Gewerkschafterinnen und Gewerkaschafter sowie streikendes Personal am Dienstagmorgen vor der Suchtklinik Anton-Proksch-Institut in Wien.

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Beschäftigte der Privatkrankenanstalten in Österreich halten seit Dienstagvormittag in sechs Bundesländern einen dreistündigen Warnstreik ab. 25 Gesundheitseinrichtungen sind davon betroffen. Das Angebot eines monatlichen Mindesteinkommensplus in Höhe von 175 Euro wurde von dem Verhandlungsleiter der österreichische Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft Vida, Harald Steer, abgelehnt, da es nicht einmal die Inflation ausgleiche. Die Gewerkschaft hatte 500 Euro gefordert. Die Arbeitgeberseite, vertreten durch Stefan Günter vom Verband der Privatkrankenanstalten Österreichs, sieht dessen Angebot unzureichend wiedergegeben.

"Austrocknung am Arbeitsmarkt"

"Dieser Betrag ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar, denn wesentliche weitere Bestandteile unseres Angebots bleiben völlig unerwähnt", sagte der Generalsekretär und KV-Verhandlungsführer des Verbands. So habe man auch einen Mindestlohn von 2.000 Euro und eine Stunde Arbeitsreduktion ab Mitte 2023 angeboten. Man verstehe aber, dass die Gewerkschaft auf ihre Situation durch eine "Austrocknung am Arbeitsmarkt" und nach drei Jahren Corona-Pandemie aufmerksam machen wolle.

Wartenden im Anton-Proksch-Institut in Kalksburg wird die Situation erklärt.
Foto: Gewerkschaft Vida

Vida-Verhandlungsleiter Steer betonte im Ö1-"Morgenjournal", dass die Gehälter der Beschäftigten in Privatkrankenanstalten innerhalb der Branche "weit abgeschlagen" seien. So sehen etwa die Kollektivverträge der Sozialwirtschaft nur eine 37-Stunden-Woche vor und böten "trotzdem höhere Gehälter". Es gebe in den Privatkrankenanstalten noch sehr viele Geringverdienende mit 1.300 Euro Nettoeinkommen.

Einen Warnstreik sehe Steer als vertretbar, weil es in den privaten Einrichtungen selten um akute, sondern in der Regel um geplante Eingriffe gehe. Ein Notbetrieb werde zudem stets aufrechterhalten.

Auch Stefan Ferenci, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, unterstützt den Protest.
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Auch Stefan Ferenci, Obmann der Kurie der angestellten Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer Wien, zeigt sich solidarisch mit den Anliegen der Streikenden: "Auch nach der sechsten Runde der Kollektivvertragsverhandlungen der Privatkrankenanstalten hat die Arbeitgeberseite nicht verstanden, dass sich die Beschäftigten im Gesundheitswesen nicht mit Scheinangeboten abspeisen lassen." Letzten Herbst hätten die Beschäftigten der Ordensspitäler mit einem Warnstreik eine faire und nachhaltige Teuerungsabgeltung erkämpft.

Lösungsvorschläge

Während Warnstreiks in Österreich zurzeit nichts Seltenes sind, ist es die Anrufung des Bundeseinigungsamtes beim Arbeitsministerium, wie von Arbeitgeberseite nun erfolgt, sehr wohl. Seit zehn Jahren soll es dazu nicht mehr gekommen sein. Dort wird nun ein Senat zusammengestellt, der Lösungsvorschläge ausarbeiten und vermitteln soll.

Für rund 10.000 Beschäftigte wird gerade der Kollektivvertrag verhandelt.
Foto: Gewerkschaft Vida

Diverse Umfragen in Einrichtungen zeigten auf, dass die aktuellen Arbeitsbedingungen bereits zu Qualitätsverlusten in der medizinischen Betreuung führen. "Es ist beim Warnstreik also nicht nur um einen Abschluss deutlich über der Inflation und einen monatlichen Bruttomindestlohn in Höhe von 2.000 Euro gegangen, sondern auch um bessere Arbeitsbedingungen für alle Berufsgruppen", betont Gewerkschafter Steer.

Der Kollektivvertrag gilt für rund 10.000 Beschäftigte. (cms, APA, 14.2.2023)