, die dann meist aber in einer Schublade verschwinden. 2017 ist es zumindest gelungen, die Baukulturellen Leitlinien auszuverhandeln und vom Ministerrat beschließen zu lassen. Sie sind bei Bauten der öffentlichen Hand eigentlich verbindlich, doch allzu oft haben sie weiterhin nur Empfehlungscharakter.

"Verbindliche Baukulturelle Leitlinien"

Fügenschuh würde das nun gern ändern. "Wir sind zwar sehr froh, dass es die Leitlinien gibt. Ohne sie wäre es noch schlimmer. Aber klar, unser Wunsch ist etwas Verbindlicheres."

Was die Raumordnung betrifft, ist die Kammer in ihren grundlegenden Forderungen ganz klar: Man müsse nicht nur Neubauten vermeiden und Sanierungen viel stärker fordern und fördern, sondern es brauche nichts Geringeres als einen kompletten Widmungsstopp, sagt Fügenschuh. "Gewidmetes Bauland gibt es ja genug." Das "sinnvolle, gezielte, planerische Sanieren ist das, was wir Ziviltechniker schon lange predigen".

Die Widmungskompetenzen seien bei den Gemeinden zwar grundsätzlich nicht so schlecht aufgehoben, aber es komme dort eben auch sehr oft zu Naheverhältnissen und Interessenkonflikten. Man sollte das ganze System deshalb aus seiner Sicht auf Transparenz evaluieren und verbessern. "Die Bürgermeister sind teils ja wirklich ziemlich alleingelassen, stehen an der Front und haben nicht die Experten, die sie bräuchten."

Vorbild Deutschland

Fügenschuh nennt als Vorbild die Städtebauförderung in Deutschland, die es seit 50 Jahren gibt und ein echtes Erfolgsmodell sei. Seit 15 Jahren gibt es dort auch ein eigenes Programm namens "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren". Städte und Gemeinden, die das in Anspruch nehmen wollen, können sich sowohl die fachliche Beratung als auch die Umsetzung von Maßnahmen fördern lassen. "Denn das ist ja bei uns meistens der Knackpunkt, dass man kein Budget für die gute Planung und Begleitung hat", sagt Fügenschuh.

Trotz aller Bemühungen, beispielsweise um eine bundesweite Agentur für Baukultur, zeichne sich so etwas in Österreich derzeit "leider nicht ab". Im Westen Österreichs, wo die Grundstückssituation naturgemäß eine andere ist, sei die baukulturelle Lage um einiges besser als im Osten, "wo immer noch gebaut wird wie in den 1960er-Jahren, ganz wild".

Man werde letztlich nicht darum herumkommen, ein bundesweites Raumordnungsgesetz zu schaffen, "denn der Raum macht ja nicht an der Bundesländergrenze halt", sagt Fügenschuh. "Es macht absolut Sinn, übergreifend raumplanerisch zu denken. Da sind die Raumplanung und der Städtebau gefordert."

Eigenes Ministerium

Zudem wäre aus Fügenschuhs Sicht ein eigenes Ministerium für Wohnbau wie in Deutschland seit der Regierung Scholz gut, "denn das Problem, dass wir zu wenig leistbaren Wohnbau haben, wird ja nicht kleiner". Alle diese Dinge müssten sich seiner Ansicht nach "langsam in einem Ressort widerspiegeln, das geht ja nicht anders". (Martin Putschögl, 15.2.2023)