Oliver Egger: "Es ist traurig, dass einer Mut haben muss, sich zu outen."

Foto: Standard/Regine Hendrich

Mittelfeldspieler Jakub Jankto von Sparta Prag hat als erster aktiver Fußballprofi der tschechischen Eliteliga seine Homosexualität öffentlich gemacht. "Ich bin homosexuell – und ich möchte mich nicht länger verstecken", sagte der 27-Jährige in einem am Montag in den sozialen Medien geposteten Video.

Das Outing des tschechischen Teamfußballers ist laut Oliver Egger "gar nicht egal". Egger (FC Gratkorn) war in Österreich der erste Fußballer, der sich als homosexuell geoutet hat. Über das Outing eines ÖFB-Stars würde er sich freuen, auch über die Hochzeit zweier Bayern-Spieler. "Das Internet würde explodieren."

STANDARD: Ich hab' eine Zeitlang überlegt, ob ich Sie anrufe.

Egger: Ich weiß, warum Sie anrufen.

STANDARD: Ja, klar, wegen Jakub Jankto von Sparta Prag. Ehrlich gesagt: Ich zucke da mit den Achseln, weil es mir völlig egal ist, welche sexuelle Orientierung jemand hat. Deshalb hab' ich mit dem Anruf gezögert. Aber insgesamt ist dieses Outing vielleicht doch nicht egal.

Egger: Das stimmt. Es ist, auch weil Jankto im Team spielt, etwas Besonderes. Das sieht man an den vielen Reaktionen, vor allem in den sozialen Medien. Und daran, dass zwar sehr viele der Reaktionen positiv, aber viele auch erschreckend homophob ausgefallen sind.

STANDARD: Das erklärt, warum es im Männersport kaum Outings gibt.

Egger: Leider ist das so. Mich freut Janktos Outing extrem. Es ist aber gleichzeitig traurig, dass einer Mut haben muss, sich zu outen. Auch ich hab' mich jahrelang versteckt, weil ich Angst vor den Reaktionen hatte.

STANDARD: Sie waren lange im Sturm-Graz-Nachwuchs. Hätten Sie sich, wäre sich eine Profikarriere ausgegangen, auch geoutet?

Egger: Schwer zu sagen. Jetzt, da sich weltweit etliche Fußballprofis geoutet haben, vielleicht schon. Natürlich würde das viel bewegen, wenn sich auch in Österreich ein echter Starfußballer outet.

STANDARD: Nämlich was?

Egger: Es würde sich hoffentlich allein schon auf der sprachlichen Ebene etwas ändern. "Spiel nicht wie eine Schwuchtel" oder "So eine schwule Aktion", solche Sprüche sind auf dem Fußballplatz – und nicht nur dort – gang und gäbe. Das merke ich ja auch am Schulhof. Da geht es um Herabwürdigung, schwul wird mit schlecht gleichgesetzt. Und im Stadion sind homophobe Sprechchöre etwa beim Wiener Derby immer noch an der Tagesordnung. Homophobe Spruchbänder sind eher seltener geworden. Dafür sieht man manchmal frauenfeindliche Spruchbänder. Homophobie und Sexismus gehen oft Hand in Hand.

STANDARD: In Frankreich werden Spiele unterbrochen, wenn homophobe Gesänge zu hören sind.

Egger: Der ÖFB und die österreichische Liga stellen gerade Überlegungen an, welche Handhabe es geben könnte. Bei Rassismus schafft man es ja auch zu strafen. Bei Homophobie heißt es meistens, dagegen könne man nichts tun. Ja, die Liga muss vielleicht Druck auf die Vereine ausüben, damit die Vereine Druck auf die Fans ausüben. Aber besser wäre es, die Vereine gehen das Thema von sich aus an, ohne Druck.

STANDARD: Wieso ist Homosexualität im Frauensport viel mehr akzeptiert als im Männersport?

Egger: In Sachen Toleranz könnte sich der Männerfußball vom Frauenfußball viel abschauen. Das hat auch damit zu tun, dass Frauensport – leider – insgesamt weniger akzeptiert ist. Eine paradoxe Situation. Vor einiger Zeit haben zwei Bayern-Spielerinnen geheiratet, das fiel kaum auf. Man stelle sich vor, zwei Bayern-Spieler würden heiraten. Das Internet würde explodieren. (Fritz Neumann, 14.2.2023)