Kais Saied, Präsident von Tunesien.

Foto: Reuters, MUHAMMAD HAMED

Tunis – Tunesiens Führung hat den Chef eines für kritische Berichte bekannten Radiosenders festnehmen lassen. Sicherheitskräfte hätten den Direktor von Mosaique FM, Noureddine Boutar, am Dienstag wegen seiner "redaktionellen Entscheidungen" verhört, teilte die Organisation Reporter Ohne Grenzen (RSF) mit. Gegen den Journalisten lag demnach kein Haftbefehl vor. Laut RSF enthülle der Vorgang den Kampf gegen die Medien in dem nordafrikanischen Land.

Der Privatsender ist bekannt dafür, auch Kritiker des tunesischen Präsidenten Kais Saied zu Wort kommen zu lassen. RSF sieht die Pressefreiheit in Tunesien schon länger in Gefahr. Dabei war das Land in diesem Bereich über viele Jahre Vorreiter in der arabischen Welt.

Zudem hatten Sicherheitskräfte in den vergangenen Tagen mehrere ehemalige Beamte und Politiker der Opposition festgenommen. Ihnen werden etwa Korruption und "Verschwörung gegen die Staatssicherheit" vorgeworfen. Die Vereinten Nationen zeigten sich wegen der Festnahmen besorgt. Alle willkürlich Festgenommenen, die etwa mit der Kritik an der Regierung von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht hätten, müssten unverzüglich freigelassen werden, forderten sie.

Saied hatte vor fast einem Jahr das tunesische Parlament aufgelöst und kürzlich eine neue, deutlich geschwächte Volksvertretung wählen lassen. Außerdem baute er seine Macht mit einer umstrittenen neuen Verfassung aus. Der Unmut über den einst beliebten Politiker wächst. Umfragen zufolge würden ihn derzeit noch 49 Prozent der Menschen wieder wählen – zuvor lagen seine Zustimmungswerte bei 90 Prozent. Allerdings sehen die Leute auch keine ernsthafte politische Alternative. Laut der Befragung erhielten andere potenzielle Präsidentschaftskandidaten nicht einmal zehn Prozent an Zustimmung. (APA, dpa, 14.2.2023)