Österreichs Arbeitsmarkt ist über weite Teile leergefegt. Die Nervosität vieler Unternehmer wächst. Denn nichts bremst die Hoffnung auf konjunkturellen Aufschwung mehr als fehlende Mitarbeiter. Teurere Energie kostet unzählige Unternehmen finanziell massiv an Substanz. Anhaltender Personalmangel ist jedoch der finale Nackenschlag.

Minister Kocher will Menschen, die freiwillig weniger arbeiten, die Sozialleistungen kürzen.
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Seit der Corona-Pandemie ist die Zahl der Arbeitnehmer, die Vollzeitstellen annehmen, quer durch die Branchen gesunken. Mehr denn je ist die Regierung gefordert gegenzusteuern. Ihre Devise: Leistung soll sich lohnen. Sich im Umkehrschluss des Klischees der sozialen Hängematte zu bedienen ist jedoch ein Schuss ins Knie. Vor allem in Zeiten, in denen vielen Familien die Lebenserhaltungskosten davongaloppieren.

"Sich aus Jux und Tollerei in Teilzeitjobs auszuruhen ist dem Gros der Bevölkerung nicht vergönnt."

Angesichts der hohen Inflation weniger zu arbeiten, muss man sich erst einmal leisten können. Sich aus Jux und Tollerei in Teilzeitjobs auszuruhen ist dem Gros der Bevölkerung nicht vergönnt. VP-Arbeitsminister Martin Kocher suggeriert mit seiner jüngsten Forderung offenbar anderes: Der Ökonom schlägt mit Blick auf hohe Teilzeitquoten vor, jenen Menschen die Sozialleistungen zu kürzen, die freiwillig weniger arbeiten.

Kaum Wahlfreiheit

Rund 80 Prozent der Teilzeitarbeit stemmen Frauen. Wahlfreiheit haben die wenigsten. Kindergärten, die auf dem Land mittags zusperren und fehlende Betreuungsmöglichkeiten für pflegebedürftige Angehörige kicken diese ebenso aus dem Arbeitsmarkt wie rückständige Betriebe, die Männern Karenz und kürzere Arbeitszeiten aus Prinzip verwehren.

Viele Stellen sind nur in Teilzeit oder saisonweise zu haben. Will die ÖVP jene bestrafen, die mehrere Jobs schultern, um über die Runden zu kommen? Es braucht Arbeit, die altersgerecht ist, ganzjährig verfügbar und sich mit Familienleben vereinbaren lässt. Vollzeitjobs werden nicht attraktiver, indem sich Rahmenbedingungen für Teilzeitstellen verschlechtern. (Verena Kainrath, 14.2.2023)